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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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' Die englische bill ok riZrits von 1689 bestimmt in Art. 9, daß jede Be¬
schränkung der Redefreiheit des Parlaments im allgemeinsten Umfange. Vor¬
nehmlich auch dnrch strasgerichtliches Borgehen, ausgeschlossen sein soll: (eine
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ment.) Demgemäß ist heute noch die Redefreiheit der beiden Häuser im obigen
weitesten Sinne gewahrt. Zuhörer bei den Debatten sieht man aber als aus
besondrer Gunst zu gelassen an, deshalb bleibt der Zeitungsredacteur für den In¬
halt der von ihm veröffentlichten Parlamentsreden verantwortlich. Beröffent-
lichen dagegen die Häuser amtlich ihre amtlichen Protokolle, so gilt auch sür
diese der Schul; der parlamentarischen Redefreiheit. Diese englische", durch
Jahrhunderte lange Praxis des ersten Parlaments der Welt bewährte" Bestim¬
mungen sind dann in die Bcrfassungen der meisten und bedeutendsten freien
Staaten übergegangen und haben auch hier bereits die Prüfung ruhiger und
erregter Jahrzehnte glänzend bestanden.

Die nordameritcnnscbe Verfassung v. 17. September 1787 sagt in
Adhad. V. K. 2, jedes Haus (och Senats und der Repräsentanten) darf
seine Geschäftsordnung selbst bestimmen, seine Mitglieder wegen schlechter Auf¬
führung bestrafen und mit der Zustimmung von zwei Drittheilen ein Mitglied
ausstoßen; ferner in Adhad. VI. K. 1. die Senatoren und Abgeordneten
sollen wegen keiner in einem der beiden Häuser gehaltenen Rede oder
Debatte ein irgendeinen: andern Orte belangt und zur Rede gestellt werden
können.

Die norwegische Verfassung v. 17. Mai und 4. November 1814 ver¬
ordnet in K. 66, die Repräsentanten können nur von dem versammelten
Stvrthinge zur Verantwortung wegen ihrer daselbst geäußerten Meinungen ge¬
zogen werden. Jeder ist verpflichtet, sich nach der dort angenommenen Ord¬
nung zu richten.

Die Verfassung des Staates Neuyork v. 3. November 1846, seit 1. Ja¬
nuar 1847 gellend, welche wir als Beispiel der Verfassungen in den meisten
andern Einzelstaaten der nordamerikanischen Union anführen, schreibt vor in
Adhad. 12: die Mitglieder sollen wegen irgendeiner Rede oder Debatte in
einem der beiden Häuser des gesetzgebenden Körpers an keinem andern Orte
zur Verantwortung gezogen werden.

Die belgische Verfassung v. 2S. Februar 1851 verfügt in Art. 44: Kein
Mitglied der. einen oder der andern Kammer kann wegen der bei seiner Amts¬
verrichtung von ihm während der Dauer der Sitzung ausgesprochenen Mei¬
nungen und Voden gerichtlich verfolgt oder zur Rechenschaft gezogen werden.

Von den Verfassungel^deutscher Staaten führt Moser (Abb. versah.j Rechts¬
materien V. 1.) eine Zahl aus früherer Zeit an, in welchen den Landständen


' Die englische bill ok riZrits von 1689 bestimmt in Art. 9, daß jede Be¬
schränkung der Redefreiheit des Parlaments im allgemeinsten Umfange. Vor¬
nehmlich auch dnrch strasgerichtliches Borgehen, ausgeschlossen sein soll: (eine
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not to hö imponeliöä or qu68t,ioliöll in ernz^ court or Mev out ok?^rlia-
ment.) Demgemäß ist heute noch die Redefreiheit der beiden Häuser im obigen
weitesten Sinne gewahrt. Zuhörer bei den Debatten sieht man aber als aus
besondrer Gunst zu gelassen an, deshalb bleibt der Zeitungsredacteur für den In¬
halt der von ihm veröffentlichten Parlamentsreden verantwortlich. Beröffent-
lichen dagegen die Häuser amtlich ihre amtlichen Protokolle, so gilt auch sür
diese der Schul; der parlamentarischen Redefreiheit. Diese englische», durch
Jahrhunderte lange Praxis des ersten Parlaments der Welt bewährte» Bestim¬
mungen sind dann in die Bcrfassungen der meisten und bedeutendsten freien
Staaten übergegangen und haben auch hier bereits die Prüfung ruhiger und
erregter Jahrzehnte glänzend bestanden.

Die nordameritcnnscbe Verfassung v. 17. September 1787 sagt in
Adhad. V. K. 2, jedes Haus (och Senats und der Repräsentanten) darf
seine Geschäftsordnung selbst bestimmen, seine Mitglieder wegen schlechter Auf¬
führung bestrafen und mit der Zustimmung von zwei Drittheilen ein Mitglied
ausstoßen; ferner in Adhad. VI. K. 1. die Senatoren und Abgeordneten
sollen wegen keiner in einem der beiden Häuser gehaltenen Rede oder
Debatte ein irgendeinen: andern Orte belangt und zur Rede gestellt werden
können.

Die norwegische Verfassung v. 17. Mai und 4. November 1814 ver¬
ordnet in K. 66, die Repräsentanten können nur von dem versammelten
Stvrthinge zur Verantwortung wegen ihrer daselbst geäußerten Meinungen ge¬
zogen werden. Jeder ist verpflichtet, sich nach der dort angenommenen Ord¬
nung zu richten.

Die Verfassung des Staates Neuyork v. 3. November 1846, seit 1. Ja¬
nuar 1847 gellend, welche wir als Beispiel der Verfassungen in den meisten
andern Einzelstaaten der nordamerikanischen Union anführen, schreibt vor in
Adhad. 12: die Mitglieder sollen wegen irgendeiner Rede oder Debatte in
einem der beiden Häuser des gesetzgebenden Körpers an keinem andern Orte
zur Verantwortung gezogen werden.

Die belgische Verfassung v. 2S. Februar 1851 verfügt in Art. 44: Kein
Mitglied der. einen oder der andern Kammer kann wegen der bei seiner Amts¬
verrichtung von ihm während der Dauer der Sitzung ausgesprochenen Mei¬
nungen und Voden gerichtlich verfolgt oder zur Rechenschaft gezogen werden.

Von den Verfassungel^deutscher Staaten führt Moser (Abb. versah.j Rechts¬
materien V. 1.) eine Zahl aus früherer Zeit an, in welchen den Landständen


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[0110] ' Die englische bill ok riZrits von 1689 bestimmt in Art. 9, daß jede Be¬ schränkung der Redefreiheit des Parlaments im allgemeinsten Umfange. Vor¬ nehmlich auch dnrch strasgerichtliches Borgehen, ausgeschlossen sein soll: (eine eng t>«Zö(Jon ok spööeli g,na äeidÄtöL or xroceäinß-; in ?Al'Iiameirt on-zlrt not to hö imponeliöä or qu68t,ioliöll in ernz^ court or Mev out ok?^rlia- ment.) Demgemäß ist heute noch die Redefreiheit der beiden Häuser im obigen weitesten Sinne gewahrt. Zuhörer bei den Debatten sieht man aber als aus besondrer Gunst zu gelassen an, deshalb bleibt der Zeitungsredacteur für den In¬ halt der von ihm veröffentlichten Parlamentsreden verantwortlich. Beröffent- lichen dagegen die Häuser amtlich ihre amtlichen Protokolle, so gilt auch sür diese der Schul; der parlamentarischen Redefreiheit. Diese englische», durch Jahrhunderte lange Praxis des ersten Parlaments der Welt bewährte» Bestim¬ mungen sind dann in die Bcrfassungen der meisten und bedeutendsten freien Staaten übergegangen und haben auch hier bereits die Prüfung ruhiger und erregter Jahrzehnte glänzend bestanden. Die nordameritcnnscbe Verfassung v. 17. September 1787 sagt in Adhad. V. K. 2, jedes Haus (och Senats und der Repräsentanten) darf seine Geschäftsordnung selbst bestimmen, seine Mitglieder wegen schlechter Auf¬ führung bestrafen und mit der Zustimmung von zwei Drittheilen ein Mitglied ausstoßen; ferner in Adhad. VI. K. 1. die Senatoren und Abgeordneten sollen wegen keiner in einem der beiden Häuser gehaltenen Rede oder Debatte ein irgendeinen: andern Orte belangt und zur Rede gestellt werden können. Die norwegische Verfassung v. 17. Mai und 4. November 1814 ver¬ ordnet in K. 66, die Repräsentanten können nur von dem versammelten Stvrthinge zur Verantwortung wegen ihrer daselbst geäußerten Meinungen ge¬ zogen werden. Jeder ist verpflichtet, sich nach der dort angenommenen Ord¬ nung zu richten. Die Verfassung des Staates Neuyork v. 3. November 1846, seit 1. Ja¬ nuar 1847 gellend, welche wir als Beispiel der Verfassungen in den meisten andern Einzelstaaten der nordamerikanischen Union anführen, schreibt vor in Adhad. 12: die Mitglieder sollen wegen irgendeiner Rede oder Debatte in einem der beiden Häuser des gesetzgebenden Körpers an keinem andern Orte zur Verantwortung gezogen werden. Die belgische Verfassung v. 2S. Februar 1851 verfügt in Art. 44: Kein Mitglied der. einen oder der andern Kammer kann wegen der bei seiner Amts¬ verrichtung von ihm während der Dauer der Sitzung ausgesprochenen Mei¬ nungen und Voden gerichtlich verfolgt oder zur Rechenschaft gezogen werden. Von den Verfassungel^deutscher Staaten führt Moser (Abb. versah.j Rechts¬ materien V. 1.) eine Zahl aus früherer Zeit an, in welchen den Landständen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/110>, abgerufen am 15.01.2025.