Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.Tonstimmung, welche in ihrer Flüssigkeit, in ihrer warmen Tiefe und ruhigen Tonstimmung, welche in ihrer Flüssigkeit, in ihrer warmen Tiefe und ruhigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0548" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/282789"/> <p xml:id="ID_1495" prev="#ID_1494" next="#ID_1496"> Tonstimmung, welche in ihrer Flüssigkeit, in ihrer warmen Tiefe und ruhigen<lb/> Leuchtkraft die Nachbarschaft und den Vergleich mit denen der gepriesensten<lb/> heutigen Coloristen ohne dabei zu verlieren aushält. Die „Pferdeschwemmc"<lb/> (1840 vollendet, erschien sie auf der berliner Ausstellung von 1842) theilt, ihrem<lb/> Gegenstand entsprechend, die eigenthümlichen Wunderlichkeiten in der Auffassung<lb/> eines ganz realen Vorgangs, welche das Bild der „Ernte" charakterisirten. Es<lb/> ist ein liebliches, graziös bewegtes Geschlecht von Knaben, Jünglingen und<lb/> Mädchen, welches sich da auf ziemlich unirdischen rosa gescheckten Rossen, denen<lb/> der Eos nicht unähnlich, nahe dem Ufer im schäumenden Wasser tummelt,<lb/> oder am grasigen Rande lachend und jubelnd dem verwegenen Spiel der Ge¬<lb/> nosse» zusieht; aber man suche keine Zeit- und Localbestimmung für das Jahr¬<lb/> hundert und das Land der Erde, dem es angehören könnte. Und doch sollen<lb/> und wollen die freudigen und zarten Geschöpfe Menschen und Kinder dieser<lb/> Welt sein. Der ungelöste Widerspruch, welchen solche Bilder des Meisters in<lb/> sich tragen, zeigt sich folgerecht dann auch in der iFarbe derselben, welche<lb/> die Realität naturgemäß auszuschließen genöthigt wird, während der Colorist<lb/> in dem Autor doch wieder zu mächtig bleibt, um sie einer abstracten Farb-<lb/> losigkeit zu opfern. Die Rosse dieser Pferdeschwemme fänden eine passendere<lb/> Verwendung in dem Bilde der „Aurora" und der „Luna", die er in den nächsten<lb/> Jahren darauf für König Friedrich Wilhelm den Vierten malte. Da war er wieder<lb/> völlig in seinem Element und unter der Einwirkung jenes belebenden Hauchs,<lb/> welcher von der unsterblichen Schönheit antiker Mythe ausgeht, schuf er gleich¬<lb/> zeitig das kleine Bild, das immer unter seinen vollendetsten Werken zu<lb/> den ersten zählen wird, den „pfeilschärfenden Amor", die reizende, nackte,<lb/> knieende Gestalt des kleinen Gottes. vom bergenden grünen Walddickicht rings¬<lb/> um in klares, sonnigwarmes Helldunkel getaucht, aus welchem das von<lb/> dichtem braunem Gelock überschattete Köpfchen, welches lächelnd auf die<lb/> emsige Arbeit seiner Hand niederblickt, mit geheimnißvoller Lieblichkeit<lb/> hervorleuchtet. Die bedeutenden künstlerischen Unternehmungen, mit welchen<lb/> sich der „König-Künstler" Friedrich Wilden der Vierte introducirte, gaben Kloe¬<lb/> ber bald eine Fülle von Aufgaben zunächst decorativer Natur, seinem Talent aufs<lb/> Glücklichste angemessen. Im neuen Opernhausbau waren es der „Arion auf<lb/> dem Delphin", mit seinen Scitenmcdaillonbildern für den Vorhang; Genien¬<lb/> gruppen mit den Jnsignien der Herrschermacht für die Decke der königlichen<lb/> Loge (1844). Im Marmorpalais zu Potsdam die Wand- und Plafondbilder<lb/> eines Saals: „Geburt der Venus", „Apoll unter den Hirten", „Bachus, den<lb/> Menschen die Traube bringend", die Gestalten des „Schlafs und des Traums";<lb/> und für einen zweiten Saal desselben Schlosses die vier Jahreszeiten mit einem<lb/> grau in grau auf rothem Grunde ausgeführten Fries von Kindergestalten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0548]
Tonstimmung, welche in ihrer Flüssigkeit, in ihrer warmen Tiefe und ruhigen
Leuchtkraft die Nachbarschaft und den Vergleich mit denen der gepriesensten
heutigen Coloristen ohne dabei zu verlieren aushält. Die „Pferdeschwemmc"
(1840 vollendet, erschien sie auf der berliner Ausstellung von 1842) theilt, ihrem
Gegenstand entsprechend, die eigenthümlichen Wunderlichkeiten in der Auffassung
eines ganz realen Vorgangs, welche das Bild der „Ernte" charakterisirten. Es
ist ein liebliches, graziös bewegtes Geschlecht von Knaben, Jünglingen und
Mädchen, welches sich da auf ziemlich unirdischen rosa gescheckten Rossen, denen
der Eos nicht unähnlich, nahe dem Ufer im schäumenden Wasser tummelt,
oder am grasigen Rande lachend und jubelnd dem verwegenen Spiel der Ge¬
nosse» zusieht; aber man suche keine Zeit- und Localbestimmung für das Jahr¬
hundert und das Land der Erde, dem es angehören könnte. Und doch sollen
und wollen die freudigen und zarten Geschöpfe Menschen und Kinder dieser
Welt sein. Der ungelöste Widerspruch, welchen solche Bilder des Meisters in
sich tragen, zeigt sich folgerecht dann auch in der iFarbe derselben, welche
die Realität naturgemäß auszuschließen genöthigt wird, während der Colorist
in dem Autor doch wieder zu mächtig bleibt, um sie einer abstracten Farb-
losigkeit zu opfern. Die Rosse dieser Pferdeschwemme fänden eine passendere
Verwendung in dem Bilde der „Aurora" und der „Luna", die er in den nächsten
Jahren darauf für König Friedrich Wilhelm den Vierten malte. Da war er wieder
völlig in seinem Element und unter der Einwirkung jenes belebenden Hauchs,
welcher von der unsterblichen Schönheit antiker Mythe ausgeht, schuf er gleich¬
zeitig das kleine Bild, das immer unter seinen vollendetsten Werken zu
den ersten zählen wird, den „pfeilschärfenden Amor", die reizende, nackte,
knieende Gestalt des kleinen Gottes. vom bergenden grünen Walddickicht rings¬
um in klares, sonnigwarmes Helldunkel getaucht, aus welchem das von
dichtem braunem Gelock überschattete Köpfchen, welches lächelnd auf die
emsige Arbeit seiner Hand niederblickt, mit geheimnißvoller Lieblichkeit
hervorleuchtet. Die bedeutenden künstlerischen Unternehmungen, mit welchen
sich der „König-Künstler" Friedrich Wilden der Vierte introducirte, gaben Kloe¬
ber bald eine Fülle von Aufgaben zunächst decorativer Natur, seinem Talent aufs
Glücklichste angemessen. Im neuen Opernhausbau waren es der „Arion auf
dem Delphin", mit seinen Scitenmcdaillonbildern für den Vorhang; Genien¬
gruppen mit den Jnsignien der Herrschermacht für die Decke der königlichen
Loge (1844). Im Marmorpalais zu Potsdam die Wand- und Plafondbilder
eines Saals: „Geburt der Venus", „Apoll unter den Hirten", „Bachus, den
Menschen die Traube bringend", die Gestalten des „Schlafs und des Traums";
und für einen zweiten Saal desselben Schlosses die vier Jahreszeiten mit einem
grau in grau auf rothem Grunde ausgeführten Fries von Kindergestalten
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