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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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welche, mit Lug und Trug gleichwie von einer Pest behaftet, um äußeren Han¬
delsgewinnes willen der christlichen Selbstlosigkeit untheilhaft seien, daher aus
der jungen Kirche ausgestoßen werden müßten, und er sagt, im Anschlusse an
die Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel: das Geld bedeutet die
Menschen, diese zeigen Gottes, jene des Kaisers Bildzeigen sie es nicht,
so sind sie unrichtig, rsprodati. (<Z<zor. oral. bist. 88. esp. 11. §> ü.)
Jrinocenz der Dritte bezeichnet in einem Briefe an den König von Arra-
gonien 1212 (Zecretal. II. 24. cap. 18) eine unrichtige Münze als solche,
welche geringer an Gehalt und Gewicht sei, als die gesetzmäßige (vera, le^i-
tima, pi-odata). Der hierin zu Tage tretende Fundamentalunterschied wurde
natürlich auf diejenigen angewendet, welche Münzen prägten, also auf die Obrig¬
keit und die Falschmünzer. Die erstere allein hatte von Natur das Prägerecht,
ein Anderer nur durch sie oder durch Gewohnheitsrecht. Daher verwerfen etliche
Kanonisier, die Prägung der kleinen italischen Republiken, Städte. Freiherrn,
andere billigen sie, weil sie als Legitimation eigner Landeshoheit Münzen ihres
Bildes schlügen. Selbst die berechtigten Regierungen indeß schienen, wie man
aus dem römischen und kirchlichen Rechte, nicht aber aus dem wirthschaftlichen
und Nechtszwange des Verkehrs herleitete, bei Ausübung ihres Prägerechts hin¬
sichtlich des Stoffes, der Form und des Werthes der Münzen an bestimmte
Vorschriften gebunden. Das Geld edlen Metalles durfte nicht -- abgesehen
von den Zeiten der Noth -- aus weniger edlem oder durch seine Mischung
verschlechterten Stoffe gefertigt werden, mußte bestimmte Form und Zeichen
ihres Gehaltes und Ursprungs tragen, und den dem ungeprägtem Metalle
gleicher Quantität entsprechenden, höchstens durch die Herstellungskosten vermehr¬
ten Werth ausdrücken.

Diesen Werth sollte nun die Regierung nach der im Verkehre zu Tage
tretenden Schätzung des Metalles bestimmen;'da indeß hierbei weder Zwang
noch Controle gegen sie zu üben war, so folgte daraus, daß die Regierung,
und nur sie, den Werth der Münzen bestimmte. Die Regierung konnte hierbei
natürlich so wenig wie in andern Punkten der Meinung ihrer Unterthanen,
den Resultaten des Marktverkehrs unterworfen sein, vielmehr war es Recht und
Pflicht der absoluten Herrschaft und unbegrenzten NegierungSvormundschaft, zu¬
mal im Sinne der kirchlichen Schriftsteller und des Papstthums, jenen Werth
des Geldes ebenso von oben her zu setzen, wie die Regierung den Preis der
im Verkehr umlaufenden Waaren durch Polizeitaxen vorschrieb und mit Zwang
durchführte. Hierdurch gestaltete sich der Geldwerth zwiefach unveränderlich,
einmal wegen seiner eigenen, zweitens wegen der Taxe der Waaren; letztere hätten
ohne Taxe der Obrigkeit das Geldfixum jeden Augenblick durch ihren schwan¬
kenden Preis illusorisch gemacht.

Diese wirthschaftlichen Grundsätze finden sich auch im lanonistischen


welche, mit Lug und Trug gleichwie von einer Pest behaftet, um äußeren Han¬
delsgewinnes willen der christlichen Selbstlosigkeit untheilhaft seien, daher aus
der jungen Kirche ausgestoßen werden müßten, und er sagt, im Anschlusse an
die Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel: das Geld bedeutet die
Menschen, diese zeigen Gottes, jene des Kaisers Bildzeigen sie es nicht,
so sind sie unrichtig, rsprodati. (<Z<zor. oral. bist. 88. esp. 11. §> ü.)
Jrinocenz der Dritte bezeichnet in einem Briefe an den König von Arra-
gonien 1212 (Zecretal. II. 24. cap. 18) eine unrichtige Münze als solche,
welche geringer an Gehalt und Gewicht sei, als die gesetzmäßige (vera, le^i-
tima, pi-odata). Der hierin zu Tage tretende Fundamentalunterschied wurde
natürlich auf diejenigen angewendet, welche Münzen prägten, also auf die Obrig¬
keit und die Falschmünzer. Die erstere allein hatte von Natur das Prägerecht,
ein Anderer nur durch sie oder durch Gewohnheitsrecht. Daher verwerfen etliche
Kanonisier, die Prägung der kleinen italischen Republiken, Städte. Freiherrn,
andere billigen sie, weil sie als Legitimation eigner Landeshoheit Münzen ihres
Bildes schlügen. Selbst die berechtigten Regierungen indeß schienen, wie man
aus dem römischen und kirchlichen Rechte, nicht aber aus dem wirthschaftlichen
und Nechtszwange des Verkehrs herleitete, bei Ausübung ihres Prägerechts hin¬
sichtlich des Stoffes, der Form und des Werthes der Münzen an bestimmte
Vorschriften gebunden. Das Geld edlen Metalles durfte nicht — abgesehen
von den Zeiten der Noth — aus weniger edlem oder durch seine Mischung
verschlechterten Stoffe gefertigt werden, mußte bestimmte Form und Zeichen
ihres Gehaltes und Ursprungs tragen, und den dem ungeprägtem Metalle
gleicher Quantität entsprechenden, höchstens durch die Herstellungskosten vermehr¬
ten Werth ausdrücken.

Diesen Werth sollte nun die Regierung nach der im Verkehre zu Tage
tretenden Schätzung des Metalles bestimmen;'da indeß hierbei weder Zwang
noch Controle gegen sie zu üben war, so folgte daraus, daß die Regierung,
und nur sie, den Werth der Münzen bestimmte. Die Regierung konnte hierbei
natürlich so wenig wie in andern Punkten der Meinung ihrer Unterthanen,
den Resultaten des Marktverkehrs unterworfen sein, vielmehr war es Recht und
Pflicht der absoluten Herrschaft und unbegrenzten NegierungSvormundschaft, zu¬
mal im Sinne der kirchlichen Schriftsteller und des Papstthums, jenen Werth
des Geldes ebenso von oben her zu setzen, wie die Regierung den Preis der
im Verkehr umlaufenden Waaren durch Polizeitaxen vorschrieb und mit Zwang
durchführte. Hierdurch gestaltete sich der Geldwerth zwiefach unveränderlich,
einmal wegen seiner eigenen, zweitens wegen der Taxe der Waaren; letztere hätten
ohne Taxe der Obrigkeit das Geldfixum jeden Augenblick durch ihren schwan¬
kenden Preis illusorisch gemacht.

Diese wirthschaftlichen Grundsätze finden sich auch im lanonistischen


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[0456] welche, mit Lug und Trug gleichwie von einer Pest behaftet, um äußeren Han¬ delsgewinnes willen der christlichen Selbstlosigkeit untheilhaft seien, daher aus der jungen Kirche ausgestoßen werden müßten, und er sagt, im Anschlusse an die Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel: das Geld bedeutet die Menschen, diese zeigen Gottes, jene des Kaisers Bildzeigen sie es nicht, so sind sie unrichtig, rsprodati. (<Z<zor. oral. bist. 88. esp. 11. §> ü.) Jrinocenz der Dritte bezeichnet in einem Briefe an den König von Arra- gonien 1212 (Zecretal. II. 24. cap. 18) eine unrichtige Münze als solche, welche geringer an Gehalt und Gewicht sei, als die gesetzmäßige (vera, le^i- tima, pi-odata). Der hierin zu Tage tretende Fundamentalunterschied wurde natürlich auf diejenigen angewendet, welche Münzen prägten, also auf die Obrig¬ keit und die Falschmünzer. Die erstere allein hatte von Natur das Prägerecht, ein Anderer nur durch sie oder durch Gewohnheitsrecht. Daher verwerfen etliche Kanonisier, die Prägung der kleinen italischen Republiken, Städte. Freiherrn, andere billigen sie, weil sie als Legitimation eigner Landeshoheit Münzen ihres Bildes schlügen. Selbst die berechtigten Regierungen indeß schienen, wie man aus dem römischen und kirchlichen Rechte, nicht aber aus dem wirthschaftlichen und Nechtszwange des Verkehrs herleitete, bei Ausübung ihres Prägerechts hin¬ sichtlich des Stoffes, der Form und des Werthes der Münzen an bestimmte Vorschriften gebunden. Das Geld edlen Metalles durfte nicht — abgesehen von den Zeiten der Noth — aus weniger edlem oder durch seine Mischung verschlechterten Stoffe gefertigt werden, mußte bestimmte Form und Zeichen ihres Gehaltes und Ursprungs tragen, und den dem ungeprägtem Metalle gleicher Quantität entsprechenden, höchstens durch die Herstellungskosten vermehr¬ ten Werth ausdrücken. Diesen Werth sollte nun die Regierung nach der im Verkehre zu Tage tretenden Schätzung des Metalles bestimmen;'da indeß hierbei weder Zwang noch Controle gegen sie zu üben war, so folgte daraus, daß die Regierung, und nur sie, den Werth der Münzen bestimmte. Die Regierung konnte hierbei natürlich so wenig wie in andern Punkten der Meinung ihrer Unterthanen, den Resultaten des Marktverkehrs unterworfen sein, vielmehr war es Recht und Pflicht der absoluten Herrschaft und unbegrenzten NegierungSvormundschaft, zu¬ mal im Sinne der kirchlichen Schriftsteller und des Papstthums, jenen Werth des Geldes ebenso von oben her zu setzen, wie die Regierung den Preis der im Verkehr umlaufenden Waaren durch Polizeitaxen vorschrieb und mit Zwang durchführte. Hierdurch gestaltete sich der Geldwerth zwiefach unveränderlich, einmal wegen seiner eigenen, zweitens wegen der Taxe der Waaren; letztere hätten ohne Taxe der Obrigkeit das Geldfixum jeden Augenblick durch ihren schwan¬ kenden Preis illusorisch gemacht. Diese wirthschaftlichen Grundsätze finden sich auch im lanonistischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/456>, abgerufen am 23.07.2024.