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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Verstärkung ihrer Wirkung für deren Abdruck. Bereits in der "Rostocker Zei¬
tung" vom Is. März 1848 ward sie nach ihrem vollständigen Wortlaut zur
öffentlichen Kunde gebracht.

Die neue politische Aera. an deren Herbeiführung Rector und Concilium
sich durch diesen Schritt thätig betheiligten, hatte für die Universität zunächst die
Folge, daß durch Regierungsrescript vom 27. März die Stelle eines Re¬
gierungsbevollmächtigter eingezogen und zugleich alle übrigen auf den Bundes¬
beschluß vom 20. Sept. 1819 gegründeten Bestimmungen der Universitätsgesetz¬
gebung aufgehoben wurden. Durch ein anderes Rescript vom 4. April 1849
wurden noch manche anderweitige politische Beschränkungen in den Universitäts¬
statuten und in den Disciplinarstatuten für die Studirenden, welche aus dem
Bundesbeschluß vom 13. Nov. 1834 ihr Dasein ableiteten, beseitigt. Von den
Professoren betheiligten sich einzelne sehr lebhast an den freiheitlichen Bestre¬
bungen jener Zeit. Türk, Wilbrandt und Julius Wiggers wurden zu
Abgeordneten für die mecklenburgische constituirende Versammlung gewählt, welche
im October 1848 in Schwerin zusammentrat; Thöl ging als Abgeordneter
zur Nationalversammlung in Frankfurt a. M. Andere betheiligten sich in Ver¬
sammlungen und Vereinen, sowie in der Presse an der Verhandlung politischer
Fragen. Letzteres geschah namentlich von Seiten des außerordentlichen Pro¬
fessor der Geschichte Hegel, welcher durck seine in der "Rostocker Zeitung"
veröffentlichten Aufsätze über die Zeitbewegung und die Formen des zu
schaffenden constitutionellen Staats die Aufmerksamkeit der Negierung auf
sich zog und infolge dessen aus ein Jahr nach Schwerin berufen und mit der
Redaction der neubegründeten "Mecklenburgischen Zeitung", des damaligen
Ministeriellen Blattes, beauftragt ward. Zur Belohnung seiner Dienste erhielt
er gleichzeitig eine ordentliche Professur. Dem bis dahin nur titulären
Professor Julius Wiggers ward, nachdem er am 30. Sept. 1848 in
Rostock fast einstimmig zum Abgeordneten gewählt war, unter dem 12. Octo¬
ber. also fast unmittelbar nachdem die Nachricht von diesem Wahlergebniß
in Schwerin eingetroffen war, eine wirkliche außerordentliche Professur mit
Gehalt verliehen. Er nebst Türk und Wilbrandt wurden später auch
für den ersten ordentlichen Landtag, der nach Verkündigung des constitu¬
tionellen Staatsgrundgesetzes im Februar 18S0 in Schwerin zusammentrat.
Wiederum zu Abgeordneten gewählt. Die Regierung war so weit entfernt, an
der politischen Thätigkeit der Universitätslehrer Anstoß zu nehmen, daß sie,
wie die aufgeführten beiden Fälle beweisen, dieselbe sogar durch Beförderungen
ermunterte, welche auch solchen Männern zu Theil wurde, die. wie Julius
Wiggers, bereits öffentlich als Anhänger einer gründlichen, im freiheitlichen
Sinne auszuführenden Umgestaltung der feudalen Landesverfassung hervorgetre¬
tn waren. Auch der Vicekanzler schenkte den auf Herbeiführung einer con-


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Verstärkung ihrer Wirkung für deren Abdruck. Bereits in der „Rostocker Zei¬
tung" vom Is. März 1848 ward sie nach ihrem vollständigen Wortlaut zur
öffentlichen Kunde gebracht.

Die neue politische Aera. an deren Herbeiführung Rector und Concilium
sich durch diesen Schritt thätig betheiligten, hatte für die Universität zunächst die
Folge, daß durch Regierungsrescript vom 27. März die Stelle eines Re¬
gierungsbevollmächtigter eingezogen und zugleich alle übrigen auf den Bundes¬
beschluß vom 20. Sept. 1819 gegründeten Bestimmungen der Universitätsgesetz¬
gebung aufgehoben wurden. Durch ein anderes Rescript vom 4. April 1849
wurden noch manche anderweitige politische Beschränkungen in den Universitäts¬
statuten und in den Disciplinarstatuten für die Studirenden, welche aus dem
Bundesbeschluß vom 13. Nov. 1834 ihr Dasein ableiteten, beseitigt. Von den
Professoren betheiligten sich einzelne sehr lebhast an den freiheitlichen Bestre¬
bungen jener Zeit. Türk, Wilbrandt und Julius Wiggers wurden zu
Abgeordneten für die mecklenburgische constituirende Versammlung gewählt, welche
im October 1848 in Schwerin zusammentrat; Thöl ging als Abgeordneter
zur Nationalversammlung in Frankfurt a. M. Andere betheiligten sich in Ver¬
sammlungen und Vereinen, sowie in der Presse an der Verhandlung politischer
Fragen. Letzteres geschah namentlich von Seiten des außerordentlichen Pro¬
fessor der Geschichte Hegel, welcher durck seine in der „Rostocker Zeitung"
veröffentlichten Aufsätze über die Zeitbewegung und die Formen des zu
schaffenden constitutionellen Staats die Aufmerksamkeit der Negierung auf
sich zog und infolge dessen aus ein Jahr nach Schwerin berufen und mit der
Redaction der neubegründeten „Mecklenburgischen Zeitung", des damaligen
Ministeriellen Blattes, beauftragt ward. Zur Belohnung seiner Dienste erhielt
er gleichzeitig eine ordentliche Professur. Dem bis dahin nur titulären
Professor Julius Wiggers ward, nachdem er am 30. Sept. 1848 in
Rostock fast einstimmig zum Abgeordneten gewählt war, unter dem 12. Octo¬
ber. also fast unmittelbar nachdem die Nachricht von diesem Wahlergebniß
in Schwerin eingetroffen war, eine wirkliche außerordentliche Professur mit
Gehalt verliehen. Er nebst Türk und Wilbrandt wurden später auch
für den ersten ordentlichen Landtag, der nach Verkündigung des constitu¬
tionellen Staatsgrundgesetzes im Februar 18S0 in Schwerin zusammentrat.
Wiederum zu Abgeordneten gewählt. Die Regierung war so weit entfernt, an
der politischen Thätigkeit der Universitätslehrer Anstoß zu nehmen, daß sie,
wie die aufgeführten beiden Fälle beweisen, dieselbe sogar durch Beförderungen
ermunterte, welche auch solchen Männern zu Theil wurde, die. wie Julius
Wiggers, bereits öffentlich als Anhänger einer gründlichen, im freiheitlichen
Sinne auszuführenden Umgestaltung der feudalen Landesverfassung hervorgetre¬
tn waren. Auch der Vicekanzler schenkte den auf Herbeiführung einer con-


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[0445] Verstärkung ihrer Wirkung für deren Abdruck. Bereits in der „Rostocker Zei¬ tung" vom Is. März 1848 ward sie nach ihrem vollständigen Wortlaut zur öffentlichen Kunde gebracht. Die neue politische Aera. an deren Herbeiführung Rector und Concilium sich durch diesen Schritt thätig betheiligten, hatte für die Universität zunächst die Folge, daß durch Regierungsrescript vom 27. März die Stelle eines Re¬ gierungsbevollmächtigter eingezogen und zugleich alle übrigen auf den Bundes¬ beschluß vom 20. Sept. 1819 gegründeten Bestimmungen der Universitätsgesetz¬ gebung aufgehoben wurden. Durch ein anderes Rescript vom 4. April 1849 wurden noch manche anderweitige politische Beschränkungen in den Universitäts¬ statuten und in den Disciplinarstatuten für die Studirenden, welche aus dem Bundesbeschluß vom 13. Nov. 1834 ihr Dasein ableiteten, beseitigt. Von den Professoren betheiligten sich einzelne sehr lebhast an den freiheitlichen Bestre¬ bungen jener Zeit. Türk, Wilbrandt und Julius Wiggers wurden zu Abgeordneten für die mecklenburgische constituirende Versammlung gewählt, welche im October 1848 in Schwerin zusammentrat; Thöl ging als Abgeordneter zur Nationalversammlung in Frankfurt a. M. Andere betheiligten sich in Ver¬ sammlungen und Vereinen, sowie in der Presse an der Verhandlung politischer Fragen. Letzteres geschah namentlich von Seiten des außerordentlichen Pro¬ fessor der Geschichte Hegel, welcher durck seine in der „Rostocker Zeitung" veröffentlichten Aufsätze über die Zeitbewegung und die Formen des zu schaffenden constitutionellen Staats die Aufmerksamkeit der Negierung auf sich zog und infolge dessen aus ein Jahr nach Schwerin berufen und mit der Redaction der neubegründeten „Mecklenburgischen Zeitung", des damaligen Ministeriellen Blattes, beauftragt ward. Zur Belohnung seiner Dienste erhielt er gleichzeitig eine ordentliche Professur. Dem bis dahin nur titulären Professor Julius Wiggers ward, nachdem er am 30. Sept. 1848 in Rostock fast einstimmig zum Abgeordneten gewählt war, unter dem 12. Octo¬ ber. also fast unmittelbar nachdem die Nachricht von diesem Wahlergebniß in Schwerin eingetroffen war, eine wirkliche außerordentliche Professur mit Gehalt verliehen. Er nebst Türk und Wilbrandt wurden später auch für den ersten ordentlichen Landtag, der nach Verkündigung des constitu¬ tionellen Staatsgrundgesetzes im Februar 18S0 in Schwerin zusammentrat. Wiederum zu Abgeordneten gewählt. Die Regierung war so weit entfernt, an der politischen Thätigkeit der Universitätslehrer Anstoß zu nehmen, daß sie, wie die aufgeführten beiden Fälle beweisen, dieselbe sogar durch Beförderungen ermunterte, welche auch solchen Männern zu Theil wurde, die. wie Julius Wiggers, bereits öffentlich als Anhänger einer gründlichen, im freiheitlichen Sinne auszuführenden Umgestaltung der feudalen Landesverfassung hervorgetre¬ tn waren. Auch der Vicekanzler schenkte den auf Herbeiführung einer con- 63*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/445>, abgerufen am 23.07.2024.