Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. II. Band.Bauperiode nicht hoch genug schätzen, wie denn Referent in einem früheren Die früheren Bauten Klenzes sind schon oft besprochen; wir bringen dies¬ Offenbar war es nicht sowohl auf eine bloße Wiederholung der Pro¬ Bauperiode nicht hoch genug schätzen, wie denn Referent in einem früheren Die früheren Bauten Klenzes sind schon oft besprochen; wir bringen dies¬ Offenbar war es nicht sowohl auf eine bloße Wiederholung der Pro¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0121" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282918"/> <p xml:id="ID_375" prev="#ID_374"> Bauperiode nicht hoch genug schätzen, wie denn Referent in einem früheren<lb/> Artikel aus dem Gesichtspunkte dieses Gegensatzes, ermüdet von dem trostlosen<lb/> Anblick neuester Münchener Kunst, auf die Glyptothek zurückgriff. um von ihr<lb/> nur Gutes zu sagen. Und auch das ist Klenze zum Verdienst anzurechnen,<lb/> daß er unerschütterlich an seiner künstlerischen Ueberzeugung festhielt und sich<lb/> weder auf die gothische Frömmelei noch auf den neuesten Stilschwindei einließ;<lb/> wie auch das andere, daß er auf die technische Vollendung seiner Werke sah<lb/> und sich nicht, wie die Begründer der „modernen Bauart" mit dem Ungefähr<lb/> einer rohen, sich selber überlassenen Handwerkerarbcit begnügte.</p><lb/> <p xml:id="ID_376"> Die früheren Bauten Klenzes sind schon oft besprochen; wir bringen dies¬<lb/> mal nur auf sein neuestes Werk, die Propyläen, die Rede. In diesen<lb/> sind nun jene ungünstigen Bedingungen, die Willkür der Lage und der Zweck¬<lb/> bestimmung in wahrhaft einziger Weise zusammengetroffen. Ein Prachtlhor,<lb/> abseits gelegen, mitten in einer Straße, daher weder in die Stadt einführend,<lb/> noch sie abschließend gegen die umgebende Natur, nichts weiter als ein Hin¬<lb/> derniß des Verkehrs. Zugleich ein Denkmal der Verbindung von Griechenland<lb/> und Bayern, das also höchstens den Zweck hat, dem Durchgehenden diese<lb/> Thatsache der modernen Geschichte durch seine monumentale Gestalt in Er¬<lb/> innerung zu bringen — vollendet in demselben Augenblicke, da diese Thatsache<lb/> von der Geschichte selber — ein flüchtiger Traum — wieder gestrichen war.<lb/> Zweckloser, so mit dem offenbaren Zeichen des versteinerten Widerspruchs an<lb/> der reichgeschmückten Stirne steht wohl kein Bau der Erde. Aber hiervon ab¬<lb/> gesehen: vielleicht rechtfertigt sich das Gebäude durch den bloßen Kunstzweck,<lb/> den es außerdem noch zu haben scheint.</p><lb/> <p xml:id="ID_377" next="#ID_378"> Offenbar war es nicht sowohl auf eine bloße Wiederholung der Pro¬<lb/> pyläen, als auf eine geschlossene Gcsammterinnerung der befestigten Akropolis<lb/> abgesehen. Daher ohne Zweifel die das Thor flankirenden Eckthürme (vielleicht<lb/> zugleich eine Reminiscenz an den byzantinischen Thurm, der aus späterer Zeit<lb/> noch auf der Akropolis steht?). Aber während das Thor der attischen Burg<lb/> auf beiden Seiten von den Flügelgebäuden eingerahmt war, von denen das<lb/> eine, die von Mikon und Polygnot ausgemalte Pinakothek, die Stimmung des<lb/> Besuchers durch das Bild der größten Heldenthaten Griechenlands erhöhte, das<lb/> andere kleinere vielleicht die Wache enthielt — während diese Gebäude dem<lb/> Auge des Aufsteigenden ihre ernste feste Seitenfront darbietend, die vorbereitende<lb/> Umgebung für die Pracht der Propyläen bildeten und so deren Wirkung steigerten:<lb/> klemmen umgekehrt die schwerfälligen Thürme des Münchener Nachbildes die<lb/> Säulenhalle zwischen sich ein und verbinden sich durch Quermauern hinter<lb/> den Frontispizen derselben, wodurch die freie Erscheinung des Mittelbaues<lb/> sowohl in seinem Abschluß nach oben als in seiner Entfaltung nach beiden<lb/> Seiten verkümmert ist. Auch gebricht natürlich dem Münchener Bau die</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0121]
Bauperiode nicht hoch genug schätzen, wie denn Referent in einem früheren
Artikel aus dem Gesichtspunkte dieses Gegensatzes, ermüdet von dem trostlosen
Anblick neuester Münchener Kunst, auf die Glyptothek zurückgriff. um von ihr
nur Gutes zu sagen. Und auch das ist Klenze zum Verdienst anzurechnen,
daß er unerschütterlich an seiner künstlerischen Ueberzeugung festhielt und sich
weder auf die gothische Frömmelei noch auf den neuesten Stilschwindei einließ;
wie auch das andere, daß er auf die technische Vollendung seiner Werke sah
und sich nicht, wie die Begründer der „modernen Bauart" mit dem Ungefähr
einer rohen, sich selber überlassenen Handwerkerarbcit begnügte.
Die früheren Bauten Klenzes sind schon oft besprochen; wir bringen dies¬
mal nur auf sein neuestes Werk, die Propyläen, die Rede. In diesen
sind nun jene ungünstigen Bedingungen, die Willkür der Lage und der Zweck¬
bestimmung in wahrhaft einziger Weise zusammengetroffen. Ein Prachtlhor,
abseits gelegen, mitten in einer Straße, daher weder in die Stadt einführend,
noch sie abschließend gegen die umgebende Natur, nichts weiter als ein Hin¬
derniß des Verkehrs. Zugleich ein Denkmal der Verbindung von Griechenland
und Bayern, das also höchstens den Zweck hat, dem Durchgehenden diese
Thatsache der modernen Geschichte durch seine monumentale Gestalt in Er¬
innerung zu bringen — vollendet in demselben Augenblicke, da diese Thatsache
von der Geschichte selber — ein flüchtiger Traum — wieder gestrichen war.
Zweckloser, so mit dem offenbaren Zeichen des versteinerten Widerspruchs an
der reichgeschmückten Stirne steht wohl kein Bau der Erde. Aber hiervon ab¬
gesehen: vielleicht rechtfertigt sich das Gebäude durch den bloßen Kunstzweck,
den es außerdem noch zu haben scheint.
Offenbar war es nicht sowohl auf eine bloße Wiederholung der Pro¬
pyläen, als auf eine geschlossene Gcsammterinnerung der befestigten Akropolis
abgesehen. Daher ohne Zweifel die das Thor flankirenden Eckthürme (vielleicht
zugleich eine Reminiscenz an den byzantinischen Thurm, der aus späterer Zeit
noch auf der Akropolis steht?). Aber während das Thor der attischen Burg
auf beiden Seiten von den Flügelgebäuden eingerahmt war, von denen das
eine, die von Mikon und Polygnot ausgemalte Pinakothek, die Stimmung des
Besuchers durch das Bild der größten Heldenthaten Griechenlands erhöhte, das
andere kleinere vielleicht die Wache enthielt — während diese Gebäude dem
Auge des Aufsteigenden ihre ernste feste Seitenfront darbietend, die vorbereitende
Umgebung für die Pracht der Propyläen bildeten und so deren Wirkung steigerten:
klemmen umgekehrt die schwerfälligen Thürme des Münchener Nachbildes die
Säulenhalle zwischen sich ein und verbinden sich durch Quermauern hinter
den Frontispizen derselben, wodurch die freie Erscheinung des Mittelbaues
sowohl in seinem Abschluß nach oben als in seiner Entfaltung nach beiden
Seiten verkümmert ist. Auch gebricht natürlich dem Münchener Bau die
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