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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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Das wird anders werden. Und wenn es erlaubt ist. hier eine Ansicht
auszusprechen über den nächsten Fortschritt, welchen unser Lustspiel zu machen
hat, so wäre es die. daß sich unser Lustspiel aus der Trivialität des Anekbotenkrams
auf der Bühne durch die Einführung einer gehobenen Darstellung erheben wird,
welche den Dichter und Schauspieler zwingt, den Ton guter Gesellschaft zu ideali-
siren. Der Uebersetzer des Mvliöre hat in seiner klaren und freundlichen
Weise genau das Richtige gesagt, wenn er den Wunsch ausspricht, daß auch wir
eine höhere Komödie in Versen gewinnen möchten. Natürlich, der Vers allein
thuts nicht. Aber mit der Einführung des Verses geht vieles Abgelebte ver¬
loren und wird dem Dichter der Zwang aufgelegt Neues zu finden. Es scheint
uns auch, daß ein gewisses Bedürfniß darnach auf unserer Bühne fühlbar
geworden ist, unsere Schauspieler würden, wie einseitig ihre Kunstentwicklung
sonst sein mag, den dramatischen Vers des Lustspiels, wenn sie erst an
seinen schnelleren und springenden Lauf gewöhnt wären, behaglicher ge¬
brauchen, als den der Tragödie. Und dies ist der Gesichtspunkt, von dem wir
diese gute Uebersetzung des Moliöre für eine Erscheinung halten, welche gerade
zu rechter Zeit in unser Kunstleben hineinfällt, und das Buch für ein Lehr¬
buch, das alle fördern wird, welche den Vers des Lustspiels in origineller und
wirksamer, d. h. in schöner Behandlung erkennen wollen.




Ein Brief der Königin Louise.

Der Kriegsrath Scheffner und die Königin Louise. Von Rudolf Rcickc. Königsberg.
1865. Koch. 31. S. 8.

Unter den vielen tüchtigen und eigengearteten Männern, welche der Osten
Preußens namentlich in der Regenerationszeit von 1808 bis 1810 als mehr
oder minder einflußreiche Förderer des Staatswohles aus seiner Bevölkerung
hervorgehen ließ, nimmt der Kriegsrath Johann Georg Scheffner einerseits durch
seine Originalität, dann durch sein Verhältniß zur königlichen Familie und be¬
sonders zur Königin Louise besondere Beachtung in Anspruch. Einst ein tapferer
Soldat unter dem alten Fritz, als gereifter Mann mit Kant, Hamann und
Hippel eng befreundet, war er als Greis mit seiner Rührigkeit für alles Ge¬
meinnützige, vorzüglich für Hebung des Unterrichts, und mit seinem ehrlichen,


Das wird anders werden. Und wenn es erlaubt ist. hier eine Ansicht
auszusprechen über den nächsten Fortschritt, welchen unser Lustspiel zu machen
hat, so wäre es die. daß sich unser Lustspiel aus der Trivialität des Anekbotenkrams
auf der Bühne durch die Einführung einer gehobenen Darstellung erheben wird,
welche den Dichter und Schauspieler zwingt, den Ton guter Gesellschaft zu ideali-
siren. Der Uebersetzer des Mvliöre hat in seiner klaren und freundlichen
Weise genau das Richtige gesagt, wenn er den Wunsch ausspricht, daß auch wir
eine höhere Komödie in Versen gewinnen möchten. Natürlich, der Vers allein
thuts nicht. Aber mit der Einführung des Verses geht vieles Abgelebte ver¬
loren und wird dem Dichter der Zwang aufgelegt Neues zu finden. Es scheint
uns auch, daß ein gewisses Bedürfniß darnach auf unserer Bühne fühlbar
geworden ist, unsere Schauspieler würden, wie einseitig ihre Kunstentwicklung
sonst sein mag, den dramatischen Vers des Lustspiels, wenn sie erst an
seinen schnelleren und springenden Lauf gewöhnt wären, behaglicher ge¬
brauchen, als den der Tragödie. Und dies ist der Gesichtspunkt, von dem wir
diese gute Uebersetzung des Moliöre für eine Erscheinung halten, welche gerade
zu rechter Zeit in unser Kunstleben hineinfällt, und das Buch für ein Lehr¬
buch, das alle fördern wird, welche den Vers des Lustspiels in origineller und
wirksamer, d. h. in schöner Behandlung erkennen wollen.




Ein Brief der Königin Louise.

Der Kriegsrath Scheffner und die Königin Louise. Von Rudolf Rcickc. Königsberg.
1865. Koch. 31. S. 8.

Unter den vielen tüchtigen und eigengearteten Männern, welche der Osten
Preußens namentlich in der Regenerationszeit von 1808 bis 1810 als mehr
oder minder einflußreiche Förderer des Staatswohles aus seiner Bevölkerung
hervorgehen ließ, nimmt der Kriegsrath Johann Georg Scheffner einerseits durch
seine Originalität, dann durch sein Verhältniß zur königlichen Familie und be¬
sonders zur Königin Louise besondere Beachtung in Anspruch. Einst ein tapferer
Soldat unter dem alten Fritz, als gereifter Mann mit Kant, Hamann und
Hippel eng befreundet, war er als Greis mit seiner Rührigkeit für alles Ge¬
meinnützige, vorzüglich für Hebung des Unterrichts, und mit seinem ehrlichen,


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[0148] Das wird anders werden. Und wenn es erlaubt ist. hier eine Ansicht auszusprechen über den nächsten Fortschritt, welchen unser Lustspiel zu machen hat, so wäre es die. daß sich unser Lustspiel aus der Trivialität des Anekbotenkrams auf der Bühne durch die Einführung einer gehobenen Darstellung erheben wird, welche den Dichter und Schauspieler zwingt, den Ton guter Gesellschaft zu ideali- siren. Der Uebersetzer des Mvliöre hat in seiner klaren und freundlichen Weise genau das Richtige gesagt, wenn er den Wunsch ausspricht, daß auch wir eine höhere Komödie in Versen gewinnen möchten. Natürlich, der Vers allein thuts nicht. Aber mit der Einführung des Verses geht vieles Abgelebte ver¬ loren und wird dem Dichter der Zwang aufgelegt Neues zu finden. Es scheint uns auch, daß ein gewisses Bedürfniß darnach auf unserer Bühne fühlbar geworden ist, unsere Schauspieler würden, wie einseitig ihre Kunstentwicklung sonst sein mag, den dramatischen Vers des Lustspiels, wenn sie erst an seinen schnelleren und springenden Lauf gewöhnt wären, behaglicher ge¬ brauchen, als den der Tragödie. Und dies ist der Gesichtspunkt, von dem wir diese gute Uebersetzung des Moliöre für eine Erscheinung halten, welche gerade zu rechter Zeit in unser Kunstleben hineinfällt, und das Buch für ein Lehr¬ buch, das alle fördern wird, welche den Vers des Lustspiels in origineller und wirksamer, d. h. in schöner Behandlung erkennen wollen. Ein Brief der Königin Louise. Der Kriegsrath Scheffner und die Königin Louise. Von Rudolf Rcickc. Königsberg. 1865. Koch. 31. S. 8. Unter den vielen tüchtigen und eigengearteten Männern, welche der Osten Preußens namentlich in der Regenerationszeit von 1808 bis 1810 als mehr oder minder einflußreiche Förderer des Staatswohles aus seiner Bevölkerung hervorgehen ließ, nimmt der Kriegsrath Johann Georg Scheffner einerseits durch seine Originalität, dann durch sein Verhältniß zur königlichen Familie und be¬ sonders zur Königin Louise besondere Beachtung in Anspruch. Einst ein tapferer Soldat unter dem alten Fritz, als gereifter Mann mit Kant, Hamann und Hippel eng befreundet, war er als Greis mit seiner Rührigkeit für alles Ge¬ meinnützige, vorzüglich für Hebung des Unterrichts, und mit seinem ehrlichen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/148>, abgerufen am 15.01.2025.