Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.wieder selbst unterbricht, um seinem Hörer den Charakter seiner Verse vorher Alceste. Wenns denn sein muß, mein Herr, so füg' ich mich. Orville. "Sonett". -- S' ist ein Sonett! -- "Wem Hoffnung noch" . . . Alceste. Das wird sich zeigen. Orville. "Wem" ... Ich bin begierig, Ob Euch der Stil genugsam klar und fließend Alceste. Wir werden Ja sehn, mein Herr. Orville.- Vor allem müßt Ihr wissen, Ich habe höchstens eine Viertelstunde Alceste. Die Zeit thut nichts zur Sache! (liest). Orville "Wem Hoffnung noch den Busen schwellt, Die Vorlesung wird nach jeder Strophe durch einzellige Zwischenreden wieder selbst unterbricht, um seinem Hörer den Charakter seiner Verse vorher Alceste. Wenns denn sein muß, mein Herr, so füg' ich mich. Orville. „Sonett". — S' ist ein Sonett! — „Wem Hoffnung noch" . . . Alceste. Das wird sich zeigen. Orville. „Wem" ... Ich bin begierig, Ob Euch der Stil genugsam klar und fließend Alceste. Wir werden Ja sehn, mein Herr. Orville.- Vor allem müßt Ihr wissen, Ich habe höchstens eine Viertelstunde Alceste. Die Zeit thut nichts zur Sache! (liest). Orville „Wem Hoffnung noch den Busen schwellt, Die Vorlesung wird nach jeder Strophe durch einzellige Zwischenreden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0142" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283495"/> <p xml:id="ID_413" prev="#ID_412" next="#ID_414"> wieder selbst unterbricht, um seinem Hörer den Charakter seiner Verse vorher<lb/> deutlich zu machen. Die hübsche dramatische Bewegung möge man aus den<lb/> Worten ersehen:</p><lb/> <note type="speaker"> Alceste.</note><lb/> <p xml:id="ID_414" prev="#ID_413" next="#ID_415"> Wenns denn sein muß, mein Herr, so füg' ich mich.</p><lb/> <note type="speaker"> Orville.</note><lb/> <p xml:id="ID_415" prev="#ID_414" next="#ID_416"> „Sonett". — S' ist ein Sonett! — „Wem Hoffnung noch" . . .<lb/> Das Ganze richtet sich, begreift Ihr wohl,<lb/> An eine Dame, die für meine Flamme<lb/> Empfänglich schien — „Wem Hoffnung noch- . . . Gebt Acht,<lb/> Es sind nickt schwergereimte macht'ge Verse,<lb/> Nein, zarte leichte Zeilen voll Gefühl.</p><lb/> <note type="speaker"> Alceste.</note><lb/> <p xml:id="ID_416" prev="#ID_415"> Das wird sich zeigen.</p><lb/> <note type="speaker"> Orville.</note><lb/> <p xml:id="ID_417" next="#ID_418"> „Wem" ... Ich bin begierig,</p><lb/> <p xml:id="ID_418" prev="#ID_417"> Ob Euch der Stil genugsam klar und fließend<lb/> Bedünken wird, und ob Ihr mit der Wahl<lb/> Des Ausdrucks einverstanden seid.</p><lb/> <note type="speaker"> Alceste.</note><lb/> <p xml:id="ID_419" next="#ID_420"> Wir werden</p><lb/> <p xml:id="ID_420" prev="#ID_419"> Ja sehn, mein Herr.</p><lb/> <note type="speaker"> Orville.-</note><lb/> <p xml:id="ID_421" next="#ID_422"> Vor allem müßt Ihr wissen,</p><lb/> <p xml:id="ID_422" prev="#ID_421"> Ich habe höchstens eine Viertelstunde<lb/> Daraus verwandt.</p><lb/> <note type="speaker"> Alceste.</note><lb/> <p xml:id="ID_423" next="#ID_424"> Die Zeit thut nichts zur Sache!</p><lb/> <stage> (liest).</stage><lb/> <note type="speaker"> Orville</note><lb/> <p xml:id="ID_424" prev="#ID_423"> „Wem Hoffnung noch den Busen schwellt,<lb/> Dem lindert sie den Schmerz für eine Weile" u. f. w.</p><lb/> <p xml:id="ID_425" next="#ID_426"> Die Vorlesung wird nach jeder Strophe durch einzellige Zwischenreden<lb/> der Hörer unterbrochen, von denen Philinte, der Freund Alcestes, laut lobt,<lb/> Alceste bei Seite zürnt. Nach dem Ende sammelt Orville erst in wenig Worten<lb/> das Lob des Philinte ein, dann wendet er sich zu Alceste. Die Weise, in<lb/> welcher dieser zuerst das Urtheil ablehnt, dann auf neue empfindliche Ausforderung<lb/> seine Mißbilligung gegen des Orontcs poetische Versuche ausspricht, immer<lb/> in Sprache und Haltung eines Mannes von Welt, als ein wirklicher Kenner,<lb/> ehrlich und liebenswerch, bis er sogar dem Sonett die innige Empfindung<lb/> eines Volksliedes entgegensetzt, das ist sehr schön und wahrhaft poetisch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0142]
wieder selbst unterbricht, um seinem Hörer den Charakter seiner Verse vorher
deutlich zu machen. Die hübsche dramatische Bewegung möge man aus den
Worten ersehen:
Alceste.
Wenns denn sein muß, mein Herr, so füg' ich mich.
Orville.
„Sonett". — S' ist ein Sonett! — „Wem Hoffnung noch" . . .
Das Ganze richtet sich, begreift Ihr wohl,
An eine Dame, die für meine Flamme
Empfänglich schien — „Wem Hoffnung noch- . . . Gebt Acht,
Es sind nickt schwergereimte macht'ge Verse,
Nein, zarte leichte Zeilen voll Gefühl.
Alceste.
Das wird sich zeigen.
Orville.
„Wem" ... Ich bin begierig,
Ob Euch der Stil genugsam klar und fließend
Bedünken wird, und ob Ihr mit der Wahl
Des Ausdrucks einverstanden seid.
Alceste.
Wir werden
Ja sehn, mein Herr.
Orville.-
Vor allem müßt Ihr wissen,
Ich habe höchstens eine Viertelstunde
Daraus verwandt.
Alceste.
Die Zeit thut nichts zur Sache!
(liest).
Orville
„Wem Hoffnung noch den Busen schwellt,
Dem lindert sie den Schmerz für eine Weile" u. f. w.
Die Vorlesung wird nach jeder Strophe durch einzellige Zwischenreden
der Hörer unterbrochen, von denen Philinte, der Freund Alcestes, laut lobt,
Alceste bei Seite zürnt. Nach dem Ende sammelt Orville erst in wenig Worten
das Lob des Philinte ein, dann wendet er sich zu Alceste. Die Weise, in
welcher dieser zuerst das Urtheil ablehnt, dann auf neue empfindliche Ausforderung
seine Mißbilligung gegen des Orontcs poetische Versuche ausspricht, immer
in Sprache und Haltung eines Mannes von Welt, als ein wirklicher Kenner,
ehrlich und liebenswerch, bis er sogar dem Sonett die innige Empfindung
eines Volksliedes entgegensetzt, das ist sehr schön und wahrhaft poetisch
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