Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.des meuterischen Bataillons nach Huy und schickte den Obersten Pfuel aus, Diese Anordnung war kaum getroffen, als auch die beiden andern in Lüttich Die Wuth der Empörer hatte jetzt den höchsten Grad erreicht. Unter Blücher hatte sich mit den übrigen preußischen Offizieren nach einem be¬ Der Geist der Auflehnung aber hatte in diesem wilden Ausbruch noch nicht des meuterischen Bataillons nach Huy und schickte den Obersten Pfuel aus, Diese Anordnung war kaum getroffen, als auch die beiden andern in Lüttich Die Wuth der Empörer hatte jetzt den höchsten Grad erreicht. Unter Blücher hatte sich mit den übrigen preußischen Offizieren nach einem be¬ Der Geist der Auflehnung aber hatte in diesem wilden Ausbruch noch nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0531" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283328"/> <p xml:id="ID_1670" prev="#ID_1669"> des meuterischen Bataillons nach Huy und schickte den Obersten Pfuel aus,<lb/> um die nicht weit von Lüttich cantonirenden drei Bataillone des colbergschen<lb/> Regiments in die Stadt zu holen. Nostitz wurde abgesandt, um Gneisenau zu<lb/> rufen, welcher ihm schon mit Müffling und andern preußischen sowie einigen<lb/> sächsischen Stabsoffizieren auf dem Wege zum Feldmarschall entgegenkam. Man<lb/> traf v. Zezschwitz. Nostitz fragte, ob er die Beruhigung seiner Landsleute über-<lb/> nehmen könne, und als dieser das verneinte, eilte jener zur Hauptwache, holte<lb/> eine Compagnie Sachsen unter dem Hauptmann Geibler (Beitzke schreibt<lb/> v. Keibel) herbei und stellte sie vor der Wohnung Blüchers auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_1671"> Diese Anordnung war kaum getroffen, als auch die beiden andern in Lüttich<lb/> garnisonirenden Bataillone mit lautem Toben vor dem Quartier des Feldmar¬<lb/> schalls anlangten. Stürmische Vivats auf ihren König wechseln ab mit Ver¬<lb/> wünschungen und Drohungen gegen Blücher, Schimpfreden wie „preußische<lb/> Spitzbuben" mit Lebehochs auf Napoleon. Steine und Koth fliegen in<lb/> die Fenster des alten Oberfeldherrn, und die Meuterer schicken sich an, das<lb/> Haus zu stürmen. Außer sich vor Entrüstung über dieses schmachvolle Treiben<lb/> will Blücher selbst mit dem Säbel in der Faust unter die Aufrührer hinunter, um<lb/> sie auseinander zu jagen. Mit Mühe wird er zurückgehalten. Die sächsische Wache<lb/> thut ihre Pflicht, aber ohne wesentlichen Erfolg. Müffling und Nostitz treten<lb/> ebenso erfolglos vor die Thür, um Ruhe zu gebieten. Man drängt sie, reißt Müff¬<lb/> ling ein Epaulet von der Schulter, und kaum gewinnen sie den Eingang wieder.</p><lb/> <p xml:id="ID_1672"> Die Wuth der Empörer hatte jetzt den höchsten Grad erreicht. Unter<lb/> wüstem Gebrüll suchte ein starker Hause trotz der Wache in das Haus zu<lb/> dringen. Unwürdiger Tod drohte dem ruhmgekrönten Feldmarschall. Noch<lb/> eine Weile vertheidigen Müffling und Nostitz d en Eingang unter dem Beistand<lb/> des Hauptmanns der sächsischen Wache. Als Blücher, den dringenden Vorstellungen<lb/> der Seinen Gehör gebend, das Haus durch einen unbewachten Ausgang verlassen,<lb/> ziehen auch sie sich zurück. Die Masse stürzt in das Haus, sucht dort nach<lb/> gefangenen Kameraden/findet sich getäuscht und räumt endlich den Platz.</p><lb/> <p xml:id="ID_1673"> Blücher hatte sich mit den übrigen preußischen Offizieren nach einem be¬<lb/> nachbarten Dorfe begeben. Von" hier erließ er den Befehl, sämmtliche sächsische<lb/> Truppen sollten Lüttich räumen, die Garde nach Namuv. die Grenadiere nach<lb/> Aachen abmarschiren. Ein Theil gehorchte, andere zögerten am andern Morgen<lb/> noch, den Befehl auszuführen, und erst als Pfuel ankam und den sächsischen<lb/> Officieren eröffnete, daß preußische Truppen in starker Anzahl gegen sie heran¬<lb/> rückten, zogen sie ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_1674" next="#ID_1675"> Der Geist der Auflehnung aber hatte in diesem wilden Ausbruch noch nicht<lb/> sein Ende gefunden. Er zeigte sich durch die gesammte sächsische Infanterie<lb/> verbreitet. Die Offiziere waren der Soldaten nicht mehr Herr. Nicht wenige,<lb/> berichtet Königer, Hütten die Sache leicht getragen und nicht einmal ernstlich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0531]
des meuterischen Bataillons nach Huy und schickte den Obersten Pfuel aus,
um die nicht weit von Lüttich cantonirenden drei Bataillone des colbergschen
Regiments in die Stadt zu holen. Nostitz wurde abgesandt, um Gneisenau zu
rufen, welcher ihm schon mit Müffling und andern preußischen sowie einigen
sächsischen Stabsoffizieren auf dem Wege zum Feldmarschall entgegenkam. Man
traf v. Zezschwitz. Nostitz fragte, ob er die Beruhigung seiner Landsleute über-
nehmen könne, und als dieser das verneinte, eilte jener zur Hauptwache, holte
eine Compagnie Sachsen unter dem Hauptmann Geibler (Beitzke schreibt
v. Keibel) herbei und stellte sie vor der Wohnung Blüchers auf.
Diese Anordnung war kaum getroffen, als auch die beiden andern in Lüttich
garnisonirenden Bataillone mit lautem Toben vor dem Quartier des Feldmar¬
schalls anlangten. Stürmische Vivats auf ihren König wechseln ab mit Ver¬
wünschungen und Drohungen gegen Blücher, Schimpfreden wie „preußische
Spitzbuben" mit Lebehochs auf Napoleon. Steine und Koth fliegen in
die Fenster des alten Oberfeldherrn, und die Meuterer schicken sich an, das
Haus zu stürmen. Außer sich vor Entrüstung über dieses schmachvolle Treiben
will Blücher selbst mit dem Säbel in der Faust unter die Aufrührer hinunter, um
sie auseinander zu jagen. Mit Mühe wird er zurückgehalten. Die sächsische Wache
thut ihre Pflicht, aber ohne wesentlichen Erfolg. Müffling und Nostitz treten
ebenso erfolglos vor die Thür, um Ruhe zu gebieten. Man drängt sie, reißt Müff¬
ling ein Epaulet von der Schulter, und kaum gewinnen sie den Eingang wieder.
Die Wuth der Empörer hatte jetzt den höchsten Grad erreicht. Unter
wüstem Gebrüll suchte ein starker Hause trotz der Wache in das Haus zu
dringen. Unwürdiger Tod drohte dem ruhmgekrönten Feldmarschall. Noch
eine Weile vertheidigen Müffling und Nostitz d en Eingang unter dem Beistand
des Hauptmanns der sächsischen Wache. Als Blücher, den dringenden Vorstellungen
der Seinen Gehör gebend, das Haus durch einen unbewachten Ausgang verlassen,
ziehen auch sie sich zurück. Die Masse stürzt in das Haus, sucht dort nach
gefangenen Kameraden/findet sich getäuscht und räumt endlich den Platz.
Blücher hatte sich mit den übrigen preußischen Offizieren nach einem be¬
nachbarten Dorfe begeben. Von" hier erließ er den Befehl, sämmtliche sächsische
Truppen sollten Lüttich räumen, die Garde nach Namuv. die Grenadiere nach
Aachen abmarschiren. Ein Theil gehorchte, andere zögerten am andern Morgen
noch, den Befehl auszuführen, und erst als Pfuel ankam und den sächsischen
Officieren eröffnete, daß preußische Truppen in starker Anzahl gegen sie heran¬
rückten, zogen sie ab.
Der Geist der Auflehnung aber hatte in diesem wilden Ausbruch noch nicht
sein Ende gefunden. Er zeigte sich durch die gesammte sächsische Infanterie
verbreitet. Die Offiziere waren der Soldaten nicht mehr Herr. Nicht wenige,
berichtet Königer, Hütten die Sache leicht getragen und nicht einmal ernstlich
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