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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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jede Darstellung, sei es in Poesie oder in Prosa, völlig durchgebildet erscheint.
Wie bereits beim Mittelenglischen im Verhältniß zum Altenglischen bemerkt
wurde, mindern sich hier die starken Verden noch mehr, ebenso der Unterschied
zwischen singulären und pluralem Ablaute im' Präteritum. so daß nur ein
Uhland bleibt, der sich aber sehr oft auch mit dem des passiven Particips mischt.
In der Conjugation erhält sich nur die zweite Person des Singular im Prä¬
sens und Präteritum des Indicativ und die dritte Person des Singular im Prä¬
sens. Imperativ und Infinitiv fallen in der Form zusammen. die Partici¬
pien des Activum werden auf -- ing gebildet, die des Passionen schwacher Ver¬
den auf -- ca, während die starken Verden oft en, n abgestoßen haben. Die
Declination des Substantivs ist bis auf einen im Gebrauch beschränkten Geni¬
tiv des Singulars, dessen Form auch auf die umlautenden Pluralformen über¬
tragen worden ist, ganz verschwunden, die Steigerung des Adjectivs ist be¬
schränkt. Personal- und Demonstrativpronomina fließen zusammen, der No¬
minativ z^s wird durch den Accusativ z^on verdrängt. Die größte Veränderung
jedoch zeigt sich in der Accentuation, indem eine große Anzahl romanischer Wör¬
ter deutscher Betonung unterliegt.

Schon in der angelsächsischen Periode traten .mundartliche Verschiedenheiten
auf. welche weder die lange Entwickelung der Sprache, noch auch die Ge¬
meinschaft, in der die einzelnen Grafschaften Jahrhunderte lang gewesen sind,
haben verwischen können. Nach diesen Verschiedenheiten lassen sich drei Gruppen
unterscheiden, von denen die erste den Süden und Westen, die zweite die mitt¬
leren Grafschaften und Ostangeln, und die dritte den Norden Englands und
Schottland umfaßt.

Die erste dieser drei Gruppen spaltet sich nun wieder in drei mundartliche
Gebiete, und zwar in ein südwestliches in Cornwall, Devon, Dorset und Som¬
merset bis zum Parret; ein südliches in Hamps, Sussex, Surrey und Kent;
und ein westliches in Gloucester, Monmouth und Shrops.

Die Gruppe der mittleren Grafschaften, welche namentlich in den Laut¬
verhältnissen große Verschiedenheiten ausweisen, zerfallen in die ostanglische
Mundart in Suffolk und Norfolk, Cambridge, Huntington. Leicester und Rut¬
land, sodann in die der inneren Grafschaften Hereford, Warwick, Northampton
und Nottingham.

Viel Eigenthümliches bieten die nördlichen Mundarten Englands dar.
Der Norden von Durham und Northumberland nähern sich dem Schottischen.
Das letztere, die Sprache Niederschottlands, gelangt früh zur Ausbildung und
hat auch eine selbständige Literatur hervorgebracht, beginnt aber seit der Ver¬
einigung Schottlands mit England zu einer Mundart herabzusinken. Im
Schottischen finden sich der besonderen politischen Verbindungen Schottlands
und Frankreichs wegen viele französische Wörter, die dem Englischen jsehlen.


jede Darstellung, sei es in Poesie oder in Prosa, völlig durchgebildet erscheint.
Wie bereits beim Mittelenglischen im Verhältniß zum Altenglischen bemerkt
wurde, mindern sich hier die starken Verden noch mehr, ebenso der Unterschied
zwischen singulären und pluralem Ablaute im' Präteritum. so daß nur ein
Uhland bleibt, der sich aber sehr oft auch mit dem des passiven Particips mischt.
In der Conjugation erhält sich nur die zweite Person des Singular im Prä¬
sens und Präteritum des Indicativ und die dritte Person des Singular im Prä¬
sens. Imperativ und Infinitiv fallen in der Form zusammen. die Partici¬
pien des Activum werden auf — ing gebildet, die des Passionen schwacher Ver¬
den auf — ca, während die starken Verden oft en, n abgestoßen haben. Die
Declination des Substantivs ist bis auf einen im Gebrauch beschränkten Geni¬
tiv des Singulars, dessen Form auch auf die umlautenden Pluralformen über¬
tragen worden ist, ganz verschwunden, die Steigerung des Adjectivs ist be¬
schränkt. Personal- und Demonstrativpronomina fließen zusammen, der No¬
minativ z^s wird durch den Accusativ z^on verdrängt. Die größte Veränderung
jedoch zeigt sich in der Accentuation, indem eine große Anzahl romanischer Wör¬
ter deutscher Betonung unterliegt.

Schon in der angelsächsischen Periode traten .mundartliche Verschiedenheiten
auf. welche weder die lange Entwickelung der Sprache, noch auch die Ge¬
meinschaft, in der die einzelnen Grafschaften Jahrhunderte lang gewesen sind,
haben verwischen können. Nach diesen Verschiedenheiten lassen sich drei Gruppen
unterscheiden, von denen die erste den Süden und Westen, die zweite die mitt¬
leren Grafschaften und Ostangeln, und die dritte den Norden Englands und
Schottland umfaßt.

Die erste dieser drei Gruppen spaltet sich nun wieder in drei mundartliche
Gebiete, und zwar in ein südwestliches in Cornwall, Devon, Dorset und Som¬
merset bis zum Parret; ein südliches in Hamps, Sussex, Surrey und Kent;
und ein westliches in Gloucester, Monmouth und Shrops.

Die Gruppe der mittleren Grafschaften, welche namentlich in den Laut¬
verhältnissen große Verschiedenheiten ausweisen, zerfallen in die ostanglische
Mundart in Suffolk und Norfolk, Cambridge, Huntington. Leicester und Rut¬
land, sodann in die der inneren Grafschaften Hereford, Warwick, Northampton
und Nottingham.

Viel Eigenthümliches bieten die nördlichen Mundarten Englands dar.
Der Norden von Durham und Northumberland nähern sich dem Schottischen.
Das letztere, die Sprache Niederschottlands, gelangt früh zur Ausbildung und
hat auch eine selbständige Literatur hervorgebracht, beginnt aber seit der Ver¬
einigung Schottlands mit England zu einer Mundart herabzusinken. Im
Schottischen finden sich der besonderen politischen Verbindungen Schottlands
und Frankreichs wegen viele französische Wörter, die dem Englischen jsehlen.


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[0286] jede Darstellung, sei es in Poesie oder in Prosa, völlig durchgebildet erscheint. Wie bereits beim Mittelenglischen im Verhältniß zum Altenglischen bemerkt wurde, mindern sich hier die starken Verden noch mehr, ebenso der Unterschied zwischen singulären und pluralem Ablaute im' Präteritum. so daß nur ein Uhland bleibt, der sich aber sehr oft auch mit dem des passiven Particips mischt. In der Conjugation erhält sich nur die zweite Person des Singular im Prä¬ sens und Präteritum des Indicativ und die dritte Person des Singular im Prä¬ sens. Imperativ und Infinitiv fallen in der Form zusammen. die Partici¬ pien des Activum werden auf — ing gebildet, die des Passionen schwacher Ver¬ den auf — ca, während die starken Verden oft en, n abgestoßen haben. Die Declination des Substantivs ist bis auf einen im Gebrauch beschränkten Geni¬ tiv des Singulars, dessen Form auch auf die umlautenden Pluralformen über¬ tragen worden ist, ganz verschwunden, die Steigerung des Adjectivs ist be¬ schränkt. Personal- und Demonstrativpronomina fließen zusammen, der No¬ minativ z^s wird durch den Accusativ z^on verdrängt. Die größte Veränderung jedoch zeigt sich in der Accentuation, indem eine große Anzahl romanischer Wör¬ ter deutscher Betonung unterliegt. Schon in der angelsächsischen Periode traten .mundartliche Verschiedenheiten auf. welche weder die lange Entwickelung der Sprache, noch auch die Ge¬ meinschaft, in der die einzelnen Grafschaften Jahrhunderte lang gewesen sind, haben verwischen können. Nach diesen Verschiedenheiten lassen sich drei Gruppen unterscheiden, von denen die erste den Süden und Westen, die zweite die mitt¬ leren Grafschaften und Ostangeln, und die dritte den Norden Englands und Schottland umfaßt. Die erste dieser drei Gruppen spaltet sich nun wieder in drei mundartliche Gebiete, und zwar in ein südwestliches in Cornwall, Devon, Dorset und Som¬ merset bis zum Parret; ein südliches in Hamps, Sussex, Surrey und Kent; und ein westliches in Gloucester, Monmouth und Shrops. Die Gruppe der mittleren Grafschaften, welche namentlich in den Laut¬ verhältnissen große Verschiedenheiten ausweisen, zerfallen in die ostanglische Mundart in Suffolk und Norfolk, Cambridge, Huntington. Leicester und Rut¬ land, sodann in die der inneren Grafschaften Hereford, Warwick, Northampton und Nottingham. Viel Eigenthümliches bieten die nördlichen Mundarten Englands dar. Der Norden von Durham und Northumberland nähern sich dem Schottischen. Das letztere, die Sprache Niederschottlands, gelangt früh zur Ausbildung und hat auch eine selbständige Literatur hervorgebracht, beginnt aber seit der Ver¬ einigung Schottlands mit England zu einer Mundart herabzusinken. Im Schottischen finden sich der besonderen politischen Verbindungen Schottlands und Frankreichs wegen viele französische Wörter, die dem Englischen jsehlen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/286>, abgerufen am 23.07.2024.