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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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Offizieren derselben gesprochen und hierbei erfahren, daß jene obenerwähnte
Brigade am Parthcufer in einer Nückhaltsstellung stehen bleiben solle.

Bei der großen Besorglichkeit des Oberbefehlshabers der Nordarmee, des
Kronprinzen von Schweden, wird diese Maßregel nur zu erklärlich.

Daß mich mein Gedächtniß in diesem Punkte nicht betrogen hat, ersehe
ich aus einer kürzlich erst in meine Hände gekommenen Broschüre, welche von
einem ungenannten Offizier des königsberger Landwchrbataillons im Jahre
1813, also beim frischen Eindruck jener Ereignisse verfaßt ist"). Dort finde ich
nämlich dieses Factum ganz ausdrücklich erwähnt, und zwar gehörte der Bericht¬
erstatter der Brigade Hessen-Homburg, wie erwähnt, selber an. Ueber die
Theilnahme dieses Bataillons an der Schlacht vom 18. wird sodann dahin
Erwähnung gethan, daß das 2. und 3. Bataillon des 3. ostpreußischen Land-
wehrreginrents") am späten Nachmittage theils bei Paunödorf theils bei dem
Dorfe Sturz in die Schlacht eingegriffen haben. Die Erlebnisse des Bataillons
am 19. October sind in dieser Broschüre auf das Ausführlichste beschrieben.

Da nun die beiden anderen Brigaden des 3. Armeecorps -- Borstell und
Krafft -- erst am Nachmittage des 18. bei Paunsdorf in der Schlacht engagirt
waren, so dürfte hieraus ferner hervorgehen, daß die Brigade Hessen-Homburg
bis zum späten Nachmittage in der Stellung bei Taucha verblieben sei, folglich
am 18. nur einen beschränkten Antheil an der Schlacht genommen hat.

Bei unserem Durchmarsch durch Taucha sah es in der Stadt sehr bunt
oder vielmehr sehr traurig aus. Kein Einwohner war sichtbar, dagegen waren
die Häuser mit Verwundeten angefüllt, welche in denselben sogar nicht alle
Platz gefunden haben mochten, denn vor mehren Häusern befanden sich Stroh¬
lager, aus welchen ebenfalls Verwundete lagen.

Unmittelbar hinter der Stadt überschritten wir die Parese auf einer mas¬
siven Brücke und betraten sodann eine weite Ebene, dem Anschein nach eine
große Viehweide, welche nördlich durch die Straße nach Leipzig, südlich durch
eine über mannshohe Kiefernschonung begrenzt war. Durch dieses Hölzchen
wurden wir verhindert, den südlich von uns tobenden Kampf, so nahe derselbe
auch war, übersehen zu können.

Mit der Batterie Ur. 16, bei weicher ich stand, überschritten gleichzeitig
drei Bataillone, nämlich eins vom Regiment Colberg, eins vom 9. Reserve¬
regiment und, eins vom 1. neumärkischen Landwehrregiment die Parese.
Diese drei Bataillone marschirten der Batterie in Colonnen links zur Seite,
wogegen die Batterie sehr bald aus der Marschcolonne zu Einem in Linie




") Königsberg in Pr. bei Heinrich Degen. .
Das 1. Bataillon dieses Regiments war zur Zeit der Schlacht bei Leipzig in Bern"
bürg stationirt.

Offizieren derselben gesprochen und hierbei erfahren, daß jene obenerwähnte
Brigade am Parthcufer in einer Nückhaltsstellung stehen bleiben solle.

Bei der großen Besorglichkeit des Oberbefehlshabers der Nordarmee, des
Kronprinzen von Schweden, wird diese Maßregel nur zu erklärlich.

Daß mich mein Gedächtniß in diesem Punkte nicht betrogen hat, ersehe
ich aus einer kürzlich erst in meine Hände gekommenen Broschüre, welche von
einem ungenannten Offizier des königsberger Landwchrbataillons im Jahre
1813, also beim frischen Eindruck jener Ereignisse verfaßt ist"). Dort finde ich
nämlich dieses Factum ganz ausdrücklich erwähnt, und zwar gehörte der Bericht¬
erstatter der Brigade Hessen-Homburg, wie erwähnt, selber an. Ueber die
Theilnahme dieses Bataillons an der Schlacht vom 18. wird sodann dahin
Erwähnung gethan, daß das 2. und 3. Bataillon des 3. ostpreußischen Land-
wehrreginrents") am späten Nachmittage theils bei Paunödorf theils bei dem
Dorfe Sturz in die Schlacht eingegriffen haben. Die Erlebnisse des Bataillons
am 19. October sind in dieser Broschüre auf das Ausführlichste beschrieben.

Da nun die beiden anderen Brigaden des 3. Armeecorps — Borstell und
Krafft — erst am Nachmittage des 18. bei Paunsdorf in der Schlacht engagirt
waren, so dürfte hieraus ferner hervorgehen, daß die Brigade Hessen-Homburg
bis zum späten Nachmittage in der Stellung bei Taucha verblieben sei, folglich
am 18. nur einen beschränkten Antheil an der Schlacht genommen hat.

Bei unserem Durchmarsch durch Taucha sah es in der Stadt sehr bunt
oder vielmehr sehr traurig aus. Kein Einwohner war sichtbar, dagegen waren
die Häuser mit Verwundeten angefüllt, welche in denselben sogar nicht alle
Platz gefunden haben mochten, denn vor mehren Häusern befanden sich Stroh¬
lager, aus welchen ebenfalls Verwundete lagen.

Unmittelbar hinter der Stadt überschritten wir die Parese auf einer mas¬
siven Brücke und betraten sodann eine weite Ebene, dem Anschein nach eine
große Viehweide, welche nördlich durch die Straße nach Leipzig, südlich durch
eine über mannshohe Kiefernschonung begrenzt war. Durch dieses Hölzchen
wurden wir verhindert, den südlich von uns tobenden Kampf, so nahe derselbe
auch war, übersehen zu können.

Mit der Batterie Ur. 16, bei weicher ich stand, überschritten gleichzeitig
drei Bataillone, nämlich eins vom Regiment Colberg, eins vom 9. Reserve¬
regiment und, eins vom 1. neumärkischen Landwehrregiment die Parese.
Diese drei Bataillone marschirten der Batterie in Colonnen links zur Seite,
wogegen die Batterie sehr bald aus der Marschcolonne zu Einem in Linie




") Königsberg in Pr. bei Heinrich Degen. .
Das 1. Bataillon dieses Regiments war zur Zeit der Schlacht bei Leipzig in Bern»
bürg stationirt.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/62>, abgerufen am 01.10.2024.