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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Leitung der Angelegenheiten der Sicherheit, ja beinahe jedes durchgehenden Ge¬
danken entbehrt und diese Syiiemlosigkeit macht es schwierig, ein scharfes Bild
der kriegerischen Ereignisse zu geben. Um dies annähernd thun zu sonnen
bleibt nur übrig, den Gang derselben örtlich zu theilen nach den Kriegstheatern.
1) gegen Richmond und 2) am Mississippi als den Hauptgcbieten, daneben die
einzelnen Begebenheiten auf den Zwischengebieten zu erwähnen und dabei den¬
jenigen Zusammenhang der Dinge zu zeigen, welcher sich durch die Leitung der
Armee im Süden stellenweise ergiebt.

General Mac Clellan führte beim Beginn des Jahres 1862 noch neben
der Potomacarmee das Commando der gesammten Streitkräfte der Union
und hatte deshalb auf dem Kriegstheater von Virginia die bedeutendsten Streit¬
kräfte vereinigt. Sein nächstes Streben war vorwiegend auf Organisation und
Ausbildung der eigenen Truppen gerichtet. Die ersten Monate verstrichen daher
in Virginien ohne kriegerische Thaten, sehr unbedeutende Ereignisse des kleinen
Krieges abgerechnet. Anfang März erhielt die Potomacarmee feste Formen
durch eine Eintheilung in S Armeecorps unter den Generalen Mac Dowell,
Summer. Hcintzelmann, Kepes und Banks. Jedes Armeecorps zählte 3 Divi¬
sionen, die Division bestand aus 3 Brigaden Infanterie g. 4 Regimentern oder
Bataillonen; jeder Division waren zugetheilt 4 Batterien, von denen 3 den
Freiwilligen, die 4. aber der regulären Armee angehörten. -- Ein Armeecorps
zählte mithin 36 Bataillone oder über 36,000 Mann und kann mit den andern
Waffen in voller Stärke auf 40,000 Mann und 96 Geschütze berechnet werden.
Eine durchschnittlich permanente Einbuhe durch Kranke, deren Zahl einen monat¬
lichen Abgang von 10,000 Todier für die Nordstaaten ergab, läßt aber
30,000 Mann als höchste Stärke eines Corps oder von 10,000 Mann für eine
Division in Anschlag bringen. An Cavallerie war die Armee außerordentlich
schwach, sie betrug wahrscheinlich nur 3-4 Regimenter oder 2000 Pferde. Das
ist für den Dienst der Cavallerie selbst auf dem sehr bedeckten nordamerikanischen
Kriegstheater viel zu wenig. Dies empfand man, als es sich herausstellte,
daß der Wirkungskreis derselben sich aus den Vorpostendienst beschränkte und
die ohnehin geringe Geschwindigkeit der militärischen Bewegungen durch die
Reiterei keine wesentliche Förderung erfuhr. In den europäischen Armeen
fordert man den 8. bis 7. Theil der Armee als Cavallerie. Diese Truppe will
aber nicht nur zur Handhabung, sondem auch zur Erhaltung des Materials
eine Disciplin, wie sie das Freimilligenhecr des Nordens nicht darbot.

Die Potomacarmee zählte also ungefähr 130,000 Mann und tummelte sich flei¬
ßig auf Parade- und Exercierplätzen. Das schien aber der beurtheilenden und
regierenden Welt höchst überflüssig. Die öffentliche Meinung erhob sich gegen
Mac Clellan, er verlor das Obcrcommando der gesammten Streitkräfte und der
Präsident Lincoln und sein Kriegsminister, welche beide in der Advokatur die


Leitung der Angelegenheiten der Sicherheit, ja beinahe jedes durchgehenden Ge¬
danken entbehrt und diese Syiiemlosigkeit macht es schwierig, ein scharfes Bild
der kriegerischen Ereignisse zu geben. Um dies annähernd thun zu sonnen
bleibt nur übrig, den Gang derselben örtlich zu theilen nach den Kriegstheatern.
1) gegen Richmond und 2) am Mississippi als den Hauptgcbieten, daneben die
einzelnen Begebenheiten auf den Zwischengebieten zu erwähnen und dabei den¬
jenigen Zusammenhang der Dinge zu zeigen, welcher sich durch die Leitung der
Armee im Süden stellenweise ergiebt.

General Mac Clellan führte beim Beginn des Jahres 1862 noch neben
der Potomacarmee das Commando der gesammten Streitkräfte der Union
und hatte deshalb auf dem Kriegstheater von Virginia die bedeutendsten Streit¬
kräfte vereinigt. Sein nächstes Streben war vorwiegend auf Organisation und
Ausbildung der eigenen Truppen gerichtet. Die ersten Monate verstrichen daher
in Virginien ohne kriegerische Thaten, sehr unbedeutende Ereignisse des kleinen
Krieges abgerechnet. Anfang März erhielt die Potomacarmee feste Formen
durch eine Eintheilung in S Armeecorps unter den Generalen Mac Dowell,
Summer. Hcintzelmann, Kepes und Banks. Jedes Armeecorps zählte 3 Divi¬
sionen, die Division bestand aus 3 Brigaden Infanterie g. 4 Regimentern oder
Bataillonen; jeder Division waren zugetheilt 4 Batterien, von denen 3 den
Freiwilligen, die 4. aber der regulären Armee angehörten. — Ein Armeecorps
zählte mithin 36 Bataillone oder über 36,000 Mann und kann mit den andern
Waffen in voller Stärke auf 40,000 Mann und 96 Geschütze berechnet werden.
Eine durchschnittlich permanente Einbuhe durch Kranke, deren Zahl einen monat¬
lichen Abgang von 10,000 Todier für die Nordstaaten ergab, läßt aber
30,000 Mann als höchste Stärke eines Corps oder von 10,000 Mann für eine
Division in Anschlag bringen. An Cavallerie war die Armee außerordentlich
schwach, sie betrug wahrscheinlich nur 3-4 Regimenter oder 2000 Pferde. Das
ist für den Dienst der Cavallerie selbst auf dem sehr bedeckten nordamerikanischen
Kriegstheater viel zu wenig. Dies empfand man, als es sich herausstellte,
daß der Wirkungskreis derselben sich aus den Vorpostendienst beschränkte und
die ohnehin geringe Geschwindigkeit der militärischen Bewegungen durch die
Reiterei keine wesentliche Förderung erfuhr. In den europäischen Armeen
fordert man den 8. bis 7. Theil der Armee als Cavallerie. Diese Truppe will
aber nicht nur zur Handhabung, sondem auch zur Erhaltung des Materials
eine Disciplin, wie sie das Freimilligenhecr des Nordens nicht darbot.

Die Potomacarmee zählte also ungefähr 130,000 Mann und tummelte sich flei¬
ßig auf Parade- und Exercierplätzen. Das schien aber der beurtheilenden und
regierenden Welt höchst überflüssig. Die öffentliche Meinung erhob sich gegen
Mac Clellan, er verlor das Obcrcommando der gesammten Streitkräfte und der
Präsident Lincoln und sein Kriegsminister, welche beide in der Advokatur die


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[0068] Leitung der Angelegenheiten der Sicherheit, ja beinahe jedes durchgehenden Ge¬ danken entbehrt und diese Syiiemlosigkeit macht es schwierig, ein scharfes Bild der kriegerischen Ereignisse zu geben. Um dies annähernd thun zu sonnen bleibt nur übrig, den Gang derselben örtlich zu theilen nach den Kriegstheatern. 1) gegen Richmond und 2) am Mississippi als den Hauptgcbieten, daneben die einzelnen Begebenheiten auf den Zwischengebieten zu erwähnen und dabei den¬ jenigen Zusammenhang der Dinge zu zeigen, welcher sich durch die Leitung der Armee im Süden stellenweise ergiebt. General Mac Clellan führte beim Beginn des Jahres 1862 noch neben der Potomacarmee das Commando der gesammten Streitkräfte der Union und hatte deshalb auf dem Kriegstheater von Virginia die bedeutendsten Streit¬ kräfte vereinigt. Sein nächstes Streben war vorwiegend auf Organisation und Ausbildung der eigenen Truppen gerichtet. Die ersten Monate verstrichen daher in Virginien ohne kriegerische Thaten, sehr unbedeutende Ereignisse des kleinen Krieges abgerechnet. Anfang März erhielt die Potomacarmee feste Formen durch eine Eintheilung in S Armeecorps unter den Generalen Mac Dowell, Summer. Hcintzelmann, Kepes und Banks. Jedes Armeecorps zählte 3 Divi¬ sionen, die Division bestand aus 3 Brigaden Infanterie g. 4 Regimentern oder Bataillonen; jeder Division waren zugetheilt 4 Batterien, von denen 3 den Freiwilligen, die 4. aber der regulären Armee angehörten. — Ein Armeecorps zählte mithin 36 Bataillone oder über 36,000 Mann und kann mit den andern Waffen in voller Stärke auf 40,000 Mann und 96 Geschütze berechnet werden. Eine durchschnittlich permanente Einbuhe durch Kranke, deren Zahl einen monat¬ lichen Abgang von 10,000 Todier für die Nordstaaten ergab, läßt aber 30,000 Mann als höchste Stärke eines Corps oder von 10,000 Mann für eine Division in Anschlag bringen. An Cavallerie war die Armee außerordentlich schwach, sie betrug wahrscheinlich nur 3-4 Regimenter oder 2000 Pferde. Das ist für den Dienst der Cavallerie selbst auf dem sehr bedeckten nordamerikanischen Kriegstheater viel zu wenig. Dies empfand man, als es sich herausstellte, daß der Wirkungskreis derselben sich aus den Vorpostendienst beschränkte und die ohnehin geringe Geschwindigkeit der militärischen Bewegungen durch die Reiterei keine wesentliche Förderung erfuhr. In den europäischen Armeen fordert man den 8. bis 7. Theil der Armee als Cavallerie. Diese Truppe will aber nicht nur zur Handhabung, sondem auch zur Erhaltung des Materials eine Disciplin, wie sie das Freimilligenhecr des Nordens nicht darbot. Die Potomacarmee zählte also ungefähr 130,000 Mann und tummelte sich flei¬ ßig auf Parade- und Exercierplätzen. Das schien aber der beurtheilenden und regierenden Welt höchst überflüssig. Die öffentliche Meinung erhob sich gegen Mac Clellan, er verlor das Obcrcommando der gesammten Streitkräfte und der Präsident Lincoln und sein Kriegsminister, welche beide in der Advokatur die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/68>, abgerufen am 23.07.2024.