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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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Der Gewinn des Rathes aus diesen vier Banken schwankte in den ersten neun Jah¬
ren zwischen 100 und 991 Gulden. Letztere Summe aber bildete im Jahre 1409
Vs8 der Staatseinnahmen; daß die Banken auf die städtischen Finanzen höchst
günstig einwirkten, läßt sich erweisen.

Anderer Art waren die städtischen Banken, welche sich den Privatbanken
der Juden und Wechsler gerade gegenüberstellten, um deren übermäßige Zinsen
zu hindern. Hier forderten die an sich zur Zinsforderung nicht privilegirten
Bankhalter nur Namens der städtischen, fürstlichen, kaiserlichen Macht von dem
Bankdarlehn regelmäßige, doch nicht zu hohe Zinsen. Ein Privileg für solche
Bank gab unter andern Kaiser Maximilian der Erste 1498 an den Rath von
Nürnberg; in diesem wird ausdrücklich auf den Wucher der Juden gewiesen
und an die Hilfe für die kleinen Geschäftsleute gedacht, die "Wexelbank" sollte
nicht nacb Gewinn streben, und den Zinsertrag auf ihren Unterhalt, dann zum
"gemeinen Nutzen und Gut der Stadt" anwenden. Das kirchliche und welt¬
liche Zinsenverbot wurde hier im Drängen des Verkehrs von den Behörden
offen verletzt. --

In den Niederlanden hatte der entwickeltere Verkehr schon weit früher
(seit 1297) solche Banken hervorgerufen. Der Generalstatthalter, welcher sein
Recht zur "Tafel van leeninge" vom Kaiser herleitete und es ganz ähnlich wie
in obigen deutsch-städtischen Banken, an Private gegen Caution. Abgaben, Ge¬
winnraten zur Ausübung in öffentlichen Licitationsterminen übertrug, wendete
es ebenso zu städtischen Banketablissements an, indem er oft die ganz unab¬
hängigen Privatbanken daneben verbot. Eben hieraus entspann sich 1640 der
große Streit zwischen den Juristen, Theologen und Volkswirthschafilern über
Privileg und Zahl der Banken, in welchem sich Salmasius in überraschend
klarer volkswirthschaftlicher Einsicht für die freie Concurrenz und für die mehren
Privatbanken der Lombarden entschied.

Gerade bei den Nachrichten der niederländischen Banken lassen sich Ein¬
blicke in die gleichgestalteten deutschen Banken und deren Stellung zu den Be¬
hörden, den Inhabern des Münz-, Wechsel-, Bankregals in trefflichster
Weise thun.

Außer dem Inhalte der obenerwähnten frankfurter Bankconcession wurde
den Bankhaltern (Wechslern) vorgeschrieben, unter welchen Bedingungen der
Zinsen und der Sicherheit sie jederzeit darleihen müßten, welche Abgaben sie
zu zahlen hätten. Für diese Leistungen verpfändeten die Wechsler ihr Vermögen,
die Stadt für ihre Pflichten gegen jene ihre sämmtlichen Einkünfte, außerdem
sicherte sie ihnen besondere Vorrechte zu.

Insbesondere zahlten die Privatwechsler und -Bankiers eine namhafte
Caution, ähnlich den Münzern, an die städtischen Behörden; in Amsterdam


Der Gewinn des Rathes aus diesen vier Banken schwankte in den ersten neun Jah¬
ren zwischen 100 und 991 Gulden. Letztere Summe aber bildete im Jahre 1409
Vs8 der Staatseinnahmen; daß die Banken auf die städtischen Finanzen höchst
günstig einwirkten, läßt sich erweisen.

Anderer Art waren die städtischen Banken, welche sich den Privatbanken
der Juden und Wechsler gerade gegenüberstellten, um deren übermäßige Zinsen
zu hindern. Hier forderten die an sich zur Zinsforderung nicht privilegirten
Bankhalter nur Namens der städtischen, fürstlichen, kaiserlichen Macht von dem
Bankdarlehn regelmäßige, doch nicht zu hohe Zinsen. Ein Privileg für solche
Bank gab unter andern Kaiser Maximilian der Erste 1498 an den Rath von
Nürnberg; in diesem wird ausdrücklich auf den Wucher der Juden gewiesen
und an die Hilfe für die kleinen Geschäftsleute gedacht, die „Wexelbank" sollte
nicht nacb Gewinn streben, und den Zinsertrag auf ihren Unterhalt, dann zum
„gemeinen Nutzen und Gut der Stadt" anwenden. Das kirchliche und welt¬
liche Zinsenverbot wurde hier im Drängen des Verkehrs von den Behörden
offen verletzt. —

In den Niederlanden hatte der entwickeltere Verkehr schon weit früher
(seit 1297) solche Banken hervorgerufen. Der Generalstatthalter, welcher sein
Recht zur „Tafel van leeninge" vom Kaiser herleitete und es ganz ähnlich wie
in obigen deutsch-städtischen Banken, an Private gegen Caution. Abgaben, Ge¬
winnraten zur Ausübung in öffentlichen Licitationsterminen übertrug, wendete
es ebenso zu städtischen Banketablissements an, indem er oft die ganz unab¬
hängigen Privatbanken daneben verbot. Eben hieraus entspann sich 1640 der
große Streit zwischen den Juristen, Theologen und Volkswirthschafilern über
Privileg und Zahl der Banken, in welchem sich Salmasius in überraschend
klarer volkswirthschaftlicher Einsicht für die freie Concurrenz und für die mehren
Privatbanken der Lombarden entschied.

Gerade bei den Nachrichten der niederländischen Banken lassen sich Ein¬
blicke in die gleichgestalteten deutschen Banken und deren Stellung zu den Be¬
hörden, den Inhabern des Münz-, Wechsel-, Bankregals in trefflichster
Weise thun.

Außer dem Inhalte der obenerwähnten frankfurter Bankconcession wurde
den Bankhaltern (Wechslern) vorgeschrieben, unter welchen Bedingungen der
Zinsen und der Sicherheit sie jederzeit darleihen müßten, welche Abgaben sie
zu zahlen hätten. Für diese Leistungen verpfändeten die Wechsler ihr Vermögen,
die Stadt für ihre Pflichten gegen jene ihre sämmtlichen Einkünfte, außerdem
sicherte sie ihnen besondere Vorrechte zu.

Insbesondere zahlten die Privatwechsler und -Bankiers eine namhafte
Caution, ähnlich den Münzern, an die städtischen Behörden; in Amsterdam


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[0188] Der Gewinn des Rathes aus diesen vier Banken schwankte in den ersten neun Jah¬ ren zwischen 100 und 991 Gulden. Letztere Summe aber bildete im Jahre 1409 Vs8 der Staatseinnahmen; daß die Banken auf die städtischen Finanzen höchst günstig einwirkten, läßt sich erweisen. Anderer Art waren die städtischen Banken, welche sich den Privatbanken der Juden und Wechsler gerade gegenüberstellten, um deren übermäßige Zinsen zu hindern. Hier forderten die an sich zur Zinsforderung nicht privilegirten Bankhalter nur Namens der städtischen, fürstlichen, kaiserlichen Macht von dem Bankdarlehn regelmäßige, doch nicht zu hohe Zinsen. Ein Privileg für solche Bank gab unter andern Kaiser Maximilian der Erste 1498 an den Rath von Nürnberg; in diesem wird ausdrücklich auf den Wucher der Juden gewiesen und an die Hilfe für die kleinen Geschäftsleute gedacht, die „Wexelbank" sollte nicht nacb Gewinn streben, und den Zinsertrag auf ihren Unterhalt, dann zum „gemeinen Nutzen und Gut der Stadt" anwenden. Das kirchliche und welt¬ liche Zinsenverbot wurde hier im Drängen des Verkehrs von den Behörden offen verletzt. — In den Niederlanden hatte der entwickeltere Verkehr schon weit früher (seit 1297) solche Banken hervorgerufen. Der Generalstatthalter, welcher sein Recht zur „Tafel van leeninge" vom Kaiser herleitete und es ganz ähnlich wie in obigen deutsch-städtischen Banken, an Private gegen Caution. Abgaben, Ge¬ winnraten zur Ausübung in öffentlichen Licitationsterminen übertrug, wendete es ebenso zu städtischen Banketablissements an, indem er oft die ganz unab¬ hängigen Privatbanken daneben verbot. Eben hieraus entspann sich 1640 der große Streit zwischen den Juristen, Theologen und Volkswirthschafilern über Privileg und Zahl der Banken, in welchem sich Salmasius in überraschend klarer volkswirthschaftlicher Einsicht für die freie Concurrenz und für die mehren Privatbanken der Lombarden entschied. Gerade bei den Nachrichten der niederländischen Banken lassen sich Ein¬ blicke in die gleichgestalteten deutschen Banken und deren Stellung zu den Be¬ hörden, den Inhabern des Münz-, Wechsel-, Bankregals in trefflichster Weise thun. Außer dem Inhalte der obenerwähnten frankfurter Bankconcession wurde den Bankhaltern (Wechslern) vorgeschrieben, unter welchen Bedingungen der Zinsen und der Sicherheit sie jederzeit darleihen müßten, welche Abgaben sie zu zahlen hätten. Für diese Leistungen verpfändeten die Wechsler ihr Vermögen, die Stadt für ihre Pflichten gegen jene ihre sämmtlichen Einkünfte, außerdem sicherte sie ihnen besondere Vorrechte zu. Insbesondere zahlten die Privatwechsler und -Bankiers eine namhafte Caution, ähnlich den Münzern, an die städtischen Behörden; in Amsterdam

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/188>, abgerufen am 23.07.2024.