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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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des Ehebündnisses mit Josephine traten auf Roverella. Spina. Carelli, Maury.
Erskine, Bagane und Vincenti.

Nach Beendigung der Hochzeitsfeierlichkeiten gaben die Fünfzehn vor, die
Dreizehn hätten ihren Entschluß, sich nicht an denselben zu !betheiligen, ge¬
heim gehalten. Dies ist falsch. Die Dreizehn machten aus ihrem Entschlüsse
keineswegs ein Geheimniß; sie wollten aber vermeiden, daß man ihnen den
Vorwurf mache, sie hätten einen Druck auf ihre Collegen auszuüben gesucht,
was die Regierung noch unwilliger gemacht haben würde. Von einem Geheim¬
nisse könne um so weniger die Rede sein, als Manei, der älteste der Dreizehn,
die sämmtlichen Kollegen von dem Entschlüsse der Opponenten persönlich in
Kenntniß gesetzt hatte.

Zugleich waren die Letzteren bemüht, ihren Widerstand in so gelinde Form
als möglich zu kleiden. Der genannte Cardinal Mattei begab sich in dieser
Absicht zu Fesch und theilte ihm mit, daß er und zwölf seiner Collegen dem
Urtheilsspruch der geistlichen Behörde von Paris nicht beitreten könnten und
beschlossen hätten, den Hochzeitsfeierlicht'eilen nicht beizuwohnen. Mattei ließ
zugleich die Bemerkung fallen, es wäre leicht, jeden öffentlichen Skandal zu
vermeiden, wenn blos ein Theil der Cardinäle Einladungen bekäme, wie dies
bei dem Senate und bei dem gesetzgebenden Körper auch der Fall sei. Man dürfe
nur die Beschränktheit des Raumes vorschützen, und aus diese Weise würden
diejenigen Cardinäle, die sich nicht beteiligen wollten, ohne Aufsehen zu er¬
regen wegbleiben können. Nachdem Cardinal Fesch sich vergeblich bemüht hatte,
die Opponenten von ihrem Vorhaben abzubringen, versprach er endlich, mit dem
Kaiser, der sich damals in Compiögne befand, über den Gegenstand zu sprechen.
Napoleon gerieth in heftigen Zorn, wollte aber von dem Vorschlage Mattcis
nichts hören, indem er die Ueberzeugung aussprach, die Dreizehn "würden es
nicht wagen, ihr Complot auszuführen".

Der Hochzeitstag näherte sich. Die neue Kaiserin traf in Eompiögne ein
und begab sich hierauf mit dem Kaiser nach Se. Cloud. Daselbst sollten am
Samstage oder am Freitage die vorzüglichsten Staatskörper dem Fürstenpaare
ihre Aufwartung machen. Am Sonntag fand die bürgerliche Heirath in
Se. Cloud statt, am Montag die kirchliche Antrauung in den Tuilerien und
auf Dienstag Vormittag endlich war die allgemeine Cour im Thronsaale
angesagt.

Die widerspenstigen Cardinäle hielten es unter ihrer Würde und auch
nicht mit ihrer Pflicht vereinbar, Krankheit vorzuschützen und sie waren ent¬
schlossen, dem Zorn des Gebieters zu trotzen. Sie kamen überein. dem zweiten
und dritten Acte fern bleiben und blos am ersten und vierten Acte, das heißt
an den beiden Aufwartungen sich betheiligen zu wollen.

Also am Samstag oder Freitag Abend begaben sich sämmtliche Cardinäle


des Ehebündnisses mit Josephine traten auf Roverella. Spina. Carelli, Maury.
Erskine, Bagane und Vincenti.

Nach Beendigung der Hochzeitsfeierlichkeiten gaben die Fünfzehn vor, die
Dreizehn hätten ihren Entschluß, sich nicht an denselben zu !betheiligen, ge¬
heim gehalten. Dies ist falsch. Die Dreizehn machten aus ihrem Entschlüsse
keineswegs ein Geheimniß; sie wollten aber vermeiden, daß man ihnen den
Vorwurf mache, sie hätten einen Druck auf ihre Collegen auszuüben gesucht,
was die Regierung noch unwilliger gemacht haben würde. Von einem Geheim¬
nisse könne um so weniger die Rede sein, als Manei, der älteste der Dreizehn,
die sämmtlichen Kollegen von dem Entschlüsse der Opponenten persönlich in
Kenntniß gesetzt hatte.

Zugleich waren die Letzteren bemüht, ihren Widerstand in so gelinde Form
als möglich zu kleiden. Der genannte Cardinal Mattei begab sich in dieser
Absicht zu Fesch und theilte ihm mit, daß er und zwölf seiner Collegen dem
Urtheilsspruch der geistlichen Behörde von Paris nicht beitreten könnten und
beschlossen hätten, den Hochzeitsfeierlicht'eilen nicht beizuwohnen. Mattei ließ
zugleich die Bemerkung fallen, es wäre leicht, jeden öffentlichen Skandal zu
vermeiden, wenn blos ein Theil der Cardinäle Einladungen bekäme, wie dies
bei dem Senate und bei dem gesetzgebenden Körper auch der Fall sei. Man dürfe
nur die Beschränktheit des Raumes vorschützen, und aus diese Weise würden
diejenigen Cardinäle, die sich nicht beteiligen wollten, ohne Aufsehen zu er¬
regen wegbleiben können. Nachdem Cardinal Fesch sich vergeblich bemüht hatte,
die Opponenten von ihrem Vorhaben abzubringen, versprach er endlich, mit dem
Kaiser, der sich damals in Compiögne befand, über den Gegenstand zu sprechen.
Napoleon gerieth in heftigen Zorn, wollte aber von dem Vorschlage Mattcis
nichts hören, indem er die Ueberzeugung aussprach, die Dreizehn „würden es
nicht wagen, ihr Complot auszuführen".

Der Hochzeitstag näherte sich. Die neue Kaiserin traf in Eompiögne ein
und begab sich hierauf mit dem Kaiser nach Se. Cloud. Daselbst sollten am
Samstage oder am Freitage die vorzüglichsten Staatskörper dem Fürstenpaare
ihre Aufwartung machen. Am Sonntag fand die bürgerliche Heirath in
Se. Cloud statt, am Montag die kirchliche Antrauung in den Tuilerien und
auf Dienstag Vormittag endlich war die allgemeine Cour im Thronsaale
angesagt.

Die widerspenstigen Cardinäle hielten es unter ihrer Würde und auch
nicht mit ihrer Pflicht vereinbar, Krankheit vorzuschützen und sie waren ent¬
schlossen, dem Zorn des Gebieters zu trotzen. Sie kamen überein. dem zweiten
und dritten Acte fern bleiben und blos am ersten und vierten Acte, das heißt
an den beiden Aufwartungen sich betheiligen zu wollen.

Also am Samstag oder Freitag Abend begaben sich sämmtliche Cardinäle


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[0195] des Ehebündnisses mit Josephine traten auf Roverella. Spina. Carelli, Maury. Erskine, Bagane und Vincenti. Nach Beendigung der Hochzeitsfeierlichkeiten gaben die Fünfzehn vor, die Dreizehn hätten ihren Entschluß, sich nicht an denselben zu !betheiligen, ge¬ heim gehalten. Dies ist falsch. Die Dreizehn machten aus ihrem Entschlüsse keineswegs ein Geheimniß; sie wollten aber vermeiden, daß man ihnen den Vorwurf mache, sie hätten einen Druck auf ihre Collegen auszuüben gesucht, was die Regierung noch unwilliger gemacht haben würde. Von einem Geheim¬ nisse könne um so weniger die Rede sein, als Manei, der älteste der Dreizehn, die sämmtlichen Kollegen von dem Entschlüsse der Opponenten persönlich in Kenntniß gesetzt hatte. Zugleich waren die Letzteren bemüht, ihren Widerstand in so gelinde Form als möglich zu kleiden. Der genannte Cardinal Mattei begab sich in dieser Absicht zu Fesch und theilte ihm mit, daß er und zwölf seiner Collegen dem Urtheilsspruch der geistlichen Behörde von Paris nicht beitreten könnten und beschlossen hätten, den Hochzeitsfeierlicht'eilen nicht beizuwohnen. Mattei ließ zugleich die Bemerkung fallen, es wäre leicht, jeden öffentlichen Skandal zu vermeiden, wenn blos ein Theil der Cardinäle Einladungen bekäme, wie dies bei dem Senate und bei dem gesetzgebenden Körper auch der Fall sei. Man dürfe nur die Beschränktheit des Raumes vorschützen, und aus diese Weise würden diejenigen Cardinäle, die sich nicht beteiligen wollten, ohne Aufsehen zu er¬ regen wegbleiben können. Nachdem Cardinal Fesch sich vergeblich bemüht hatte, die Opponenten von ihrem Vorhaben abzubringen, versprach er endlich, mit dem Kaiser, der sich damals in Compiögne befand, über den Gegenstand zu sprechen. Napoleon gerieth in heftigen Zorn, wollte aber von dem Vorschlage Mattcis nichts hören, indem er die Ueberzeugung aussprach, die Dreizehn „würden es nicht wagen, ihr Complot auszuführen". Der Hochzeitstag näherte sich. Die neue Kaiserin traf in Eompiögne ein und begab sich hierauf mit dem Kaiser nach Se. Cloud. Daselbst sollten am Samstage oder am Freitage die vorzüglichsten Staatskörper dem Fürstenpaare ihre Aufwartung machen. Am Sonntag fand die bürgerliche Heirath in Se. Cloud statt, am Montag die kirchliche Antrauung in den Tuilerien und auf Dienstag Vormittag endlich war die allgemeine Cour im Thronsaale angesagt. Die widerspenstigen Cardinäle hielten es unter ihrer Würde und auch nicht mit ihrer Pflicht vereinbar, Krankheit vorzuschützen und sie waren ent¬ schlossen, dem Zorn des Gebieters zu trotzen. Sie kamen überein. dem zweiten und dritten Acte fern bleiben und blos am ersten und vierten Acte, das heißt an den beiden Aufwartungen sich betheiligen zu wollen. Also am Samstag oder Freitag Abend begaben sich sämmtliche Cardinäle

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/195>, abgerufen am 23.07.2024.