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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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fallen war, der auch Dänen und Kaiserliche unter seinem Befehl hatte, zeigte
sich der bittre Haß der Schweden gegen ihre Nachbarn: den Brandenburgern,
erklärten sie bei dieser Gelegenheit, gäben sie sich gern kriegsgefangen, nimmer¬
mehr aber den Dänen.

Mit dem Jahre 1676 übernahm an Mangels Stelle Graf Königsmar?
den Oberbefehl über die schwedische" Truppen. Er war nicht glücklicher als
sein. Vorgänger, welchem die letzten Erfahrungen einen Schaden an seinem
Feldherrnruhme zugefügt, den er nicbt lange überlebt hat; denn schon Mitte
des nächsten Sommers ereilte ihn ein dunkles Geschick. Als Mardeveld,
dem allerdings die Eroberung der Swineschanze gelungen war, nunmehr Wol¬
gast berannte, nutzte der Commandant Hallard den Frost, der die Unternehmungen
der Schweden gefördert hatte, noch witziger als jene. Er hatte nämlich die
Wälle fleißig mit Wasser begießen lassen und als der Feind übers Eis der
Peene heranrückte, konnte er nicht Fuß fassen, sodaß der Sturm trotz seiner
Artillerieeinleitung abgeschlagen wurde. Bald eilte der alte Derfflinger herbei
und warf die Belagerer mit Ungestüm in die Stellung von Stralsund zurück.
Für Hallard bekam jene Affaire noch einen eigenthümlichen Sinn. Durch
seine drei Jahre später geschlossene Heirath wurde er Schwiegersohn des schwe¬
dischen Generals, den er hier bekämpfte und Schwager des jungen Mardeselb,
der bei diesem Kampfe gegen ihn siel.

Nun wild versucht, die Stellung des Kurfürsten diplomatisch zu untcrmi-
niren. Frankreich bietet ihm direct einen vortheilhaften Separatfrieden an, um
ihn von seinen Alliirten zu trennen; ähnliche Anträge bringt Wangelin von
schwedischer Seite. Friedrich Wilhelm weist beide zurück und theilt seinen Ver¬
bündeten die Umtriebe mit. Auch der Ministercongreß, der auf Veranlassung
König Karls des Zweiten von England in Nymwegen stattfindet, bleibt resul¬
tatlos. Brandenburg rüstet aufs neue mit höchster Anstrengung. Denn hier
gilt es, dauernden Erfolg zu erringen. Der kühne Gedanke einer Grundlage
zur Herrschaft über die Ostsee, zum ciominium maris daltiei, wird neu lebendig
und steht unsichtbar auf den Fahnen des rothen brandenburgischen Adlers geschrie¬
ben, die unverwandt zum Meere weisen. >

Die neue Campagne aber ließ sich unfreundlich an. Derfflinger und Schwerin
vermögen die erneuten heftigeren Angriffe gegen Wolgast nicht zu bewältigen.
Sie erleiden schweren Verlust; einige Entschädigung bietet das Glück der mit
dem dänischen Blokadegeschwader verbundenen brandenburgischen Schiffe, die
im Juni bei Oeland dem Feinde eine Korvette mit 22 und ein anderes Kriegs¬
schiff mit 16 Kanonen sowie einen Brander und etliche kleinere Fahrzeuge weg¬
nehmen: auf ihnen unter andern den Oberst Wangelin, der gerade vor einem
Jahr schon einmal gefangen wurde.

Zu derselben Zeit erzwingt der Kurfürst durch Erstürmung des hart ver-


fallen war, der auch Dänen und Kaiserliche unter seinem Befehl hatte, zeigte
sich der bittre Haß der Schweden gegen ihre Nachbarn: den Brandenburgern,
erklärten sie bei dieser Gelegenheit, gäben sie sich gern kriegsgefangen, nimmer¬
mehr aber den Dänen.

Mit dem Jahre 1676 übernahm an Mangels Stelle Graf Königsmar?
den Oberbefehl über die schwedische» Truppen. Er war nicht glücklicher als
sein. Vorgänger, welchem die letzten Erfahrungen einen Schaden an seinem
Feldherrnruhme zugefügt, den er nicbt lange überlebt hat; denn schon Mitte
des nächsten Sommers ereilte ihn ein dunkles Geschick. Als Mardeveld,
dem allerdings die Eroberung der Swineschanze gelungen war, nunmehr Wol¬
gast berannte, nutzte der Commandant Hallard den Frost, der die Unternehmungen
der Schweden gefördert hatte, noch witziger als jene. Er hatte nämlich die
Wälle fleißig mit Wasser begießen lassen und als der Feind übers Eis der
Peene heranrückte, konnte er nicht Fuß fassen, sodaß der Sturm trotz seiner
Artillerieeinleitung abgeschlagen wurde. Bald eilte der alte Derfflinger herbei
und warf die Belagerer mit Ungestüm in die Stellung von Stralsund zurück.
Für Hallard bekam jene Affaire noch einen eigenthümlichen Sinn. Durch
seine drei Jahre später geschlossene Heirath wurde er Schwiegersohn des schwe¬
dischen Generals, den er hier bekämpfte und Schwager des jungen Mardeselb,
der bei diesem Kampfe gegen ihn siel.

Nun wild versucht, die Stellung des Kurfürsten diplomatisch zu untcrmi-
niren. Frankreich bietet ihm direct einen vortheilhaften Separatfrieden an, um
ihn von seinen Alliirten zu trennen; ähnliche Anträge bringt Wangelin von
schwedischer Seite. Friedrich Wilhelm weist beide zurück und theilt seinen Ver¬
bündeten die Umtriebe mit. Auch der Ministercongreß, der auf Veranlassung
König Karls des Zweiten von England in Nymwegen stattfindet, bleibt resul¬
tatlos. Brandenburg rüstet aufs neue mit höchster Anstrengung. Denn hier
gilt es, dauernden Erfolg zu erringen. Der kühne Gedanke einer Grundlage
zur Herrschaft über die Ostsee, zum ciominium maris daltiei, wird neu lebendig
und steht unsichtbar auf den Fahnen des rothen brandenburgischen Adlers geschrie¬
ben, die unverwandt zum Meere weisen. >

Die neue Campagne aber ließ sich unfreundlich an. Derfflinger und Schwerin
vermögen die erneuten heftigeren Angriffe gegen Wolgast nicht zu bewältigen.
Sie erleiden schweren Verlust; einige Entschädigung bietet das Glück der mit
dem dänischen Blokadegeschwader verbundenen brandenburgischen Schiffe, die
im Juni bei Oeland dem Feinde eine Korvette mit 22 und ein anderes Kriegs¬
schiff mit 16 Kanonen sowie einen Brander und etliche kleinere Fahrzeuge weg¬
nehmen: auf ihnen unter andern den Oberst Wangelin, der gerade vor einem
Jahr schon einmal gefangen wurde.

Zu derselben Zeit erzwingt der Kurfürst durch Erstürmung des hart ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/464>, abgerufen am 22.07.2024.