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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Meyer, einem nahen Verwandten Krautes, einigen Anhang. Doch traten
diese die Existenz der Universität bedrohenden Gedanken niemals offen hervor;
sie bewegten sich nur hinter der Bühne, in den Grenzen halbverstohlener Mei¬
nungsäußerungen. Sie wirkten aber doch den Wünschen und Bestrebungen
des Vicekanzlcrs vielfach hemmend und abschwächend entgegen und setzten seine
Geduld oftmals auf harte Proben. Unter dem Ministerium, welches die Wieder¬
herstellung der feudalen Landesverfassung zu seiner Aufgabe erkoren hatte, ist
zwar die Gefahr einer Aufhebung der Universität, wie es scheint, gänzlich ver¬
schwunden. Schon das hohe Alter der Universität würde demselben viel zu
ehrwürdig erscheinen, als daß es sich zu einem solchen Act entschließen sollte.
Statt dessen aber verlangt die feudale Partei von der Universität, daß sie die
Jugend des Landes für ihre Zwecke bearbeite und zurichte, und bedroht von
dieser Seite die Lehranstalt in den Wurzeln ihrer Lebenskraft. Bei der freieren
Anschauung von dem Wesen und der Würde der Wissenschaft, welche man be¬
rechtigt ist! dem Vicekanzler beizumessen, wird man annehmen dürfen, daß er
seitdem auch häufig sein Amt mit seinen Neigungen nicht in Einklang gesunden
hat und daß es nur seinen bureaukratischen Gewohnheiten, vielleicht auch seiner
großen Anhänglichkeit an die Lehranstalt zuzuschreiben ist, wenn er einen Posten
noch nicht aufgegeben hat, welcher von einem freigesinnten Mann unter einem
Regiment, wie es seit dem Jahre 1860 besteht, wohl fast zu große Opfer der
Selbstverläugnung fordert.

Der Anfang der unter v. Boths Einfluß und Mitwirkung auf die Uni¬
versitätsverhältnisse gerichteten reorganisirenden Thätigkeit bildete eine Regelung
der Universitätsfinanzen und die damit verbundene Aufstellung eines Etats der
Einnahme und Ausgabe. Der jährliche Aufwand, welchen die großherzogliche
Kasse für die Universität und die zu derselben gehörigen Anstalten leisten sollte,
ward auf ungefähr 40,000 Thlr. normirt. Einbegriffen darin war eine Summe
von 3,300 Thlr. aus gewissen Hebungen, die ursprünglich zu dem Dotalvermö-
gen der Universität gehörten. Außerdem hat die Universität noch ein eigenes
Vermögen, welches nach verschiedenen Verwendungen für Bauten und sonstige
Zwecke der Universität 63,000 Thlr. beträgt, wozu noch einige Hebungen an
Renten so wie die in der Stadt belegenen akademischen Grundstücke kommen.
Für die Verwaltung dieses Vermögens ward am 17. Juni 1834 eine großher¬
zogliche "Jmmediatcommission" eingesetzt, bestehend aus einem großherzoglichen
Commissarius (v. Both) und einem Deputaten der Universität. Die verschiede¬
nen Kassen, mit Ausnahme des Stipendienfonds und der Profcssorenwittwen-
kasse, wurden zu einer "Universitätskasse" vereinigt, deren Verwaltung nach
Maßgabe eines von der Regierungsbehörde alljährlich zu genehmigenden Etats
geschieht. Durch diese Einrichtung verlor die Universität die ihr bis dahin zu¬
ständig gewesene eigene Verwaltung ihres Vermögens.


Meyer, einem nahen Verwandten Krautes, einigen Anhang. Doch traten
diese die Existenz der Universität bedrohenden Gedanken niemals offen hervor;
sie bewegten sich nur hinter der Bühne, in den Grenzen halbverstohlener Mei¬
nungsäußerungen. Sie wirkten aber doch den Wünschen und Bestrebungen
des Vicekanzlcrs vielfach hemmend und abschwächend entgegen und setzten seine
Geduld oftmals auf harte Proben. Unter dem Ministerium, welches die Wieder¬
herstellung der feudalen Landesverfassung zu seiner Aufgabe erkoren hatte, ist
zwar die Gefahr einer Aufhebung der Universität, wie es scheint, gänzlich ver¬
schwunden. Schon das hohe Alter der Universität würde demselben viel zu
ehrwürdig erscheinen, als daß es sich zu einem solchen Act entschließen sollte.
Statt dessen aber verlangt die feudale Partei von der Universität, daß sie die
Jugend des Landes für ihre Zwecke bearbeite und zurichte, und bedroht von
dieser Seite die Lehranstalt in den Wurzeln ihrer Lebenskraft. Bei der freieren
Anschauung von dem Wesen und der Würde der Wissenschaft, welche man be¬
rechtigt ist! dem Vicekanzler beizumessen, wird man annehmen dürfen, daß er
seitdem auch häufig sein Amt mit seinen Neigungen nicht in Einklang gesunden
hat und daß es nur seinen bureaukratischen Gewohnheiten, vielleicht auch seiner
großen Anhänglichkeit an die Lehranstalt zuzuschreiben ist, wenn er einen Posten
noch nicht aufgegeben hat, welcher von einem freigesinnten Mann unter einem
Regiment, wie es seit dem Jahre 1860 besteht, wohl fast zu große Opfer der
Selbstverläugnung fordert.

Der Anfang der unter v. Boths Einfluß und Mitwirkung auf die Uni¬
versitätsverhältnisse gerichteten reorganisirenden Thätigkeit bildete eine Regelung
der Universitätsfinanzen und die damit verbundene Aufstellung eines Etats der
Einnahme und Ausgabe. Der jährliche Aufwand, welchen die großherzogliche
Kasse für die Universität und die zu derselben gehörigen Anstalten leisten sollte,
ward auf ungefähr 40,000 Thlr. normirt. Einbegriffen darin war eine Summe
von 3,300 Thlr. aus gewissen Hebungen, die ursprünglich zu dem Dotalvermö-
gen der Universität gehörten. Außerdem hat die Universität noch ein eigenes
Vermögen, welches nach verschiedenen Verwendungen für Bauten und sonstige
Zwecke der Universität 63,000 Thlr. beträgt, wozu noch einige Hebungen an
Renten so wie die in der Stadt belegenen akademischen Grundstücke kommen.
Für die Verwaltung dieses Vermögens ward am 17. Juni 1834 eine großher¬
zogliche „Jmmediatcommission" eingesetzt, bestehend aus einem großherzoglichen
Commissarius (v. Both) und einem Deputaten der Universität. Die verschiede¬
nen Kassen, mit Ausnahme des Stipendienfonds und der Profcssorenwittwen-
kasse, wurden zu einer „Universitätskasse" vereinigt, deren Verwaltung nach
Maßgabe eines von der Regierungsbehörde alljährlich zu genehmigenden Etats
geschieht. Durch diese Einrichtung verlor die Universität die ihr bis dahin zu¬
ständig gewesene eigene Verwaltung ihres Vermögens.


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[0391] Meyer, einem nahen Verwandten Krautes, einigen Anhang. Doch traten diese die Existenz der Universität bedrohenden Gedanken niemals offen hervor; sie bewegten sich nur hinter der Bühne, in den Grenzen halbverstohlener Mei¬ nungsäußerungen. Sie wirkten aber doch den Wünschen und Bestrebungen des Vicekanzlcrs vielfach hemmend und abschwächend entgegen und setzten seine Geduld oftmals auf harte Proben. Unter dem Ministerium, welches die Wieder¬ herstellung der feudalen Landesverfassung zu seiner Aufgabe erkoren hatte, ist zwar die Gefahr einer Aufhebung der Universität, wie es scheint, gänzlich ver¬ schwunden. Schon das hohe Alter der Universität würde demselben viel zu ehrwürdig erscheinen, als daß es sich zu einem solchen Act entschließen sollte. Statt dessen aber verlangt die feudale Partei von der Universität, daß sie die Jugend des Landes für ihre Zwecke bearbeite und zurichte, und bedroht von dieser Seite die Lehranstalt in den Wurzeln ihrer Lebenskraft. Bei der freieren Anschauung von dem Wesen und der Würde der Wissenschaft, welche man be¬ rechtigt ist! dem Vicekanzler beizumessen, wird man annehmen dürfen, daß er seitdem auch häufig sein Amt mit seinen Neigungen nicht in Einklang gesunden hat und daß es nur seinen bureaukratischen Gewohnheiten, vielleicht auch seiner großen Anhänglichkeit an die Lehranstalt zuzuschreiben ist, wenn er einen Posten noch nicht aufgegeben hat, welcher von einem freigesinnten Mann unter einem Regiment, wie es seit dem Jahre 1860 besteht, wohl fast zu große Opfer der Selbstverläugnung fordert. Der Anfang der unter v. Boths Einfluß und Mitwirkung auf die Uni¬ versitätsverhältnisse gerichteten reorganisirenden Thätigkeit bildete eine Regelung der Universitätsfinanzen und die damit verbundene Aufstellung eines Etats der Einnahme und Ausgabe. Der jährliche Aufwand, welchen die großherzogliche Kasse für die Universität und die zu derselben gehörigen Anstalten leisten sollte, ward auf ungefähr 40,000 Thlr. normirt. Einbegriffen darin war eine Summe von 3,300 Thlr. aus gewissen Hebungen, die ursprünglich zu dem Dotalvermö- gen der Universität gehörten. Außerdem hat die Universität noch ein eigenes Vermögen, welches nach verschiedenen Verwendungen für Bauten und sonstige Zwecke der Universität 63,000 Thlr. beträgt, wozu noch einige Hebungen an Renten so wie die in der Stadt belegenen akademischen Grundstücke kommen. Für die Verwaltung dieses Vermögens ward am 17. Juni 1834 eine großher¬ zogliche „Jmmediatcommission" eingesetzt, bestehend aus einem großherzoglichen Commissarius (v. Both) und einem Deputaten der Universität. Die verschiede¬ nen Kassen, mit Ausnahme des Stipendienfonds und der Profcssorenwittwen- kasse, wurden zu einer „Universitätskasse" vereinigt, deren Verwaltung nach Maßgabe eines von der Regierungsbehörde alljährlich zu genehmigenden Etats geschieht. Durch diese Einrichtung verlor die Universität die ihr bis dahin zu¬ ständig gewesene eigene Verwaltung ihres Vermögens.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/391>, abgerufen am 23.07.2024.