Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Unternehmungen an der Küste. Nord- und Südcarolina, Georgia, Florida und
vor allem Luoisiana wurden längs der ganzen Küste angegriffen und rasch ihrer
festen Punkte beraubt. Aber diese Erfolge, so jubelnd man sie im Norden be¬
grüßte, weil sie fast die einzigen waren, blieben doch auf den Gang des Krieges
mit Ausnahme der Einen größern Unternehmung, der Eroberung von New-
orleans, ohne Einfluß und die dorthin geworfenen Kräfte waren verschwendet;
doppelt verschwendet, da das Festhalten dieser Küstenpunkte in der heißen Jahres¬
zeit nur mit einem ungeheuren Opfer von Menschenleben möglich war und der
Feind ihnen nicht seine Feldtruppen, sondern meist nur die heimathlichen Milizen
gegenüberließ. -- Wir können deshalb die einzelnen Ereignisse übergehen und nur
auf die Eroberung von Neworleans uns beschränken, die zwar ohne alle Schwie¬
rigkeit vor sich ging, aber gerade in dem geringen Widerstand, welcher hier
factisch geleistet wurde und in der Zähigkeit, mit welcher die unterworfene Stadt
der Regierung der Union widerstand, den Krieg sehr charakterisirt.

Schon im December 1861 langten Truppen von der Mississippunün-
dung an und setzten sich aus dem ship Island fest. Am 2S. März 1862
erst traf ihr Führer, der General Butler, bei ihnen ein. Die Truppe zählte
15,000 Mann, die Flotte unter dem alten Commodore Farragut hatte
48 Fahrzeuge mit 310 Kanonen. -- Neworleans war geschützt durch Ge¬
neral Bragg, der Angabe nach mit 20,000 Mann, durch sehr bedeutende
Festungswerke und durch eine Flottille, welche an Zahl der der Union min¬
destens gleichkam. Alle diese Vertheidigung^mittel verschwanden, lösten sich in
ein Nichts auf durch den Willen eines einzigen Mannes, des Commodore
Farragut, der ohne das Landungsheer abzuwarten mit seinen hölzernen Schiffen
an allen Hindernissen und Forts vorbeifahrend sich unmittelbar vor die Stadt
legte und die Kapitulation forderte. Zwanzig Meilen weit steuerte er in den
Fluß hinein, ließ die ganz unbeschädigten Forts hinter sich und erklärte diese,
die nun zwischen ihm und Butler lagen, für abgeschnitten; die für unüber¬
windlich geachteten Forts ergaben sich und unter dem Eindrucke des Falles dieser
sür unüberwindlich geachteten Weile, die im Vorbeifahren genommen wurden,
folgte die Stadt. Gen. Bragg zog mit seinen Truppen ab und Butler ein.
Jetzt begann ein kleiner Krieg jcoeS einzelnen Einwohners gegen die Eroberer,
der mit einer Energie geführt wurde, die vorher entwickelt, den Feind gar
nicht in die Stadt gelassen hätte und jetzt nur den General Butler selbst wieder
daraus vertrieb. Im December ersetzte ihn General Banks. --Butler halte in
dieser Zeit nicht nur Stadt und Land in feste Hand genommen, sondern auch
mit Hilfe Farraguls den Mississippi hinauf d>s Natcby bebenscht; zu EtoberungS-
zügen, welche Grant halte unterstützen können, fehlten ihm aber die Kräfte.

Wenn wir nun zuiückdlicken auf die Ereignisse des Jahres, so kommen
wir zu dem Resultate, daß die beiden Gegner im Ganzen an innerer Kraft


Unternehmungen an der Küste. Nord- und Südcarolina, Georgia, Florida und
vor allem Luoisiana wurden längs der ganzen Küste angegriffen und rasch ihrer
festen Punkte beraubt. Aber diese Erfolge, so jubelnd man sie im Norden be¬
grüßte, weil sie fast die einzigen waren, blieben doch auf den Gang des Krieges
mit Ausnahme der Einen größern Unternehmung, der Eroberung von New-
orleans, ohne Einfluß und die dorthin geworfenen Kräfte waren verschwendet;
doppelt verschwendet, da das Festhalten dieser Küstenpunkte in der heißen Jahres¬
zeit nur mit einem ungeheuren Opfer von Menschenleben möglich war und der
Feind ihnen nicht seine Feldtruppen, sondern meist nur die heimathlichen Milizen
gegenüberließ. — Wir können deshalb die einzelnen Ereignisse übergehen und nur
auf die Eroberung von Neworleans uns beschränken, die zwar ohne alle Schwie¬
rigkeit vor sich ging, aber gerade in dem geringen Widerstand, welcher hier
factisch geleistet wurde und in der Zähigkeit, mit welcher die unterworfene Stadt
der Regierung der Union widerstand, den Krieg sehr charakterisirt.

Schon im December 1861 langten Truppen von der Mississippunün-
dung an und setzten sich aus dem ship Island fest. Am 2S. März 1862
erst traf ihr Führer, der General Butler, bei ihnen ein. Die Truppe zählte
15,000 Mann, die Flotte unter dem alten Commodore Farragut hatte
48 Fahrzeuge mit 310 Kanonen. — Neworleans war geschützt durch Ge¬
neral Bragg, der Angabe nach mit 20,000 Mann, durch sehr bedeutende
Festungswerke und durch eine Flottille, welche an Zahl der der Union min¬
destens gleichkam. Alle diese Vertheidigung^mittel verschwanden, lösten sich in
ein Nichts auf durch den Willen eines einzigen Mannes, des Commodore
Farragut, der ohne das Landungsheer abzuwarten mit seinen hölzernen Schiffen
an allen Hindernissen und Forts vorbeifahrend sich unmittelbar vor die Stadt
legte und die Kapitulation forderte. Zwanzig Meilen weit steuerte er in den
Fluß hinein, ließ die ganz unbeschädigten Forts hinter sich und erklärte diese,
die nun zwischen ihm und Butler lagen, für abgeschnitten; die für unüber¬
windlich geachteten Forts ergaben sich und unter dem Eindrucke des Falles dieser
sür unüberwindlich geachteten Weile, die im Vorbeifahren genommen wurden,
folgte die Stadt. Gen. Bragg zog mit seinen Truppen ab und Butler ein.
Jetzt begann ein kleiner Krieg jcoeS einzelnen Einwohners gegen die Eroberer,
der mit einer Energie geführt wurde, die vorher entwickelt, den Feind gar
nicht in die Stadt gelassen hätte und jetzt nur den General Butler selbst wieder
daraus vertrieb. Im December ersetzte ihn General Banks. —Butler halte in
dieser Zeit nicht nur Stadt und Land in feste Hand genommen, sondern auch
mit Hilfe Farraguls den Mississippi hinauf d>s Natcby bebenscht; zu EtoberungS-
zügen, welche Grant halte unterstützen können, fehlten ihm aber die Kräfte.

Wenn wir nun zuiückdlicken auf die Ereignisse des Jahres, so kommen
wir zu dem Resultate, daß die beiden Gegner im Ganzen an innerer Kraft


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282317"/>
          <p xml:id="ID_184" prev="#ID_183"> Unternehmungen an der Küste. Nord- und Südcarolina, Georgia, Florida und<lb/>
vor allem Luoisiana wurden längs der ganzen Küste angegriffen und rasch ihrer<lb/>
festen Punkte beraubt. Aber diese Erfolge, so jubelnd man sie im Norden be¬<lb/>
grüßte, weil sie fast die einzigen waren, blieben doch auf den Gang des Krieges<lb/>
mit Ausnahme der Einen größern Unternehmung, der Eroberung von New-<lb/>
orleans, ohne Einfluß und die dorthin geworfenen Kräfte waren verschwendet;<lb/>
doppelt verschwendet, da das Festhalten dieser Küstenpunkte in der heißen Jahres¬<lb/>
zeit nur mit einem ungeheuren Opfer von Menschenleben möglich war und der<lb/>
Feind ihnen nicht seine Feldtruppen, sondern meist nur die heimathlichen Milizen<lb/>
gegenüberließ. &#x2014; Wir können deshalb die einzelnen Ereignisse übergehen und nur<lb/>
auf die Eroberung von Neworleans uns beschränken, die zwar ohne alle Schwie¬<lb/>
rigkeit vor sich ging, aber gerade in dem geringen Widerstand, welcher hier<lb/>
factisch geleistet wurde und in der Zähigkeit, mit welcher die unterworfene Stadt<lb/>
der Regierung der Union widerstand, den Krieg sehr charakterisirt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_185"> Schon im December 1861 langten Truppen von der Mississippunün-<lb/>
dung an und setzten sich aus dem ship Island fest. Am 2S. März 1862<lb/>
erst traf ihr Führer, der General Butler, bei ihnen ein. Die Truppe zählte<lb/>
15,000 Mann, die Flotte unter dem alten Commodore Farragut hatte<lb/>
48 Fahrzeuge mit 310 Kanonen. &#x2014; Neworleans war geschützt durch Ge¬<lb/>
neral Bragg, der Angabe nach mit 20,000 Mann, durch sehr bedeutende<lb/>
Festungswerke und durch eine Flottille, welche an Zahl der der Union min¬<lb/>
destens gleichkam. Alle diese Vertheidigung^mittel verschwanden, lösten sich in<lb/>
ein Nichts auf durch den Willen eines einzigen Mannes, des Commodore<lb/>
Farragut, der ohne das Landungsheer abzuwarten mit seinen hölzernen Schiffen<lb/>
an allen Hindernissen und Forts vorbeifahrend sich unmittelbar vor die Stadt<lb/>
legte und die Kapitulation forderte. Zwanzig Meilen weit steuerte er in den<lb/>
Fluß hinein, ließ die ganz unbeschädigten Forts hinter sich und erklärte diese,<lb/>
die nun zwischen ihm und Butler lagen, für abgeschnitten; die für unüber¬<lb/>
windlich geachteten Forts ergaben sich und unter dem Eindrucke des Falles dieser<lb/>
sür unüberwindlich geachteten Weile, die im Vorbeifahren genommen wurden,<lb/>
folgte die Stadt. Gen. Bragg zog mit seinen Truppen ab und Butler ein.<lb/>
Jetzt begann ein kleiner Krieg jcoeS einzelnen Einwohners gegen die Eroberer,<lb/>
der mit einer Energie geführt wurde, die vorher entwickelt, den Feind gar<lb/>
nicht in die Stadt gelassen hätte und jetzt nur den General Butler selbst wieder<lb/>
daraus vertrieb. Im December ersetzte ihn General Banks. &#x2014;Butler halte in<lb/>
dieser Zeit nicht nur Stadt und Land in feste Hand genommen, sondern auch<lb/>
mit Hilfe Farraguls den Mississippi hinauf d&gt;s Natcby bebenscht; zu EtoberungS-<lb/>
zügen, welche Grant halte unterstützen können, fehlten ihm aber die Kräfte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_186" next="#ID_187"> Wenn wir nun zuiückdlicken auf die Ereignisse des Jahres, so kommen<lb/>
wir zu dem Resultate, daß die beiden Gegner im Ganzen an innerer Kraft</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0076] Unternehmungen an der Küste. Nord- und Südcarolina, Georgia, Florida und vor allem Luoisiana wurden längs der ganzen Küste angegriffen und rasch ihrer festen Punkte beraubt. Aber diese Erfolge, so jubelnd man sie im Norden be¬ grüßte, weil sie fast die einzigen waren, blieben doch auf den Gang des Krieges mit Ausnahme der Einen größern Unternehmung, der Eroberung von New- orleans, ohne Einfluß und die dorthin geworfenen Kräfte waren verschwendet; doppelt verschwendet, da das Festhalten dieser Küstenpunkte in der heißen Jahres¬ zeit nur mit einem ungeheuren Opfer von Menschenleben möglich war und der Feind ihnen nicht seine Feldtruppen, sondern meist nur die heimathlichen Milizen gegenüberließ. — Wir können deshalb die einzelnen Ereignisse übergehen und nur auf die Eroberung von Neworleans uns beschränken, die zwar ohne alle Schwie¬ rigkeit vor sich ging, aber gerade in dem geringen Widerstand, welcher hier factisch geleistet wurde und in der Zähigkeit, mit welcher die unterworfene Stadt der Regierung der Union widerstand, den Krieg sehr charakterisirt. Schon im December 1861 langten Truppen von der Mississippunün- dung an und setzten sich aus dem ship Island fest. Am 2S. März 1862 erst traf ihr Führer, der General Butler, bei ihnen ein. Die Truppe zählte 15,000 Mann, die Flotte unter dem alten Commodore Farragut hatte 48 Fahrzeuge mit 310 Kanonen. — Neworleans war geschützt durch Ge¬ neral Bragg, der Angabe nach mit 20,000 Mann, durch sehr bedeutende Festungswerke und durch eine Flottille, welche an Zahl der der Union min¬ destens gleichkam. Alle diese Vertheidigung^mittel verschwanden, lösten sich in ein Nichts auf durch den Willen eines einzigen Mannes, des Commodore Farragut, der ohne das Landungsheer abzuwarten mit seinen hölzernen Schiffen an allen Hindernissen und Forts vorbeifahrend sich unmittelbar vor die Stadt legte und die Kapitulation forderte. Zwanzig Meilen weit steuerte er in den Fluß hinein, ließ die ganz unbeschädigten Forts hinter sich und erklärte diese, die nun zwischen ihm und Butler lagen, für abgeschnitten; die für unüber¬ windlich geachteten Forts ergaben sich und unter dem Eindrucke des Falles dieser sür unüberwindlich geachteten Weile, die im Vorbeifahren genommen wurden, folgte die Stadt. Gen. Bragg zog mit seinen Truppen ab und Butler ein. Jetzt begann ein kleiner Krieg jcoeS einzelnen Einwohners gegen die Eroberer, der mit einer Energie geführt wurde, die vorher entwickelt, den Feind gar nicht in die Stadt gelassen hätte und jetzt nur den General Butler selbst wieder daraus vertrieb. Im December ersetzte ihn General Banks. —Butler halte in dieser Zeit nicht nur Stadt und Land in feste Hand genommen, sondern auch mit Hilfe Farraguls den Mississippi hinauf d>s Natcby bebenscht; zu EtoberungS- zügen, welche Grant halte unterstützen können, fehlten ihm aber die Kräfte. Wenn wir nun zuiückdlicken auf die Ereignisse des Jahres, so kommen wir zu dem Resultate, daß die beiden Gegner im Ganzen an innerer Kraft

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/76
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/76>, abgerufen am 23.07.2024.