Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.Wenn ein Soldat im Lager, in einer Festung, in Quartieren oder Wer nach dem Zapfenstreich oder "Zapfenschlag" nicht in seinem Quartiere Wenn ein Unteroffizier beim Aufzug der Wache seinen Posten verwechselte, Wenn ein beurlaubter Soldat auf dem Lande arbeitete, so war ihm das Das Decimiren wurde da angewendet, wo viele, namentlich ein ganzer Schließlich wollen wir hier noch einiges Formelle in Betreff des Straf¬ Wurde dem Inculpaten die Strafe des Spießruthenlaufens eröffnet, so Wenn ein Soldat im Lager, in einer Festung, in Quartieren oder Wer nach dem Zapfenstreich oder „Zapfenschlag" nicht in seinem Quartiere Wenn ein Unteroffizier beim Aufzug der Wache seinen Posten verwechselte, Wenn ein beurlaubter Soldat auf dem Lande arbeitete, so war ihm das Das Decimiren wurde da angewendet, wo viele, namentlich ein ganzer Schließlich wollen wir hier noch einiges Formelle in Betreff des Straf¬ Wurde dem Inculpaten die Strafe des Spießruthenlaufens eröffnet, so <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0363" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283160"/> <p xml:id="ID_1164"> Wenn ein Soldat im Lager, in einer Festung, in Quartieren oder<lb/> Garnisonen namentlich auf Märschen, eine Viertelstunde davon betroffen wurde,<lb/> „daß er mit dem Gesicht zurückkehrte" (d. h. dem betreffenden Ort den Rücken<lb/> zukehrte), und dazu keinen Urlaub hatte, wurde er als Deserteur behandelt und<lb/> als solcher an Leib und Leben bestraft.</p><lb/> <p xml:id="ID_1165"> Wer nach dem Zapfenstreich oder „Zapfenschlag" nicht in seinem Quartiere<lb/> betroffen wurde, mußte Gassen lausen. Auch war den Fiakern in Berlin bei<lb/> namhafter Strafe untersagt, Unteroffiziere und Soldaten nach der Netraite<lb/> aufzunehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1166"> Wenn ein Unteroffizier beim Aufzug der Wache seinen Posten verwechselte,<lb/> unrichtig eintrat oder nicht vor jenem hermarschirte. so wurde er das erste<lb/> Mal 24 Stunden krummgeschlossen, das zweite Mal 3 Monate auf die Schild-<lb/> Wache bei gemeinem Tractament und im dritten Falle auf ein Jahr zur Karre<lb/> condemnirt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1167"> Wenn ein beurlaubter Soldat auf dem Lande arbeitete, so war ihm das<lb/> nur in der Montirung und mit dem Hute gestattet; wer in bürgerlicher<lb/> Kleidung betroffen wurde, mußte zwölfmal, im Wiederholungsfalle aber zwanzig-<lb/> Mal durch 200 Mann Spießruthen laufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1168"> Das Decimiren wurde da angewendet, wo viele, namentlich ein ganzer<lb/> Truppentheil sich eines gleichen Vergehens in der Weise schuldig gemacht<lb/> hatte, daß die Todesstrafe darauf stand, man aber nicht so viele Menschenleben<lb/> opfern oder dem Dienste entziehen wollte. Es wurde, indem man abzählte, der zehnte,<lb/> oder auch wohl der zwanzigste und dreißigste Mann herausgenommen, an<lb/> denen die Strafe in Gegenwart der Anderen vollzogen wurde. Zuweilen<lb/> wurden die zu strafenden auch durchs Loos bestimmt. Die zumeist Gravirten<lb/> wurden auch vorweg herausgenommen. So wurden bei einer Truppe, die vor<lb/> dem Feinde floh, diejenigen zuerst hergenommen, die beim Ausreißen vorn<lb/> dran waren. Zuweilen wurde auch bei gleichen oder zweifelhaften Fällen<lb/> auf der Trommel ums Leben gewürfelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1169"> Schließlich wollen wir hier noch einiges Formelle in Betreff des Straf¬<lb/> vollzugs anführen. Wurde ein Todesurtheil verlesen, so that dieses der<lb/> Auditeur vor der betreffenden versammelten Truppe und mit abgezogenem<lb/> Hute, wobei das Gewehr präsentirt wurde. In der Regel wurde die Execution<lb/> gleich darauf an Ort und Stelle vollzogen, wozu der Delinquent dem Nachrichter<lb/> übergeben wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1170" next="#ID_1171"> Wurde dem Inculpaten die Strafe des Spießruthenlaufens eröffnet, so<lb/> ^Schah dieses ebenfalls vom Auditeur mit entblößtem Haupte und unter Präsen¬<lb/> tation des Gewehrs. Der Auditeur nahm seinen Stand am Eingang der Straf-<lb/> K"sse. Früher liefen in Preußen die Verurtheilten so rasch sie konnten durch die<lb/> lassen; dieses wurde aber durch eine Verordnung von 1737 aufgehoben,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0363]
Wenn ein Soldat im Lager, in einer Festung, in Quartieren oder
Garnisonen namentlich auf Märschen, eine Viertelstunde davon betroffen wurde,
„daß er mit dem Gesicht zurückkehrte" (d. h. dem betreffenden Ort den Rücken
zukehrte), und dazu keinen Urlaub hatte, wurde er als Deserteur behandelt und
als solcher an Leib und Leben bestraft.
Wer nach dem Zapfenstreich oder „Zapfenschlag" nicht in seinem Quartiere
betroffen wurde, mußte Gassen lausen. Auch war den Fiakern in Berlin bei
namhafter Strafe untersagt, Unteroffiziere und Soldaten nach der Netraite
aufzunehmen.
Wenn ein Unteroffizier beim Aufzug der Wache seinen Posten verwechselte,
unrichtig eintrat oder nicht vor jenem hermarschirte. so wurde er das erste
Mal 24 Stunden krummgeschlossen, das zweite Mal 3 Monate auf die Schild-
Wache bei gemeinem Tractament und im dritten Falle auf ein Jahr zur Karre
condemnirt.
Wenn ein beurlaubter Soldat auf dem Lande arbeitete, so war ihm das
nur in der Montirung und mit dem Hute gestattet; wer in bürgerlicher
Kleidung betroffen wurde, mußte zwölfmal, im Wiederholungsfalle aber zwanzig-
Mal durch 200 Mann Spießruthen laufen.
Das Decimiren wurde da angewendet, wo viele, namentlich ein ganzer
Truppentheil sich eines gleichen Vergehens in der Weise schuldig gemacht
hatte, daß die Todesstrafe darauf stand, man aber nicht so viele Menschenleben
opfern oder dem Dienste entziehen wollte. Es wurde, indem man abzählte, der zehnte,
oder auch wohl der zwanzigste und dreißigste Mann herausgenommen, an
denen die Strafe in Gegenwart der Anderen vollzogen wurde. Zuweilen
wurden die zu strafenden auch durchs Loos bestimmt. Die zumeist Gravirten
wurden auch vorweg herausgenommen. So wurden bei einer Truppe, die vor
dem Feinde floh, diejenigen zuerst hergenommen, die beim Ausreißen vorn
dran waren. Zuweilen wurde auch bei gleichen oder zweifelhaften Fällen
auf der Trommel ums Leben gewürfelt.
Schließlich wollen wir hier noch einiges Formelle in Betreff des Straf¬
vollzugs anführen. Wurde ein Todesurtheil verlesen, so that dieses der
Auditeur vor der betreffenden versammelten Truppe und mit abgezogenem
Hute, wobei das Gewehr präsentirt wurde. In der Regel wurde die Execution
gleich darauf an Ort und Stelle vollzogen, wozu der Delinquent dem Nachrichter
übergeben wurde.
Wurde dem Inculpaten die Strafe des Spießruthenlaufens eröffnet, so
^Schah dieses ebenfalls vom Auditeur mit entblößtem Haupte und unter Präsen¬
tation des Gewehrs. Der Auditeur nahm seinen Stand am Eingang der Straf-
K"sse. Früher liefen in Preußen die Verurtheilten so rasch sie konnten durch die
lassen; dieses wurde aber durch eine Verordnung von 1737 aufgehoben,
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