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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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erhebenden Genuß mit begeisterten Freunden überreichen Existenz im Hei-
mathlande der Schönheit gewann sein Talent die bestimmt ausgeprägte be¬
sondre Physiognomie, die es auch in seinen spätesten Schöpfungen noch un-
verkümmert bewahrt hat.

Das Ernste. Grandiose, Tragische lag seiner Natur durchaus fern, und
nicht die ungeheuern Gebilde von der Decke der sixtinischen Kapelle, sondern
die reine Schönheit, welche in den Gestalten der Fen'mesma verkörpert ist, und
die scherzende Grazie des Meisters der Domkuppel zu Parma haben wohl
auf seine Seele den stärksten und bestimmendsten Einfluß geäußert. Dieser
hat ihn auch gesichert gegen das neudeutsche Nazarenerthum, wie gegen die
Carton zeichnende Münchner Romantik, die noch in jener Zeit unter den deut¬
schen Malern in Italien ihre Opfer forderten. Er fühlte sich bereits zu hei¬
misch in der heitern hellenischen Geisteswelt, um von ihnen berührt zu werden,
und seine andächtige Liebe zum großen Meister des Helldunkels machte es ihm
unmöglich, die lebensvollste blühendste Götter- und Heroenwelt grau in grau
oder in Contour zu denken. Dem italienischen Aufenthalt sind die beiden
ersten wichtigeren Oelgemälde Kloebers erwachsen, in denen sich sein eigenstes
Wesen ausspricht, die "Toilette der Venus" (einmal für den Prinzen Heinrich
und später noch einmal für König Friedrich Wilhelm den Dritten gemalt) und
"Perseus und Andromeda", eine Concurrenzarbeit für den eben begründeten
berliner "Verein der Kunstfreunde im preußischen Staate".

Nach seiner Rückkehr 1828 beginnt für ihn in Berlin ein Leben voll un¬
unterbrochener schöpferischer Thätigkeit und nur von der langen Reihe schöner
künstlerischer Resultate, welche dieselbe ins Leben rief und von keinen eigent¬
lichen Schicksalswechseln und Ereignissen ist bis zum Ende desselben zu berich¬
ten. Es sei denn seine 1835 geschlossene Heirath, welche ihm die glücklichste
Häuslichkeit während der ganzen Dauer desselben und damit die gesunde natür¬
liche Grundlage eines fröhlichen künstlerischen Schaffens schenkte. Das erste
seiner bekannter gewordnen Bilder aus dieser berliner Zeit, Pausias mit Gly-
kera dem Blumenmädchen, entstand erst 1831 oder 1832. Die zwischen diesem
und seiner Rückkehr aus Italien liegenden Jahre sind durch Arbeiten anderer
Art ausgefüllt. Gestalten und Kompositionen, welche er als Vorbilder für die
Malereien der königlichen Porzellanmanufactur zu entwerfen beauftragt war,
ihren Gegenständen nach gleichfalls durchaus seiner Lieblingsrichtung entspre¬
chend, dabei mannigfaltig genug unter sich, Scenen heiteren südlichen Lebens¬
genusses, oder phantastischen indisch-orientalischen Fürstenpomps, anmuthige Alle¬
gorien und Gelegenheitspoesien in die ihm so wohl vertrauten Formen antiker
Mythengestalten gekleidet. Wenn solche Arbeiten ihm auch um so weniger
Volles Genüge schaffen konnten, als nicht einmal das Bekanntwerden des Na-


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erhebenden Genuß mit begeisterten Freunden überreichen Existenz im Hei-
mathlande der Schönheit gewann sein Talent die bestimmt ausgeprägte be¬
sondre Physiognomie, die es auch in seinen spätesten Schöpfungen noch un-
verkümmert bewahrt hat.

Das Ernste. Grandiose, Tragische lag seiner Natur durchaus fern, und
nicht die ungeheuern Gebilde von der Decke der sixtinischen Kapelle, sondern
die reine Schönheit, welche in den Gestalten der Fen'mesma verkörpert ist, und
die scherzende Grazie des Meisters der Domkuppel zu Parma haben wohl
auf seine Seele den stärksten und bestimmendsten Einfluß geäußert. Dieser
hat ihn auch gesichert gegen das neudeutsche Nazarenerthum, wie gegen die
Carton zeichnende Münchner Romantik, die noch in jener Zeit unter den deut¬
schen Malern in Italien ihre Opfer forderten. Er fühlte sich bereits zu hei¬
misch in der heitern hellenischen Geisteswelt, um von ihnen berührt zu werden,
und seine andächtige Liebe zum großen Meister des Helldunkels machte es ihm
unmöglich, die lebensvollste blühendste Götter- und Heroenwelt grau in grau
oder in Contour zu denken. Dem italienischen Aufenthalt sind die beiden
ersten wichtigeren Oelgemälde Kloebers erwachsen, in denen sich sein eigenstes
Wesen ausspricht, die „Toilette der Venus" (einmal für den Prinzen Heinrich
und später noch einmal für König Friedrich Wilhelm den Dritten gemalt) und
„Perseus und Andromeda", eine Concurrenzarbeit für den eben begründeten
berliner „Verein der Kunstfreunde im preußischen Staate".

Nach seiner Rückkehr 1828 beginnt für ihn in Berlin ein Leben voll un¬
unterbrochener schöpferischer Thätigkeit und nur von der langen Reihe schöner
künstlerischer Resultate, welche dieselbe ins Leben rief und von keinen eigent¬
lichen Schicksalswechseln und Ereignissen ist bis zum Ende desselben zu berich¬
ten. Es sei denn seine 1835 geschlossene Heirath, welche ihm die glücklichste
Häuslichkeit während der ganzen Dauer desselben und damit die gesunde natür¬
liche Grundlage eines fröhlichen künstlerischen Schaffens schenkte. Das erste
seiner bekannter gewordnen Bilder aus dieser berliner Zeit, Pausias mit Gly-
kera dem Blumenmädchen, entstand erst 1831 oder 1832. Die zwischen diesem
und seiner Rückkehr aus Italien liegenden Jahre sind durch Arbeiten anderer
Art ausgefüllt. Gestalten und Kompositionen, welche er als Vorbilder für die
Malereien der königlichen Porzellanmanufactur zu entwerfen beauftragt war,
ihren Gegenständen nach gleichfalls durchaus seiner Lieblingsrichtung entspre¬
chend, dabei mannigfaltig genug unter sich, Scenen heiteren südlichen Lebens¬
genusses, oder phantastischen indisch-orientalischen Fürstenpomps, anmuthige Alle¬
gorien und Gelegenheitspoesien in die ihm so wohl vertrauten Formen antiker
Mythengestalten gekleidet. Wenn solche Arbeiten ihm auch um so weniger
Volles Genüge schaffen konnten, als nicht einmal das Bekanntwerden des Na-


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[0545] erhebenden Genuß mit begeisterten Freunden überreichen Existenz im Hei- mathlande der Schönheit gewann sein Talent die bestimmt ausgeprägte be¬ sondre Physiognomie, die es auch in seinen spätesten Schöpfungen noch un- verkümmert bewahrt hat. Das Ernste. Grandiose, Tragische lag seiner Natur durchaus fern, und nicht die ungeheuern Gebilde von der Decke der sixtinischen Kapelle, sondern die reine Schönheit, welche in den Gestalten der Fen'mesma verkörpert ist, und die scherzende Grazie des Meisters der Domkuppel zu Parma haben wohl auf seine Seele den stärksten und bestimmendsten Einfluß geäußert. Dieser hat ihn auch gesichert gegen das neudeutsche Nazarenerthum, wie gegen die Carton zeichnende Münchner Romantik, die noch in jener Zeit unter den deut¬ schen Malern in Italien ihre Opfer forderten. Er fühlte sich bereits zu hei¬ misch in der heitern hellenischen Geisteswelt, um von ihnen berührt zu werden, und seine andächtige Liebe zum großen Meister des Helldunkels machte es ihm unmöglich, die lebensvollste blühendste Götter- und Heroenwelt grau in grau oder in Contour zu denken. Dem italienischen Aufenthalt sind die beiden ersten wichtigeren Oelgemälde Kloebers erwachsen, in denen sich sein eigenstes Wesen ausspricht, die „Toilette der Venus" (einmal für den Prinzen Heinrich und später noch einmal für König Friedrich Wilhelm den Dritten gemalt) und „Perseus und Andromeda", eine Concurrenzarbeit für den eben begründeten berliner „Verein der Kunstfreunde im preußischen Staate". Nach seiner Rückkehr 1828 beginnt für ihn in Berlin ein Leben voll un¬ unterbrochener schöpferischer Thätigkeit und nur von der langen Reihe schöner künstlerischer Resultate, welche dieselbe ins Leben rief und von keinen eigent¬ lichen Schicksalswechseln und Ereignissen ist bis zum Ende desselben zu berich¬ ten. Es sei denn seine 1835 geschlossene Heirath, welche ihm die glücklichste Häuslichkeit während der ganzen Dauer desselben und damit die gesunde natür¬ liche Grundlage eines fröhlichen künstlerischen Schaffens schenkte. Das erste seiner bekannter gewordnen Bilder aus dieser berliner Zeit, Pausias mit Gly- kera dem Blumenmädchen, entstand erst 1831 oder 1832. Die zwischen diesem und seiner Rückkehr aus Italien liegenden Jahre sind durch Arbeiten anderer Art ausgefüllt. Gestalten und Kompositionen, welche er als Vorbilder für die Malereien der königlichen Porzellanmanufactur zu entwerfen beauftragt war, ihren Gegenständen nach gleichfalls durchaus seiner Lieblingsrichtung entspre¬ chend, dabei mannigfaltig genug unter sich, Scenen heiteren südlichen Lebens¬ genusses, oder phantastischen indisch-orientalischen Fürstenpomps, anmuthige Alle¬ gorien und Gelegenheitspoesien in die ihm so wohl vertrauten Formen antiker Mythengestalten gekleidet. Wenn solche Arbeiten ihm auch um so weniger Volles Genüge schaffen konnten, als nicht einmal das Bekanntwerden des Na- 65*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/545>, abgerufen am 23.07.2024.