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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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das Monopol zum Vieh- und Scifenhandel wurden aufgehoben, den kaiserlichen
Beamten, ja den Inländern überhaupt der Eintritt in auswärtige Kaufmanns-
gesellschaften und diesen selbst der Verkauf außer den Märkten verboten. In
der Entscheidung hieß es, daß dadurch sowohl die Landleute als das Kammer¬
gut leiden, und die Rücksicht auf das letztere war es auch, welche die Nieder¬
lagen der ausländischen Kaufleute und den damit verbundenen Bergwerksbetrieb
fortbestehen ließ. Nach einem Erlasse des Kaisers sollten gemeinschädliche Frei¬
heiten und Gnadenbriefe aufhören, die bereits im Landlibell von 1611 den
Prälaten und Adeligen gewährte zollfreie Einfuhr des Weines für ihre Haus-
nothdurft wurde aber neuerdings bestätigt und der Verkauf des trienter Weins
vor Se. Georgentag untersagt. Was dem Kaiser schon damals, als man ihm
noch kaum das nöthige Geld zur Zahlung seiner Schulden zugesichert, am
meisten anlag, war ein Kriegszug gegen die Türken. Ueber die Rüstung der
nieder- und oberöstreichischen Lande wurde eine weitläufige Vereinigung festge¬
stellt und gegenseitige Hilfe mit Geld und Kriegsvolk verbürgt. Als Maximilian
zur selben Zeit auch einen Hofrath, ein Landesregiment und eine Rentkammer
in Innsbruck einsetzte, sorgte er vor allem für die reichliche Bestallung seiner
Secretaire. Alle Macht und Pracht, sagt der gleichzeitige Chronist Kirchmayr,
stand bei ihnen, "ein jeder hatte ein kaiserliches Secret, damit sie ihren Staat
erhalten möchten". Den Räthen wurde eine Anzahl^ Pferde gehalten je nach
ihrem Stande, dem Grafen 7, dem Doctor und Edelmann 3, dies hinderte
jedoch nicht, daß sich der Silberkämmerer Sigmund von Dietrichstein in kurzer
Zeit von einem zu vierzig emporhalf. Alle Herrschaften, Gerichte und die
meisten Zölle waren verpfändet, die Fugger bezogen aus dem Bergwerk in
Schwaz allein jährlich 200,000 si.. an andere waren die Einkünfte des Pfarr¬
hauses in Hall vertheilt, dem Kaiser erübrigte fast gar kein Einkommen aus
dem Lande. Das Versprechen die Landesordnung zu verbessern wurde zwar ge¬
geben, allein es kam blos zur Wahl von vier Ausschüssen, die darüber mit der
Negierung berathen sollten. Am wenigsten war Maximilian darauf bedacht,
Ordnung in den geistlichen Dingen herzustellen.

Der tirolische Ausschuß begehrte, daß auf reiche Prälaturen und Pfarren,
obgleich sie "als Spitäler des Adels fundirt. gestiftet und begabt seien", in
Zukunft auch Landeskinder Anspruch haben, und beschwerte sich über die Fälschung
der alten Stiftbücher, kärgliche Besoldung der Vicare, Vergeudung des Kirchen¬
gutes durch Ungeweihte, den Abbruch an Gottesdienst, die Steigerung der
Stolgebühren, den ärgerlichen Wandel der Geistlichen und ihre Habsucht,
sie straften, hieß es, die Sünde im Säckel, und gäben dadurch zu neuer An¬
laß. Auch über das viele Geld, das an Annalen, Paillen. Dispenten und
anderen Beisteuern für den päpstlichen Hofhalt "zu merklicher Erschöpfung der
Erdtaube" nach Rom gehe, und über die Vergebung von Pfründen, die dort


das Monopol zum Vieh- und Scifenhandel wurden aufgehoben, den kaiserlichen
Beamten, ja den Inländern überhaupt der Eintritt in auswärtige Kaufmanns-
gesellschaften und diesen selbst der Verkauf außer den Märkten verboten. In
der Entscheidung hieß es, daß dadurch sowohl die Landleute als das Kammer¬
gut leiden, und die Rücksicht auf das letztere war es auch, welche die Nieder¬
lagen der ausländischen Kaufleute und den damit verbundenen Bergwerksbetrieb
fortbestehen ließ. Nach einem Erlasse des Kaisers sollten gemeinschädliche Frei¬
heiten und Gnadenbriefe aufhören, die bereits im Landlibell von 1611 den
Prälaten und Adeligen gewährte zollfreie Einfuhr des Weines für ihre Haus-
nothdurft wurde aber neuerdings bestätigt und der Verkauf des trienter Weins
vor Se. Georgentag untersagt. Was dem Kaiser schon damals, als man ihm
noch kaum das nöthige Geld zur Zahlung seiner Schulden zugesichert, am
meisten anlag, war ein Kriegszug gegen die Türken. Ueber die Rüstung der
nieder- und oberöstreichischen Lande wurde eine weitläufige Vereinigung festge¬
stellt und gegenseitige Hilfe mit Geld und Kriegsvolk verbürgt. Als Maximilian
zur selben Zeit auch einen Hofrath, ein Landesregiment und eine Rentkammer
in Innsbruck einsetzte, sorgte er vor allem für die reichliche Bestallung seiner
Secretaire. Alle Macht und Pracht, sagt der gleichzeitige Chronist Kirchmayr,
stand bei ihnen, „ein jeder hatte ein kaiserliches Secret, damit sie ihren Staat
erhalten möchten". Den Räthen wurde eine Anzahl^ Pferde gehalten je nach
ihrem Stande, dem Grafen 7, dem Doctor und Edelmann 3, dies hinderte
jedoch nicht, daß sich der Silberkämmerer Sigmund von Dietrichstein in kurzer
Zeit von einem zu vierzig emporhalf. Alle Herrschaften, Gerichte und die
meisten Zölle waren verpfändet, die Fugger bezogen aus dem Bergwerk in
Schwaz allein jährlich 200,000 si.. an andere waren die Einkünfte des Pfarr¬
hauses in Hall vertheilt, dem Kaiser erübrigte fast gar kein Einkommen aus
dem Lande. Das Versprechen die Landesordnung zu verbessern wurde zwar ge¬
geben, allein es kam blos zur Wahl von vier Ausschüssen, die darüber mit der
Negierung berathen sollten. Am wenigsten war Maximilian darauf bedacht,
Ordnung in den geistlichen Dingen herzustellen.

Der tirolische Ausschuß begehrte, daß auf reiche Prälaturen und Pfarren,
obgleich sie „als Spitäler des Adels fundirt. gestiftet und begabt seien", in
Zukunft auch Landeskinder Anspruch haben, und beschwerte sich über die Fälschung
der alten Stiftbücher, kärgliche Besoldung der Vicare, Vergeudung des Kirchen¬
gutes durch Ungeweihte, den Abbruch an Gottesdienst, die Steigerung der
Stolgebühren, den ärgerlichen Wandel der Geistlichen und ihre Habsucht,
sie straften, hieß es, die Sünde im Säckel, und gäben dadurch zu neuer An¬
laß. Auch über das viele Geld, das an Annalen, Paillen. Dispenten und
anderen Beisteuern für den päpstlichen Hofhalt „zu merklicher Erschöpfung der
Erdtaube" nach Rom gehe, und über die Vergebung von Pfründen, die dort


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[0158] das Monopol zum Vieh- und Scifenhandel wurden aufgehoben, den kaiserlichen Beamten, ja den Inländern überhaupt der Eintritt in auswärtige Kaufmanns- gesellschaften und diesen selbst der Verkauf außer den Märkten verboten. In der Entscheidung hieß es, daß dadurch sowohl die Landleute als das Kammer¬ gut leiden, und die Rücksicht auf das letztere war es auch, welche die Nieder¬ lagen der ausländischen Kaufleute und den damit verbundenen Bergwerksbetrieb fortbestehen ließ. Nach einem Erlasse des Kaisers sollten gemeinschädliche Frei¬ heiten und Gnadenbriefe aufhören, die bereits im Landlibell von 1611 den Prälaten und Adeligen gewährte zollfreie Einfuhr des Weines für ihre Haus- nothdurft wurde aber neuerdings bestätigt und der Verkauf des trienter Weins vor Se. Georgentag untersagt. Was dem Kaiser schon damals, als man ihm noch kaum das nöthige Geld zur Zahlung seiner Schulden zugesichert, am meisten anlag, war ein Kriegszug gegen die Türken. Ueber die Rüstung der nieder- und oberöstreichischen Lande wurde eine weitläufige Vereinigung festge¬ stellt und gegenseitige Hilfe mit Geld und Kriegsvolk verbürgt. Als Maximilian zur selben Zeit auch einen Hofrath, ein Landesregiment und eine Rentkammer in Innsbruck einsetzte, sorgte er vor allem für die reichliche Bestallung seiner Secretaire. Alle Macht und Pracht, sagt der gleichzeitige Chronist Kirchmayr, stand bei ihnen, „ein jeder hatte ein kaiserliches Secret, damit sie ihren Staat erhalten möchten". Den Räthen wurde eine Anzahl^ Pferde gehalten je nach ihrem Stande, dem Grafen 7, dem Doctor und Edelmann 3, dies hinderte jedoch nicht, daß sich der Silberkämmerer Sigmund von Dietrichstein in kurzer Zeit von einem zu vierzig emporhalf. Alle Herrschaften, Gerichte und die meisten Zölle waren verpfändet, die Fugger bezogen aus dem Bergwerk in Schwaz allein jährlich 200,000 si.. an andere waren die Einkünfte des Pfarr¬ hauses in Hall vertheilt, dem Kaiser erübrigte fast gar kein Einkommen aus dem Lande. Das Versprechen die Landesordnung zu verbessern wurde zwar ge¬ geben, allein es kam blos zur Wahl von vier Ausschüssen, die darüber mit der Negierung berathen sollten. Am wenigsten war Maximilian darauf bedacht, Ordnung in den geistlichen Dingen herzustellen. Der tirolische Ausschuß begehrte, daß auf reiche Prälaturen und Pfarren, obgleich sie „als Spitäler des Adels fundirt. gestiftet und begabt seien", in Zukunft auch Landeskinder Anspruch haben, und beschwerte sich über die Fälschung der alten Stiftbücher, kärgliche Besoldung der Vicare, Vergeudung des Kirchen¬ gutes durch Ungeweihte, den Abbruch an Gottesdienst, die Steigerung der Stolgebühren, den ärgerlichen Wandel der Geistlichen und ihre Habsucht, sie straften, hieß es, die Sünde im Säckel, und gäben dadurch zu neuer An¬ laß. Auch über das viele Geld, das an Annalen, Paillen. Dispenten und anderen Beisteuern für den päpstlichen Hofhalt „zu merklicher Erschöpfung der Erdtaube" nach Rom gehe, und über die Vergebung von Pfründen, die dort

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/158>, abgerufen am 15.01.2025.