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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Fortschritte der gestimmten Medicin, und durch seine gedrängte, aber inhaltreiche
Darstellung der Frauenkrankheiten in Virchows Handbuch der Pathologie und
Therapie. In dieser Specialität hat er sowohl als klinischer Lehrer wie als
consultirender Arzt und College den Kranken und Aerzten in ganz Mecklenburg
und besonders in Rostock außerordentlich genützt. Man sah ihn daher mit
großem Bedauern um Ostern 1864 einem Rufe nach Bonn folgen. Sein Nach¬
folger Winckel, aus Martins Schule in Berlin, durch manche kleinere wissen¬
schaftliche Arbeiten bekannt, hat noch nicht Zeit gehabt sich so zu bewähren,
daß über seine Tüchtigkeit und Fähigkeit als Lehrer bereits ein entschiedenes
Urtheil festzustellen wäre. Außer seinem Specialfache befassen seine Vorträge
auch gerichtliche Medicin.

Die ordentlichen Professoren der Facultät, mit Ausnahme von Simon,
sind zugleich Mitglieder der Medicinalcommisfion zu Rostock, einer im Jahre
1830 zur Aufsicht über das gesammte Mcdicinalwesen im Lande eingesetzten
Behörde. Als außerordentliches Mitglied gehört derselben der Professor der
Chemie, und als Assessor mit consultativcm Votum ein Pharmaceut an. In
Verbindung mit dem Professor der Chemie bilden die sämmtlichen ordentlichen
Professoren der Facultät die Prüfungscvmmission sowohl für die erste Prüfung,
.welche die sogenannten Vorbereitungswissenschaften mit Einschluß der Anatomie,
Physiologie und Pharmakognosie umfaßt, als auch für das zweite, sogenannte
Doctorexamen. Letzteres ist sowohl theoretisch als praktisch und man darf
behaupten, daß die Anforderungen der Höhe der Wissenschaft entsprechen.
Die durchschnittliche Zahl der Doctorpromotionen war in den drei letzten
Jahren fünf.

Zum Eisatz für Bergmann ist der außerordentliche Professor Acker¬
mann, ein Mecklenburger von Geburt, zum Mitgliede der Medicinalcommisfion
ernannt worden. Er habilitirte sich im Jahre 1852 und wurde im Jahre
1869 außerordentlicher Professor. Er hat bis dahin hauptsächlich Pharmakologie
und eng-teris. mecliea, gelesen, auch allgemeine Pathologie und Therapie, neuer¬
dings auch gerichtliche Medicin. Durch experimentelle Forschungen und Arbeiten
im erstgenannten Fache (Beiträge zur Pharmakodynamik des Brechwcinsteins,
1868) und durch eine ihm vom Ministerium aufgetragene, sehr fleißig ge¬
arbeitete Monographie über die Chole-raepidemie des Jahres 1869 in Mecklen¬
burg-Schwerin ist er so bekannt geworden, daß er vor Kurzem für die Stelle
des Klinikers in Königsberg mit vorgeschlagen ward. Die Schrift über die
Choleraepidemie hat auch von Seiten der Kritik Anerkennung gefunden, wenn
gleich die darin aufgestellte bestimmte Verneinung der autochthonen Entstehung
der Krankheit auch in Bezug auf die in Mecklenburg vorliegende Erfahrung
noch sehr bedeutende Zweifel übrig läßt.

Außer dem schon genannten Privatdocenten Schulze gehört der Facultät


Fortschritte der gestimmten Medicin, und durch seine gedrängte, aber inhaltreiche
Darstellung der Frauenkrankheiten in Virchows Handbuch der Pathologie und
Therapie. In dieser Specialität hat er sowohl als klinischer Lehrer wie als
consultirender Arzt und College den Kranken und Aerzten in ganz Mecklenburg
und besonders in Rostock außerordentlich genützt. Man sah ihn daher mit
großem Bedauern um Ostern 1864 einem Rufe nach Bonn folgen. Sein Nach¬
folger Winckel, aus Martins Schule in Berlin, durch manche kleinere wissen¬
schaftliche Arbeiten bekannt, hat noch nicht Zeit gehabt sich so zu bewähren,
daß über seine Tüchtigkeit und Fähigkeit als Lehrer bereits ein entschiedenes
Urtheil festzustellen wäre. Außer seinem Specialfache befassen seine Vorträge
auch gerichtliche Medicin.

Die ordentlichen Professoren der Facultät, mit Ausnahme von Simon,
sind zugleich Mitglieder der Medicinalcommisfion zu Rostock, einer im Jahre
1830 zur Aufsicht über das gesammte Mcdicinalwesen im Lande eingesetzten
Behörde. Als außerordentliches Mitglied gehört derselben der Professor der
Chemie, und als Assessor mit consultativcm Votum ein Pharmaceut an. In
Verbindung mit dem Professor der Chemie bilden die sämmtlichen ordentlichen
Professoren der Facultät die Prüfungscvmmission sowohl für die erste Prüfung,
.welche die sogenannten Vorbereitungswissenschaften mit Einschluß der Anatomie,
Physiologie und Pharmakognosie umfaßt, als auch für das zweite, sogenannte
Doctorexamen. Letzteres ist sowohl theoretisch als praktisch und man darf
behaupten, daß die Anforderungen der Höhe der Wissenschaft entsprechen.
Die durchschnittliche Zahl der Doctorpromotionen war in den drei letzten
Jahren fünf.

Zum Eisatz für Bergmann ist der außerordentliche Professor Acker¬
mann, ein Mecklenburger von Geburt, zum Mitgliede der Medicinalcommisfion
ernannt worden. Er habilitirte sich im Jahre 1852 und wurde im Jahre
1869 außerordentlicher Professor. Er hat bis dahin hauptsächlich Pharmakologie
und eng-teris. mecliea, gelesen, auch allgemeine Pathologie und Therapie, neuer¬
dings auch gerichtliche Medicin. Durch experimentelle Forschungen und Arbeiten
im erstgenannten Fache (Beiträge zur Pharmakodynamik des Brechwcinsteins,
1868) und durch eine ihm vom Ministerium aufgetragene, sehr fleißig ge¬
arbeitete Monographie über die Chole-raepidemie des Jahres 1869 in Mecklen¬
burg-Schwerin ist er so bekannt geworden, daß er vor Kurzem für die Stelle
des Klinikers in Königsberg mit vorgeschlagen ward. Die Schrift über die
Choleraepidemie hat auch von Seiten der Kritik Anerkennung gefunden, wenn
gleich die darin aufgestellte bestimmte Verneinung der autochthonen Entstehung
der Krankheit auch in Bezug auf die in Mecklenburg vorliegende Erfahrung
noch sehr bedeutende Zweifel übrig läßt.

Außer dem schon genannten Privatdocenten Schulze gehört der Facultät


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/528>, abgerufen am 23.07.2024.