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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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die Handhabung der für die Studirenden geltenden Disciplinarstatuten u. s. w.
Der Syndikus der Universität wird vom gesammten Concilium aus den ordent¬
lichen Professoren der Juristenfacultät und zwar gleich dem aLSSWor xsrxewus
auf Lebenszeit gewählt, wobei die Landesregierung ein Genehmigungsrecht übt.
Processe kann die Universität als Kläger nur mit vorgängiger Einwilligung der
Landesregierung führen. Ohne Genehmigung der letzteren darf kein akademischer
Lehrer Vorlesungen über Wissenschaften halten, die zu dem Lehrgebiet einer
andern Facultät gehören; doch werden einzelne Lehrfächer als gemeinschaftliches
Gebiet von zwei Facultäten bezeichnet. Für die Wahl und Ernennung der
ordentlichen Professoren normiren folgende Vorschriften: Die Facultät. bei wel¬
cher eine Professur erledigt ist, schlägt dem Concilium sechs Gelehrte vor, aus
welchen dieses, mit Ausschluß der Mitglieder der betreffenden Facultät, drei
auswählt und der Landesregierung präsentirt. Doch haben diese Vorschläge
nur den Werth einer Empfehlung, und die Landesregierung ist bei der Wieder¬
besetzung der Professur auf die in Vorschlag gebrachten Gelehrten nicht beschränkt.
Auch hat das Concilium das Recht, außer den ausgewählten drei Präsentaten
noch einen oder den anderen Gelehrten der Landesregierung zur Berücksichtigung
bei der Wiederbesetzung der Stelle zu empfehlen. Wer als Privatdocent zu¬
gelassen zu werden wünscht, hat sich mit einem hierauf gerichteten Gesuche an
die Regierungsbehörde zu wenden und sich über seine persönlichen Verhältnisse
auszuweisen, auch, wenn er in den Wissenschaften zu unterrichten beabsichtigt,
deren Studium zur Vorbereitung auf den Staatsdienst gehört, darzuthun, daß
er sich auf dem für den wirklichen Dienst vorgezeichneten Vorbereitungswege
damit vertraut gemacht habe. Die Erlaubniß, Vorlesungen zu halten, kann
demjenigen, welcher in Rostock studirt hat. nicht vor Ablauf von zwei Jahren
seit seinem Abgange von der Universität ertheilt werden. Der Verlauf der
Habilitation ist dann folgender: Die Landesregierung erläßt nach Befinden den
Befehl zur Prüfung des Candidaten, welcher nach bestandener Prüfung noch
eine öffentliche Disputation zu halten hat. Nachdem die Facultät über das Re¬
sultat der Prüfung an die Landesregierung berichtet und bei dieser die immer
nur mit dem Vorbehalt des freien Widerrufs erfolgende Genehmigung
erwirkt hat, ertheilt sie die Erlaubniß. Vorlesungen zu halten.

Um eben die Zeit, wo diese Reorganisationen erfolgten, trat innerhalb
der Mitglieder des Conciliums ein Gegensatz hervor, der bald zu mächtigen
Reibungen und Zerwürfnissen führen sollte. Seinen Ausgangspunkt hatte der¬
selbe in der neu aufkeimenden kirchlichen Richtung, welche unter Kliefoths be¬
ginnendem Einflüsse auch am Sitze der Regierung schon anfing sich die Wege
zur Herrschaft zu bahnen. Damit verbanden sich aber zugleich manche ander¬
weitige wissenschaftliche, auch wohl persönliche Gegensätze, welche den aus¬
brechenden Kampf zu einem Kampf zwischen dem älteren und dem jüngeren


Grenzboten I. 1866. 47

die Handhabung der für die Studirenden geltenden Disciplinarstatuten u. s. w.
Der Syndikus der Universität wird vom gesammten Concilium aus den ordent¬
lichen Professoren der Juristenfacultät und zwar gleich dem aLSSWor xsrxewus
auf Lebenszeit gewählt, wobei die Landesregierung ein Genehmigungsrecht übt.
Processe kann die Universität als Kläger nur mit vorgängiger Einwilligung der
Landesregierung führen. Ohne Genehmigung der letzteren darf kein akademischer
Lehrer Vorlesungen über Wissenschaften halten, die zu dem Lehrgebiet einer
andern Facultät gehören; doch werden einzelne Lehrfächer als gemeinschaftliches
Gebiet von zwei Facultäten bezeichnet. Für die Wahl und Ernennung der
ordentlichen Professoren normiren folgende Vorschriften: Die Facultät. bei wel¬
cher eine Professur erledigt ist, schlägt dem Concilium sechs Gelehrte vor, aus
welchen dieses, mit Ausschluß der Mitglieder der betreffenden Facultät, drei
auswählt und der Landesregierung präsentirt. Doch haben diese Vorschläge
nur den Werth einer Empfehlung, und die Landesregierung ist bei der Wieder¬
besetzung der Professur auf die in Vorschlag gebrachten Gelehrten nicht beschränkt.
Auch hat das Concilium das Recht, außer den ausgewählten drei Präsentaten
noch einen oder den anderen Gelehrten der Landesregierung zur Berücksichtigung
bei der Wiederbesetzung der Stelle zu empfehlen. Wer als Privatdocent zu¬
gelassen zu werden wünscht, hat sich mit einem hierauf gerichteten Gesuche an
die Regierungsbehörde zu wenden und sich über seine persönlichen Verhältnisse
auszuweisen, auch, wenn er in den Wissenschaften zu unterrichten beabsichtigt,
deren Studium zur Vorbereitung auf den Staatsdienst gehört, darzuthun, daß
er sich auf dem für den wirklichen Dienst vorgezeichneten Vorbereitungswege
damit vertraut gemacht habe. Die Erlaubniß, Vorlesungen zu halten, kann
demjenigen, welcher in Rostock studirt hat. nicht vor Ablauf von zwei Jahren
seit seinem Abgange von der Universität ertheilt werden. Der Verlauf der
Habilitation ist dann folgender: Die Landesregierung erläßt nach Befinden den
Befehl zur Prüfung des Candidaten, welcher nach bestandener Prüfung noch
eine öffentliche Disputation zu halten hat. Nachdem die Facultät über das Re¬
sultat der Prüfung an die Landesregierung berichtet und bei dieser die immer
nur mit dem Vorbehalt des freien Widerrufs erfolgende Genehmigung
erwirkt hat, ertheilt sie die Erlaubniß. Vorlesungen zu halten.

Um eben die Zeit, wo diese Reorganisationen erfolgten, trat innerhalb
der Mitglieder des Conciliums ein Gegensatz hervor, der bald zu mächtigen
Reibungen und Zerwürfnissen führen sollte. Seinen Ausgangspunkt hatte der¬
selbe in der neu aufkeimenden kirchlichen Richtung, welche unter Kliefoths be¬
ginnendem Einflüsse auch am Sitze der Regierung schon anfing sich die Wege
zur Herrschaft zu bahnen. Damit verbanden sich aber zugleich manche ander¬
weitige wissenschaftliche, auch wohl persönliche Gegensätze, welche den aus¬
brechenden Kampf zu einem Kampf zwischen dem älteren und dem jüngeren


Grenzboten I. 1866. 47
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[0393] die Handhabung der für die Studirenden geltenden Disciplinarstatuten u. s. w. Der Syndikus der Universität wird vom gesammten Concilium aus den ordent¬ lichen Professoren der Juristenfacultät und zwar gleich dem aLSSWor xsrxewus auf Lebenszeit gewählt, wobei die Landesregierung ein Genehmigungsrecht übt. Processe kann die Universität als Kläger nur mit vorgängiger Einwilligung der Landesregierung führen. Ohne Genehmigung der letzteren darf kein akademischer Lehrer Vorlesungen über Wissenschaften halten, die zu dem Lehrgebiet einer andern Facultät gehören; doch werden einzelne Lehrfächer als gemeinschaftliches Gebiet von zwei Facultäten bezeichnet. Für die Wahl und Ernennung der ordentlichen Professoren normiren folgende Vorschriften: Die Facultät. bei wel¬ cher eine Professur erledigt ist, schlägt dem Concilium sechs Gelehrte vor, aus welchen dieses, mit Ausschluß der Mitglieder der betreffenden Facultät, drei auswählt und der Landesregierung präsentirt. Doch haben diese Vorschläge nur den Werth einer Empfehlung, und die Landesregierung ist bei der Wieder¬ besetzung der Professur auf die in Vorschlag gebrachten Gelehrten nicht beschränkt. Auch hat das Concilium das Recht, außer den ausgewählten drei Präsentaten noch einen oder den anderen Gelehrten der Landesregierung zur Berücksichtigung bei der Wiederbesetzung der Stelle zu empfehlen. Wer als Privatdocent zu¬ gelassen zu werden wünscht, hat sich mit einem hierauf gerichteten Gesuche an die Regierungsbehörde zu wenden und sich über seine persönlichen Verhältnisse auszuweisen, auch, wenn er in den Wissenschaften zu unterrichten beabsichtigt, deren Studium zur Vorbereitung auf den Staatsdienst gehört, darzuthun, daß er sich auf dem für den wirklichen Dienst vorgezeichneten Vorbereitungswege damit vertraut gemacht habe. Die Erlaubniß, Vorlesungen zu halten, kann demjenigen, welcher in Rostock studirt hat. nicht vor Ablauf von zwei Jahren seit seinem Abgange von der Universität ertheilt werden. Der Verlauf der Habilitation ist dann folgender: Die Landesregierung erläßt nach Befinden den Befehl zur Prüfung des Candidaten, welcher nach bestandener Prüfung noch eine öffentliche Disputation zu halten hat. Nachdem die Facultät über das Re¬ sultat der Prüfung an die Landesregierung berichtet und bei dieser die immer nur mit dem Vorbehalt des freien Widerrufs erfolgende Genehmigung erwirkt hat, ertheilt sie die Erlaubniß. Vorlesungen zu halten. Um eben die Zeit, wo diese Reorganisationen erfolgten, trat innerhalb der Mitglieder des Conciliums ein Gegensatz hervor, der bald zu mächtigen Reibungen und Zerwürfnissen führen sollte. Seinen Ausgangspunkt hatte der¬ selbe in der neu aufkeimenden kirchlichen Richtung, welche unter Kliefoths be¬ ginnendem Einflüsse auch am Sitze der Regierung schon anfing sich die Wege zur Herrschaft zu bahnen. Damit verbanden sich aber zugleich manche ander¬ weitige wissenschaftliche, auch wohl persönliche Gegensätze, welche den aus¬ brechenden Kampf zu einem Kampf zwischen dem älteren und dem jüngeren Grenzboten I. 1866. 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/393>, abgerufen am 23.07.2024.