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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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In seiner Widmung an Lord Hunsdon sagt Lodge. er habe mit dem
Capitän Clarke eine Reise nach den Terceras- und canarischen Inseln gemacht,
und , um sich die Zeit mit Arbeiten zu vertreiben, dies Buel geschrieben.

Etwa hundert Jahre spater erschien ein englisches Gedicht unter dem Namen:
"lire volo's kalt; ut LlÄinölM", das man fälschlich den (^anterliur^ la-Ich
von Chaucer einverleibte. Es benutzt ebenfalls Lodges Erzählung und hat
irrthümlich für Shakespeares Quelle gegolten.

Ein Verzeichniß der londoner Buchhändlergilde, etwa von 1600, erwähnt
schon das Theaterstück ^on like it.". Erhalten ist es jedoch erst in der
Foliogesammtausgabe Shakespeares von 1623. Der Inhalt der lodgeschcn
Novelle ist in Kurzem folgender:

König Gerismonb von Frankreich (bei Sh. der Herzog) ist von seinem
Bruder Torismond (Friedrich) um sein Reich gebracht worden und irrt mit
wenigen Getreuen im ardenner Walde umher. Seine Tochter Alinda (Cella)
folgt endlich aus Zärtlichkeit ihrer Muhme Rosalinde in die Verbannung, als
Friedrich diese in jähzorniger Laune ihrem Vater nachjagt. Die arme Rosalinde
bat zuvor eine glühende Neigung für den kecken jungen Nosader (Orlando) ge¬
gefaßt, den jüngsten Sohn des Sir John von Bourdeaux (Rowland de Bois),
den sein ältester Bruder Saladynn (Olivier) aus Mißgunst um das Seinige
betrogen und wie einen "Bauerntölpel" gehalten hatte.

Der jugendkräftige Rosader empfindet plötzlich, gemahnt durch seines Vaters
treuen Diener Adam Spencer, die UnWürdigkeit dieser Behandlung. Er tritt
seinem Bruder entgegen und fordert mit handgreiflichen Drohungen sein Recht.
Saladinn macht in der Angst Zugeständnisse und weiß den thatendurstiger Ro-
sader zu bewegen, sich im Zweikampf gegen des Königs Ringer zu versuchen.
Im Stillen hatte er den riesigen Charles geworben, der dem Nosader den Tod
geschworen. Der Kampf beginnt und Charles unterliegt.

Für so gefährliche Tugenden von Bruder und König gehaßt, flieht Rosa¬
der ebenfalls in die Ardennen, begleitet vom alten Adam. Beide sind verirrt
und dem Hungertode nah, da führt sie der Zufall dem verbannten Könige zu.
der just zur Feier seines Geburtstages unter schattigen Bäumen mit seinem
Gefolge eine reiche Mahlzeit hält. Freundlich werden die Beiden aufgenommen
und schließen sich dem Hofstaat an.

Rosalinde in Knabentracht unter dem Ramen Ganymed und Alinda als
Schäferin Aliena trafen indessen die Schäfer Corydon (bei Shakespeare Corin-
nus) und Montanus (Silvius). Corydon kauft für sie die Meierei seines Herrn,
in welcher die Mädchen verborgen leben wollen. Schäfer Montanus klagt
ihnen seine Liebe zur schelmischen Phoebe. die ihn verschmäht, bis ihre eigne
heftige Liebe zum Ganymed sie bekehrt und dem immer getreuen Montanus
zuführt.


31 *

In seiner Widmung an Lord Hunsdon sagt Lodge. er habe mit dem
Capitän Clarke eine Reise nach den Terceras- und canarischen Inseln gemacht,
und , um sich die Zeit mit Arbeiten zu vertreiben, dies Buel geschrieben.

Etwa hundert Jahre spater erschien ein englisches Gedicht unter dem Namen:
„lire volo's kalt; ut LlÄinölM", das man fälschlich den (^anterliur^ la-Ich
von Chaucer einverleibte. Es benutzt ebenfalls Lodges Erzählung und hat
irrthümlich für Shakespeares Quelle gegolten.

Ein Verzeichniß der londoner Buchhändlergilde, etwa von 1600, erwähnt
schon das Theaterstück ^on like it.". Erhalten ist es jedoch erst in der
Foliogesammtausgabe Shakespeares von 1623. Der Inhalt der lodgeschcn
Novelle ist in Kurzem folgender:

König Gerismonb von Frankreich (bei Sh. der Herzog) ist von seinem
Bruder Torismond (Friedrich) um sein Reich gebracht worden und irrt mit
wenigen Getreuen im ardenner Walde umher. Seine Tochter Alinda (Cella)
folgt endlich aus Zärtlichkeit ihrer Muhme Rosalinde in die Verbannung, als
Friedrich diese in jähzorniger Laune ihrem Vater nachjagt. Die arme Rosalinde
bat zuvor eine glühende Neigung für den kecken jungen Nosader (Orlando) ge¬
gefaßt, den jüngsten Sohn des Sir John von Bourdeaux (Rowland de Bois),
den sein ältester Bruder Saladynn (Olivier) aus Mißgunst um das Seinige
betrogen und wie einen „Bauerntölpel" gehalten hatte.

Der jugendkräftige Rosader empfindet plötzlich, gemahnt durch seines Vaters
treuen Diener Adam Spencer, die UnWürdigkeit dieser Behandlung. Er tritt
seinem Bruder entgegen und fordert mit handgreiflichen Drohungen sein Recht.
Saladinn macht in der Angst Zugeständnisse und weiß den thatendurstiger Ro-
sader zu bewegen, sich im Zweikampf gegen des Königs Ringer zu versuchen.
Im Stillen hatte er den riesigen Charles geworben, der dem Nosader den Tod
geschworen. Der Kampf beginnt und Charles unterliegt.

Für so gefährliche Tugenden von Bruder und König gehaßt, flieht Rosa¬
der ebenfalls in die Ardennen, begleitet vom alten Adam. Beide sind verirrt
und dem Hungertode nah, da führt sie der Zufall dem verbannten Könige zu.
der just zur Feier seines Geburtstages unter schattigen Bäumen mit seinem
Gefolge eine reiche Mahlzeit hält. Freundlich werden die Beiden aufgenommen
und schließen sich dem Hofstaat an.

Rosalinde in Knabentracht unter dem Ramen Ganymed und Alinda als
Schäferin Aliena trafen indessen die Schäfer Corydon (bei Shakespeare Corin-
nus) und Montanus (Silvius). Corydon kauft für sie die Meierei seines Herrn,
in welcher die Mädchen verborgen leben wollen. Schäfer Montanus klagt
ihnen seine Liebe zur schelmischen Phoebe. die ihn verschmäht, bis ihre eigne
heftige Liebe zum Ganymed sie bekehrt und dem immer getreuen Montanus
zuführt.


31 *
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[0261] In seiner Widmung an Lord Hunsdon sagt Lodge. er habe mit dem Capitän Clarke eine Reise nach den Terceras- und canarischen Inseln gemacht, und , um sich die Zeit mit Arbeiten zu vertreiben, dies Buel geschrieben. Etwa hundert Jahre spater erschien ein englisches Gedicht unter dem Namen: „lire volo's kalt; ut LlÄinölM", das man fälschlich den (^anterliur^ la-Ich von Chaucer einverleibte. Es benutzt ebenfalls Lodges Erzählung und hat irrthümlich für Shakespeares Quelle gegolten. Ein Verzeichniß der londoner Buchhändlergilde, etwa von 1600, erwähnt schon das Theaterstück ^on like it.". Erhalten ist es jedoch erst in der Foliogesammtausgabe Shakespeares von 1623. Der Inhalt der lodgeschcn Novelle ist in Kurzem folgender: König Gerismonb von Frankreich (bei Sh. der Herzog) ist von seinem Bruder Torismond (Friedrich) um sein Reich gebracht worden und irrt mit wenigen Getreuen im ardenner Walde umher. Seine Tochter Alinda (Cella) folgt endlich aus Zärtlichkeit ihrer Muhme Rosalinde in die Verbannung, als Friedrich diese in jähzorniger Laune ihrem Vater nachjagt. Die arme Rosalinde bat zuvor eine glühende Neigung für den kecken jungen Nosader (Orlando) ge¬ gefaßt, den jüngsten Sohn des Sir John von Bourdeaux (Rowland de Bois), den sein ältester Bruder Saladynn (Olivier) aus Mißgunst um das Seinige betrogen und wie einen „Bauerntölpel" gehalten hatte. Der jugendkräftige Rosader empfindet plötzlich, gemahnt durch seines Vaters treuen Diener Adam Spencer, die UnWürdigkeit dieser Behandlung. Er tritt seinem Bruder entgegen und fordert mit handgreiflichen Drohungen sein Recht. Saladinn macht in der Angst Zugeständnisse und weiß den thatendurstiger Ro- sader zu bewegen, sich im Zweikampf gegen des Königs Ringer zu versuchen. Im Stillen hatte er den riesigen Charles geworben, der dem Nosader den Tod geschworen. Der Kampf beginnt und Charles unterliegt. Für so gefährliche Tugenden von Bruder und König gehaßt, flieht Rosa¬ der ebenfalls in die Ardennen, begleitet vom alten Adam. Beide sind verirrt und dem Hungertode nah, da führt sie der Zufall dem verbannten Könige zu. der just zur Feier seines Geburtstages unter schattigen Bäumen mit seinem Gefolge eine reiche Mahlzeit hält. Freundlich werden die Beiden aufgenommen und schließen sich dem Hofstaat an. Rosalinde in Knabentracht unter dem Ramen Ganymed und Alinda als Schäferin Aliena trafen indessen die Schäfer Corydon (bei Shakespeare Corin- nus) und Montanus (Silvius). Corydon kauft für sie die Meierei seines Herrn, in welcher die Mädchen verborgen leben wollen. Schäfer Montanus klagt ihnen seine Liebe zur schelmischen Phoebe. die ihn verschmäht, bis ihre eigne heftige Liebe zum Ganymed sie bekehrt und dem immer getreuen Montanus zuführt. 31 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/261>, abgerufen am 23.07.2024.