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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band.

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gern den Hirtenstab mit dem Schwerte vertauschten. Bereits um 180 v. Chr.
hatte das Räuberwcsen in ?lpulien so überHand genommen, daß die Straßen
und Triften ganz unsicher waren. Von den damals verschworenen Hirten
wurden auf einmal gegen 7000 Mann verurtheilt; viele flohen, viele wurden
hingerichtet. Am schrecklichsten litt das Land im großen Näuberkriege des
Spartacus, der, selbst ein ehemaliger thracischer Bandit, seine anfangs nur aus
Gladiatoren bestehende Schaar bald durch entlaufene Sklaven, Hirten und Schä¬
fer vergrößerte, "die," wie Plutarch se.gr. "alle tüchtige Fäuste und schnelle Füße
besaßen." Nach Niederwerfung dieses gefährlichen Aufstandes wurde zwar Apu-
lien und Lukanien von dem Gesindel gesäubert ; aber in den bald darauf aus¬
brechenden Bürgerkriegen schössen auch die Rinaldos wieder wie die Pilze aus
dem fruchtbaren Boden und Octavian kostete es viel Mühe, dem Unwesen zu
steuern. "Rom selbst und Sicilien," schreibt Appian, "wurde um diese Zeit durch
förmliche Banden von Räubern beunruhigt, die ihr Wesen so offen trieben, daß
es mehr einer frechen Plünderung, als einer heimlichen Räuberei ähnlich sah.
Zur Abstellung dieser Unordnung wählte Cäsar den Sabinns. Unter den ge¬
fangenen Räubern richtete er eine große Niederlage an, brauchte aber doch ein
ganzes Jahr, bis er wieder allgemeine Sicherheit und Frieden hergestellt hatte."
Jene Zeit, wo es nach Properz sogar ein Wagstück war, ohne bewaffnetes Ge¬
leit von Rom nach dem nahen Tibur zu reisen, mag wohl auch Plinius der
Aeltere im Auge haben, wenn er sagt, daß vor dem Beginne des häufigen
Straßenraubs vor jedem Fenster in Rom kleine Blumen- und Gcmüsepflcuizun-
gen gegrünt hätten, daß man aber später die durch Verschluß der Fenster be¬
wirkte Sicherheit dieser Annehmlichkeit vorgezogen habe. Schon zu Ciceros
Zeit war die Umgebung ier Hauptstadt höchst unsicher. Er schreibt an seinen
Freund Atticus: "Mein lieber C. Quintius ist beim Grabmal des Basilius
verwundet und ausgeplündert worden," und nennt in der milonischen Ver¬
theidigungsrede dieselbe Strecke der appischcn Straße "gefährlich, von Straßen¬
räubern wimmelnd." Von der Menge der Banditen bekommt man eine Bor¬
stellung , wenn man bei Strabo liest, daß in dem großen, besonders berüchtigten
gallinarischen Fichtenwald bei i^unä in Campanien die Offiziere des Sexrus
Pompejus während des Krieges mit den Triumvirn förmliche Werbungen unter
den Räubern anstellten! So gerade den Zustand der Unsicherheit vorschützend
trugen die Wegelagerer ganz ungescheut das Schwert an der Seite! August
ließ die Straßen erweitern, die Hohlwege abgraben, legte überall, besonders
an verrufenen Orten, Svldatenstalivnen an und traf selbst militärische Vor¬
kehrungen, so oft er in einem künstlichen See an der Tiber dem Volke das
Schauspiel einer Seeschlacht geben wollte. Daß es ihm dennoch nicht gelang,
das Uebel auszurotten, sieht man daraus, daß schon sein Na.lfo^ > sich ge¬
nöthigt sah, die zu diesem Zwecke angelegten militärischen Posten in Italien zu


gern den Hirtenstab mit dem Schwerte vertauschten. Bereits um 180 v. Chr.
hatte das Räuberwcsen in ?lpulien so überHand genommen, daß die Straßen
und Triften ganz unsicher waren. Von den damals verschworenen Hirten
wurden auf einmal gegen 7000 Mann verurtheilt; viele flohen, viele wurden
hingerichtet. Am schrecklichsten litt das Land im großen Näuberkriege des
Spartacus, der, selbst ein ehemaliger thracischer Bandit, seine anfangs nur aus
Gladiatoren bestehende Schaar bald durch entlaufene Sklaven, Hirten und Schä¬
fer vergrößerte, „die," wie Plutarch se.gr. „alle tüchtige Fäuste und schnelle Füße
besaßen." Nach Niederwerfung dieses gefährlichen Aufstandes wurde zwar Apu-
lien und Lukanien von dem Gesindel gesäubert ; aber in den bald darauf aus¬
brechenden Bürgerkriegen schössen auch die Rinaldos wieder wie die Pilze aus
dem fruchtbaren Boden und Octavian kostete es viel Mühe, dem Unwesen zu
steuern. „Rom selbst und Sicilien," schreibt Appian, „wurde um diese Zeit durch
förmliche Banden von Räubern beunruhigt, die ihr Wesen so offen trieben, daß
es mehr einer frechen Plünderung, als einer heimlichen Räuberei ähnlich sah.
Zur Abstellung dieser Unordnung wählte Cäsar den Sabinns. Unter den ge¬
fangenen Räubern richtete er eine große Niederlage an, brauchte aber doch ein
ganzes Jahr, bis er wieder allgemeine Sicherheit und Frieden hergestellt hatte."
Jene Zeit, wo es nach Properz sogar ein Wagstück war, ohne bewaffnetes Ge¬
leit von Rom nach dem nahen Tibur zu reisen, mag wohl auch Plinius der
Aeltere im Auge haben, wenn er sagt, daß vor dem Beginne des häufigen
Straßenraubs vor jedem Fenster in Rom kleine Blumen- und Gcmüsepflcuizun-
gen gegrünt hätten, daß man aber später die durch Verschluß der Fenster be¬
wirkte Sicherheit dieser Annehmlichkeit vorgezogen habe. Schon zu Ciceros
Zeit war die Umgebung ier Hauptstadt höchst unsicher. Er schreibt an seinen
Freund Atticus: „Mein lieber C. Quintius ist beim Grabmal des Basilius
verwundet und ausgeplündert worden," und nennt in der milonischen Ver¬
theidigungsrede dieselbe Strecke der appischcn Straße „gefährlich, von Straßen¬
räubern wimmelnd." Von der Menge der Banditen bekommt man eine Bor¬
stellung , wenn man bei Strabo liest, daß in dem großen, besonders berüchtigten
gallinarischen Fichtenwald bei i^unä in Campanien die Offiziere des Sexrus
Pompejus während des Krieges mit den Triumvirn förmliche Werbungen unter
den Räubern anstellten! So gerade den Zustand der Unsicherheit vorschützend
trugen die Wegelagerer ganz ungescheut das Schwert an der Seite! August
ließ die Straßen erweitern, die Hohlwege abgraben, legte überall, besonders
an verrufenen Orten, Svldatenstalivnen an und traf selbst militärische Vor¬
kehrungen, so oft er in einem künstlichen See an der Tiber dem Volke das
Schauspiel einer Seeschlacht geben wollte. Daß es ihm dennoch nicht gelang,
das Uebel auszurotten, sieht man daraus, daß schon sein Na.lfo^ > sich ge¬
nöthigt sah, die zu diesem Zwecke angelegten militärischen Posten in Italien zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_282240/120>, abgerufen am 23.07.2024.