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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Ausnahme der Hafenstadt Savanncch vom Gegner befreit. Letzterer Ort wurde
am 22. December von Sherman nach achttägiger Belagerung am Ende seines
langen Zuges eingenommen.

Sherman zählte bei seinem Abmarsch von Atlanta ungefähr 60,000 Mann
und hatte bis nach Savannah oder Charleston, wohin die beiden nach Osten
gehenden Eisenbahnen führten, einen Weg von 50 deutschen Meilen zurückzu¬
legen, mußte also auf einen mindestens 2Stägigen Marsch rechnen, der dadurch
verdoppelt wurde, daß er keine Verpflegung bei sich führte, sondern immer große
Stationen zu machen hatte, um Proviant aus der, wenn auch fruchtbaren, doch
äußerst dünn bevölkerten Gegend weither heranzuführen. -- Nach den bisher
gewordenen Nachrichten hat Sherman am 12. December die Umgegend von
Savannah in einer Stärke von 30,000 Mann erreicht, hat also 46 Tage zu
jenem Marsch verwandt und dabei die Hälfte seiner Leute verloren, ohne einen
andern als einen stets vor ihm weichenden, aber von allen Seiten ihn umge¬
benden Feind gegen sich zu haben. Die Milizen, welche überall gegen ihn auf¬
geboten wurden, waren nicht im Stande ihn zu schlagen, aber sie zwangen
ihn zu immerwährender Thätigkeit und schnitten ihm jeden Menschen ab, der
krank oder müde, einmal vom großen Ganzen getrennt wurde. Dies wird
keine geringe Zahl gewesen sein, da die Disciplin in der Unionsarmee an sich
nickt gros ist und eine bedeutende Einbuße dadurch erleiden mußte, daß der
ganze M.usch plündernd und verwüstend unternommen wurde.

Sberma" verließ Atlanta i" zwei Colonnen und folgte den Bahnen von
Ananta nach S.'vannah und Charleston. letzterer aber nur bis Augusta, von
wo er der Verbindungsbahn nach ersterer folgte und an dieser bei Miller sich
wieder vereinigte. Von hier aus ging der Marsch, geschützt von den dicht
in den Flanken fließenden Strömen Savannah und Ogeehee, gesicherter vor
sich als bisher. Die Eisenbahnen und alle bedeutenden, nicht verwendbaren
Vorräthe ließ Sherman zerstören und sein Marsch ist insofern für geraume
Zeit im Lande selbst und in den nur kärglich zugemessenen Mitteln der Con-
söderirten sehr fühlbar, große, den Kräften und Verlusten entsprechende Re¬
sultate hat der Zug nicht gehabt. -- Der Besitz von Savannah an sich hat
keine Bedeutung, im Gegentheil, er fordert eine Besatzung, welche im offenen
Felde besser zu verwerthen ist. Savannah wird deshalb nur als Ausgangspunkt
zu weiterer Bewegung dienen; zu welcher, kann noch nicht übersehen werden.
Es scheint aber, nach dem gleichzeitigen Angriff gegen Wilmington zu schließen,
daß Sherman beabsichtigt, längs der Küste gegen Charleston vorzudringen und
direct mit Grant in Verbindung zu treten.

Wenn wir nun in Kürze noch die Bewegungen auf den andern Kriegs¬
theatern berühren, so müssen wir uns zunächst dem Shenandoahthal zuwenden,
Wo wir Sheridan Mitte August bei Harpersferry befestigt und Earlv in Straß-


Ausnahme der Hafenstadt Savanncch vom Gegner befreit. Letzterer Ort wurde
am 22. December von Sherman nach achttägiger Belagerung am Ende seines
langen Zuges eingenommen.

Sherman zählte bei seinem Abmarsch von Atlanta ungefähr 60,000 Mann
und hatte bis nach Savannah oder Charleston, wohin die beiden nach Osten
gehenden Eisenbahnen führten, einen Weg von 50 deutschen Meilen zurückzu¬
legen, mußte also auf einen mindestens 2Stägigen Marsch rechnen, der dadurch
verdoppelt wurde, daß er keine Verpflegung bei sich führte, sondern immer große
Stationen zu machen hatte, um Proviant aus der, wenn auch fruchtbaren, doch
äußerst dünn bevölkerten Gegend weither heranzuführen. — Nach den bisher
gewordenen Nachrichten hat Sherman am 12. December die Umgegend von
Savannah in einer Stärke von 30,000 Mann erreicht, hat also 46 Tage zu
jenem Marsch verwandt und dabei die Hälfte seiner Leute verloren, ohne einen
andern als einen stets vor ihm weichenden, aber von allen Seiten ihn umge¬
benden Feind gegen sich zu haben. Die Milizen, welche überall gegen ihn auf¬
geboten wurden, waren nicht im Stande ihn zu schlagen, aber sie zwangen
ihn zu immerwährender Thätigkeit und schnitten ihm jeden Menschen ab, der
krank oder müde, einmal vom großen Ganzen getrennt wurde. Dies wird
keine geringe Zahl gewesen sein, da die Disciplin in der Unionsarmee an sich
nickt gros ist und eine bedeutende Einbuße dadurch erleiden mußte, daß der
ganze M.usch plündernd und verwüstend unternommen wurde.

Sberma» verließ Atlanta i» zwei Colonnen und folgte den Bahnen von
Ananta nach S.'vannah und Charleston. letzterer aber nur bis Augusta, von
wo er der Verbindungsbahn nach ersterer folgte und an dieser bei Miller sich
wieder vereinigte. Von hier aus ging der Marsch, geschützt von den dicht
in den Flanken fließenden Strömen Savannah und Ogeehee, gesicherter vor
sich als bisher. Die Eisenbahnen und alle bedeutenden, nicht verwendbaren
Vorräthe ließ Sherman zerstören und sein Marsch ist insofern für geraume
Zeit im Lande selbst und in den nur kärglich zugemessenen Mitteln der Con-
söderirten sehr fühlbar, große, den Kräften und Verlusten entsprechende Re¬
sultate hat der Zug nicht gehabt. — Der Besitz von Savannah an sich hat
keine Bedeutung, im Gegentheil, er fordert eine Besatzung, welche im offenen
Felde besser zu verwerthen ist. Savannah wird deshalb nur als Ausgangspunkt
zu weiterer Bewegung dienen; zu welcher, kann noch nicht übersehen werden.
Es scheint aber, nach dem gleichzeitigen Angriff gegen Wilmington zu schließen,
daß Sherman beabsichtigt, längs der Küste gegen Charleston vorzudringen und
direct mit Grant in Verbindung zu treten.

Wenn wir nun in Kürze noch die Bewegungen auf den andern Kriegs¬
theatern berühren, so müssen wir uns zunächst dem Shenandoahthal zuwenden,
Wo wir Sheridan Mitte August bei Harpersferry befestigt und Earlv in Straß-


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[0278] Ausnahme der Hafenstadt Savanncch vom Gegner befreit. Letzterer Ort wurde am 22. December von Sherman nach achttägiger Belagerung am Ende seines langen Zuges eingenommen. Sherman zählte bei seinem Abmarsch von Atlanta ungefähr 60,000 Mann und hatte bis nach Savannah oder Charleston, wohin die beiden nach Osten gehenden Eisenbahnen führten, einen Weg von 50 deutschen Meilen zurückzu¬ legen, mußte also auf einen mindestens 2Stägigen Marsch rechnen, der dadurch verdoppelt wurde, daß er keine Verpflegung bei sich führte, sondern immer große Stationen zu machen hatte, um Proviant aus der, wenn auch fruchtbaren, doch äußerst dünn bevölkerten Gegend weither heranzuführen. — Nach den bisher gewordenen Nachrichten hat Sherman am 12. December die Umgegend von Savannah in einer Stärke von 30,000 Mann erreicht, hat also 46 Tage zu jenem Marsch verwandt und dabei die Hälfte seiner Leute verloren, ohne einen andern als einen stets vor ihm weichenden, aber von allen Seiten ihn umge¬ benden Feind gegen sich zu haben. Die Milizen, welche überall gegen ihn auf¬ geboten wurden, waren nicht im Stande ihn zu schlagen, aber sie zwangen ihn zu immerwährender Thätigkeit und schnitten ihm jeden Menschen ab, der krank oder müde, einmal vom großen Ganzen getrennt wurde. Dies wird keine geringe Zahl gewesen sein, da die Disciplin in der Unionsarmee an sich nickt gros ist und eine bedeutende Einbuße dadurch erleiden mußte, daß der ganze M.usch plündernd und verwüstend unternommen wurde. Sberma» verließ Atlanta i» zwei Colonnen und folgte den Bahnen von Ananta nach S.'vannah und Charleston. letzterer aber nur bis Augusta, von wo er der Verbindungsbahn nach ersterer folgte und an dieser bei Miller sich wieder vereinigte. Von hier aus ging der Marsch, geschützt von den dicht in den Flanken fließenden Strömen Savannah und Ogeehee, gesicherter vor sich als bisher. Die Eisenbahnen und alle bedeutenden, nicht verwendbaren Vorräthe ließ Sherman zerstören und sein Marsch ist insofern für geraume Zeit im Lande selbst und in den nur kärglich zugemessenen Mitteln der Con- söderirten sehr fühlbar, große, den Kräften und Verlusten entsprechende Re¬ sultate hat der Zug nicht gehabt. — Der Besitz von Savannah an sich hat keine Bedeutung, im Gegentheil, er fordert eine Besatzung, welche im offenen Felde besser zu verwerthen ist. Savannah wird deshalb nur als Ausgangspunkt zu weiterer Bewegung dienen; zu welcher, kann noch nicht übersehen werden. Es scheint aber, nach dem gleichzeitigen Angriff gegen Wilmington zu schließen, daß Sherman beabsichtigt, längs der Küste gegen Charleston vorzudringen und direct mit Grant in Verbindung zu treten. Wenn wir nun in Kürze noch die Bewegungen auf den andern Kriegs¬ theatern berühren, so müssen wir uns zunächst dem Shenandoahthal zuwenden, Wo wir Sheridan Mitte August bei Harpersferry befestigt und Earlv in Straß-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/278>, abgerufen am 23.07.2024.