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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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vollständig vereinigt. Gen. Halleck traf zur Uebernahme des Kommandos ein
und besetzte das von den Conföderirteu verlassene Corinth am 30. Mai. --
Kommodore Foote war unterdes; unausgesetzt auf dem Mississippi in Thätigkeit
gewesen. Am 6. Juni legte sich eine seiner Abiheilungen unter Capitän David
vor Memphis und nahm dasselbe nach kurzem Bombardement. Halleck, der so
ohne Anstrengung Besitz von der Linie Memphis-Corinth erhielt. Halle nun
alle Freiheit, gegen Süden vorzudringen und Untier nach Orleans hin die
Hand zu bieten, da die Confödenrten fast alle ihre Kräfte auf Richmond ge¬
zogen hatten. -- Halleck aber begnügte sich mit dem. was er besaß, und ver¬
harrte in der Hitze des Sommers in Ruhe, bis er im Juli das Obercommando
der gesammten Streitkräfte der Union übernahm, nachdem Pope kurz ont,er
zum Commandeur der Potomaccmnee ernannt worden war. Grant erhielt das
Obercommando der Wcstarmee.

Weniger erfolgreich waren inzwischen die Kämpfe der Ostarmee gewesen.
Am 10. März hatten die Confödenrten ihre Stellung vor Washington über
Nacht geräumt, um sich bei Richmond zu concentriren und die verfügbaren
Kräfte im Westen zum Angriff bei Pitsburgh Lanoing zu verwenden. Die
öffentliche Meinung drängte schon lange zum Handeln, jetzt mußte Mac Clellan
seine sorgsam gedrillte und gepflegte Armee an den Feind bringen. Aber wie?
das war die Frage. Einfach gerade darauf loszugehen, bis man auf den Feind
traf, das erschien zu wenig systematisch; dabei hatte man im vorigen Jahr zu
schlechte Erfahrungen gemacht, ein dunkler Drang nach Flankenbewegungen und
Umgehungen machte sich geltend, man entschloß sich endlich, die Armee zunächst
eine Seereise nach Fort Monroe machen zu lassen, die Flotte der Conföderirten
bei Norfolk, welche in ihrem Merrimac (dem ersten Panzerschiff) einen sehr ge¬
fährlichen Gegner besaß, zu schlagen, dann zu landen und auf der an Wegen
armen, ganz dicht bewaldeten Halbinsel von Uorkstown gegen Richmond vorzu¬
dringen. Man hatte dabei einen zwei bis drei Meilen nähern Landweg zurück¬
zulegen, wie von Manassas Junction aus, entbehrte aber der dort vorhandenen
beiden Eisenbahnen und sonstigen bessern Straßen, deckte auch nicht die eigne
Hauptstadt, sondern mußte zu diesem Zweck noch eine eigene Armee bei Ma¬
nassas Junction aufstellen. -- Für einfache Anschauung der Dinge ist diese
Operation ganz unverständlich; aber gerade der Unwissende sucht nach Abson¬
derlichem statt nach dem Einfachen.

Am 2. April trat Mac Clellan seine Fahrt nach Fort Monroe an. am 4.
beginnt die Landung und gerade einen Monat darauf rückt er in dem drei Mei¬
len entfernten, vom Feinde verlassenen Uorktown ein; am 3. Mai kam es zum
ersten Gefecht, welches 2300 Mann kostete; am 22. entwickelte sich die Armee
am Chickahoming und am 31. kam es nach vollendetem Uebergang über diesen
Fluß zur Schlacht bei Fair Oaks, deren Fortsetzung am 1. Juni mit einem


vollständig vereinigt. Gen. Halleck traf zur Uebernahme des Kommandos ein
und besetzte das von den Conföderirteu verlassene Corinth am 30. Mai. —
Kommodore Foote war unterdes; unausgesetzt auf dem Mississippi in Thätigkeit
gewesen. Am 6. Juni legte sich eine seiner Abiheilungen unter Capitän David
vor Memphis und nahm dasselbe nach kurzem Bombardement. Halleck, der so
ohne Anstrengung Besitz von der Linie Memphis-Corinth erhielt. Halle nun
alle Freiheit, gegen Süden vorzudringen und Untier nach Orleans hin die
Hand zu bieten, da die Confödenrten fast alle ihre Kräfte auf Richmond ge¬
zogen hatten. — Halleck aber begnügte sich mit dem. was er besaß, und ver¬
harrte in der Hitze des Sommers in Ruhe, bis er im Juli das Obercommando
der gesammten Streitkräfte der Union übernahm, nachdem Pope kurz ont,er
zum Commandeur der Potomaccmnee ernannt worden war. Grant erhielt das
Obercommando der Wcstarmee.

Weniger erfolgreich waren inzwischen die Kämpfe der Ostarmee gewesen.
Am 10. März hatten die Confödenrten ihre Stellung vor Washington über
Nacht geräumt, um sich bei Richmond zu concentriren und die verfügbaren
Kräfte im Westen zum Angriff bei Pitsburgh Lanoing zu verwenden. Die
öffentliche Meinung drängte schon lange zum Handeln, jetzt mußte Mac Clellan
seine sorgsam gedrillte und gepflegte Armee an den Feind bringen. Aber wie?
das war die Frage. Einfach gerade darauf loszugehen, bis man auf den Feind
traf, das erschien zu wenig systematisch; dabei hatte man im vorigen Jahr zu
schlechte Erfahrungen gemacht, ein dunkler Drang nach Flankenbewegungen und
Umgehungen machte sich geltend, man entschloß sich endlich, die Armee zunächst
eine Seereise nach Fort Monroe machen zu lassen, die Flotte der Conföderirten
bei Norfolk, welche in ihrem Merrimac (dem ersten Panzerschiff) einen sehr ge¬
fährlichen Gegner besaß, zu schlagen, dann zu landen und auf der an Wegen
armen, ganz dicht bewaldeten Halbinsel von Uorkstown gegen Richmond vorzu¬
dringen. Man hatte dabei einen zwei bis drei Meilen nähern Landweg zurück¬
zulegen, wie von Manassas Junction aus, entbehrte aber der dort vorhandenen
beiden Eisenbahnen und sonstigen bessern Straßen, deckte auch nicht die eigne
Hauptstadt, sondern mußte zu diesem Zweck noch eine eigene Armee bei Ma¬
nassas Junction aufstellen. — Für einfache Anschauung der Dinge ist diese
Operation ganz unverständlich; aber gerade der Unwissende sucht nach Abson¬
derlichem statt nach dem Einfachen.

Am 2. April trat Mac Clellan seine Fahrt nach Fort Monroe an. am 4.
beginnt die Landung und gerade einen Monat darauf rückt er in dem drei Mei¬
len entfernten, vom Feinde verlassenen Uorktown ein; am 3. Mai kam es zum
ersten Gefecht, welches 2300 Mann kostete; am 22. entwickelte sich die Armee
am Chickahoming und am 31. kam es nach vollendetem Uebergang über diesen
Fluß zur Schlacht bei Fair Oaks, deren Fortsetzung am 1. Juni mit einem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/71>, abgerufen am 23.07.2024.