Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.Bon 1808 beginnt die Gesetzgebung den Weg einzuschlagen, die gerichtliche ") Artikel 97: Die Bedingungen, unter welchen öffentliche Civil- und Militarbeamtt
wegen durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse verübter Rechtsverletzungen gerichtlich in Anspruch genommen werden können, bestimmt das Gesetz. Eine vorgängige Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde darf jedoch nicht verlangt werdend Bon 1808 beginnt die Gesetzgebung den Weg einzuschlagen, die gerichtliche ") Artikel 97: Die Bedingungen, unter welchen öffentliche Civil- und Militarbeamtt
wegen durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse verübter Rechtsverletzungen gerichtlich in Anspruch genommen werden können, bestimmt das Gesetz. Eine vorgängige Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde darf jedoch nicht verlangt werdend <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0498" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283295"/> <p xml:id="ID_1595" prev="#ID_1594" next="#ID_1596"> Bon 1808 beginnt die Gesetzgebung den Weg einzuschlagen, die gerichtliche<lb/> Verfolgung eines Beamten wegen gesetzwidriger in Ausübung seines Amtes<lb/> begangener Handlungen von. der Genehmigung der vorgesetzten Behörde ab¬<lb/> hängig zu machen. Zu einem vorläufigen Abschluß kam dieser Gegenstand durch<lb/> das Gesetz vom 29. März 1844, in welchem bestimmt wurde, „daß die gericht¬<lb/> liche Untersuchung wegen eines Dienstvergehens oder Amtsverbrechens<lb/> nur auf Antrag der vorgesetzten Dienstbehörde eingeleitet werden dürfe", und<lb/> ferner, „daß, wenn ein Beamter wegen im Amte verübter Ehrenkränkun¬<lb/> gen gerichtlich belangt werde, nach Beendigung der vorläufigen Ermittelungen<lb/> und vor Eröffnung der förmlichen Untersuchung die Dienstbehörde des Beamten<lb/> mit ihrer Erklärung gehört werden müsse, ob der Beamte sich in Beziehung<lb/> auf die ihm angeschuldigte Handlung einer Überschreitung der Amtsbesugnisse<lb/> schuldig gemacht habe". Der Artikel 9 der octroyirten Verfassungsurkunde<lb/> vom 3. December 1848 stellt als Norm auf, daß es keiner vorgängigen Ge¬<lb/> nehmigung der Behörden bedürfe, um öffentliche Civil- und Militärbeamten<lb/> wegen der durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse verübten Rechtsverletzungen<lb/> (civil- und strafrechtliche Fälle werden nicht unterschieden)' zu verfolgen. Auch<lb/> die revidirte Verfassungsurkunde hielt in Preußen an dem Grundsatze fest, daß<lb/> es zur gerichtlichen Verfolgung der Beamten wegen der durch Überschreitung<lb/> ihrer Amtsbefugnisse verübten Rechtsverletzungen keiner vorgängigen Geneh¬<lb/> migung ihrer vorgesetzten Dienstbehörden bedürfen solle, behielt dagegen die<lb/> Frage, unter welchen Bedingungen eine solche gerichtliche Verfolgung statthaft<lb/> sein sollte, der Gesetzgebung vor*). Soll diese Clausel nicht mit dem zuerst<lb/> ausgesprochenen Grundsatze in geradem Widerspruche stehen, so konnte das<lb/> vorbehaltene Gesetz doch nur normative Bestimmungen für den Richter im<lb/> Auge haben, keineswegs aber konnte es ohne das Princip, auf dem der Artikel<lb/> beruht, völlig umzustoßen, dahin gerichtet sein, die Entscheidung über die<lb/> Competenz im vorliegenden Falle von den Richtern auf die Verwaltungsbehörden<lb/> zu übertragen. Das vielberufene Gesetz vom 13. Februar 18S4 erfüllte diese<lb/> Clausel in eigenthümlicher Weise. Allerdings hielt sich dies Gesetz soweit inner¬<lb/> halb der Grenzen der Verfassung, als es die Einleitung der gerichtlichen Pro¬<lb/> cedur gegen Beamte wegen Rechtsverletzungen, die in Ausübung des Amtes<lb/> begangen sind, nicht von der Genehmigung der vorgesetzten Behörde abhängig<lb/> machte. Indem es aber dieser gestattete, nach Einleitung der Untersuchung<lb/> den Competenzconflict zu erheben, und die Entscheidung über diese Vorfrage</p><lb/> <note xml:id="FID_95" place="foot"> ") Artikel 97: Die Bedingungen, unter welchen öffentliche Civil- und Militarbeamtt<lb/> wegen durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse verübter Rechtsverletzungen gerichtlich in<lb/> Anspruch genommen werden können, bestimmt das Gesetz. Eine vorgängige Genehmigung<lb/> der vorgesetzten Dienstbehörde darf jedoch nicht verlangt werdend</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0498]
Bon 1808 beginnt die Gesetzgebung den Weg einzuschlagen, die gerichtliche
Verfolgung eines Beamten wegen gesetzwidriger in Ausübung seines Amtes
begangener Handlungen von. der Genehmigung der vorgesetzten Behörde ab¬
hängig zu machen. Zu einem vorläufigen Abschluß kam dieser Gegenstand durch
das Gesetz vom 29. März 1844, in welchem bestimmt wurde, „daß die gericht¬
liche Untersuchung wegen eines Dienstvergehens oder Amtsverbrechens
nur auf Antrag der vorgesetzten Dienstbehörde eingeleitet werden dürfe", und
ferner, „daß, wenn ein Beamter wegen im Amte verübter Ehrenkränkun¬
gen gerichtlich belangt werde, nach Beendigung der vorläufigen Ermittelungen
und vor Eröffnung der förmlichen Untersuchung die Dienstbehörde des Beamten
mit ihrer Erklärung gehört werden müsse, ob der Beamte sich in Beziehung
auf die ihm angeschuldigte Handlung einer Überschreitung der Amtsbesugnisse
schuldig gemacht habe". Der Artikel 9 der octroyirten Verfassungsurkunde
vom 3. December 1848 stellt als Norm auf, daß es keiner vorgängigen Ge¬
nehmigung der Behörden bedürfe, um öffentliche Civil- und Militärbeamten
wegen der durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse verübten Rechtsverletzungen
(civil- und strafrechtliche Fälle werden nicht unterschieden)' zu verfolgen. Auch
die revidirte Verfassungsurkunde hielt in Preußen an dem Grundsatze fest, daß
es zur gerichtlichen Verfolgung der Beamten wegen der durch Überschreitung
ihrer Amtsbefugnisse verübten Rechtsverletzungen keiner vorgängigen Geneh¬
migung ihrer vorgesetzten Dienstbehörden bedürfen solle, behielt dagegen die
Frage, unter welchen Bedingungen eine solche gerichtliche Verfolgung statthaft
sein sollte, der Gesetzgebung vor*). Soll diese Clausel nicht mit dem zuerst
ausgesprochenen Grundsatze in geradem Widerspruche stehen, so konnte das
vorbehaltene Gesetz doch nur normative Bestimmungen für den Richter im
Auge haben, keineswegs aber konnte es ohne das Princip, auf dem der Artikel
beruht, völlig umzustoßen, dahin gerichtet sein, die Entscheidung über die
Competenz im vorliegenden Falle von den Richtern auf die Verwaltungsbehörden
zu übertragen. Das vielberufene Gesetz vom 13. Februar 18S4 erfüllte diese
Clausel in eigenthümlicher Weise. Allerdings hielt sich dies Gesetz soweit inner¬
halb der Grenzen der Verfassung, als es die Einleitung der gerichtlichen Pro¬
cedur gegen Beamte wegen Rechtsverletzungen, die in Ausübung des Amtes
begangen sind, nicht von der Genehmigung der vorgesetzten Behörde abhängig
machte. Indem es aber dieser gestattete, nach Einleitung der Untersuchung
den Competenzconflict zu erheben, und die Entscheidung über diese Vorfrage
") Artikel 97: Die Bedingungen, unter welchen öffentliche Civil- und Militarbeamtt
wegen durch Ueberschreitung ihrer Amtsbefugnisse verübter Rechtsverletzungen gerichtlich in
Anspruch genommen werden können, bestimmt das Gesetz. Eine vorgängige Genehmigung
der vorgesetzten Dienstbehörde darf jedoch nicht verlangt werdend
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