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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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Thatkraft des Nordens zuerst herausforderte. Beauregard. früher Major im
regulären Jngenicurcorps, war von Südcarolina zum General und Comman¬
dant der Streitkräfte des Staates ernannt worden und erhielt als solcher den
Auftrag, das von den Unionstruppen noch im Besitz gehaltene Fort Sünder
zu nehmen. Der Commandant desselben, Major Anderson, hatte auch vom
neuen Präsidenten den Befehl, nur bei einem wirtlichen Angriff feindlich zu
verfahren. So konnie Beauregard ungehindert seine Vorbereitungen treffen
und seine Batterien banen. Nach beendigter Arbeit ließ er am 11. April die
Aufforderung ergehe", das Fort zu räumen und als dies verweigert wurde,
andern Tags früh '/"5 Uhr das Feuer dagegen eröffnen; um Uhr antwor¬
tete das Fort.

Das war der Anfang dieses Krieges, ein Anfang, der in dem Lärm,
welchen er machte, und in der Geringfügigkeit seiner nächsten Wirkungen am
besten darthut, wie wenig beide Seiten kriegsbereit und kriegslustig waren.
Das Fort wurde nach einer 24stündigen furchtbaren Kanonade übergeben; weder
Freund noch Feind Halle einen Todten oder Verwundeten; nur als man nach
der Uebergabe Victoria schoß, platzte ein Rohr und verletzte einen Mann.

Ein Schrei der Entrüstung entrang sich dem Norden beim Eintreffen der
Nachricht von der verübten Gewaltthat; Krieg wurde die Parole, trotz aller
dagegen sprechenden, zum Theil nicht unbedeutenden Stimmen. Am Is. April
rief Lincoln 75,000 Freiwillige zur Vertheidigung der Nation auf und be¬
stimmte ihre Dienstzeit auf drei Monate. So geringe Kraft und so kurze Zeit
hielt er zur Unterwerfung des Südens hinreichend. -- Gleich die nächsten Er¬
eignisse aber sollten ihn eines Andern belehren. Die Cvnföderirten sammelten
sehr bedeutende Streitkräfte bei Manassas Junction, sechs Meilen von Was¬
hington, mit der entschiedenen Absicht, von letzterem Orte Besitz zu nehmen;
Maryland un Rücken der Hauptstadt gelegen und von den Nordstaaten ab¬
schließend, erklärte sich sehr entschieden für den Süden und konnte nur durch
eine Truppcnbesetzung niedergehalten werde"; Westvirginia, !>en zur Union
haltend, wurde deshalb vo" der südlich gesinnten Staaisregierung angegriffen
und verlangte Truppen zur Vertheidigung, und im Staate Mssonn schlug der
Bürgerkrieg in hellen Flammen aus.

Am 3. Mai schon sah sich der Präsident genöthigt, eine stärkere Truppen¬
macht aufzubieten und dieser eine festere Form zu geben, als den bis dahin
eingekommenen Freiwilligen. Er verfügte 1) die Neuformation der Regularen
in einer Stärke von acht Regimentern, Infanterie drei Bataillon 1000
Köpfe, ein Regiment CavaUerie zu 600 Pferden und em Regiment Artillerie
zu 12 Batterien, 2) die Berufung von 39 Regimentern Infanterie und 1 Re¬
giment Cavallerie Freiwillige, im Ganzen 42.000 Mann, auf drei Jahre, und
3) die Einstellung von 18,000 Mann auf 1--3 Jahre in die Flotte. Die


Thatkraft des Nordens zuerst herausforderte. Beauregard. früher Major im
regulären Jngenicurcorps, war von Südcarolina zum General und Comman¬
dant der Streitkräfte des Staates ernannt worden und erhielt als solcher den
Auftrag, das von den Unionstruppen noch im Besitz gehaltene Fort Sünder
zu nehmen. Der Commandant desselben, Major Anderson, hatte auch vom
neuen Präsidenten den Befehl, nur bei einem wirtlichen Angriff feindlich zu
verfahren. So konnie Beauregard ungehindert seine Vorbereitungen treffen
und seine Batterien banen. Nach beendigter Arbeit ließ er am 11. April die
Aufforderung ergehe», das Fort zu räumen und als dies verweigert wurde,
andern Tags früh '/»5 Uhr das Feuer dagegen eröffnen; um Uhr antwor¬
tete das Fort.

Das war der Anfang dieses Krieges, ein Anfang, der in dem Lärm,
welchen er machte, und in der Geringfügigkeit seiner nächsten Wirkungen am
besten darthut, wie wenig beide Seiten kriegsbereit und kriegslustig waren.
Das Fort wurde nach einer 24stündigen furchtbaren Kanonade übergeben; weder
Freund noch Feind Halle einen Todten oder Verwundeten; nur als man nach
der Uebergabe Victoria schoß, platzte ein Rohr und verletzte einen Mann.

Ein Schrei der Entrüstung entrang sich dem Norden beim Eintreffen der
Nachricht von der verübten Gewaltthat; Krieg wurde die Parole, trotz aller
dagegen sprechenden, zum Theil nicht unbedeutenden Stimmen. Am Is. April
rief Lincoln 75,000 Freiwillige zur Vertheidigung der Nation auf und be¬
stimmte ihre Dienstzeit auf drei Monate. So geringe Kraft und so kurze Zeit
hielt er zur Unterwerfung des Südens hinreichend. — Gleich die nächsten Er¬
eignisse aber sollten ihn eines Andern belehren. Die Cvnföderirten sammelten
sehr bedeutende Streitkräfte bei Manassas Junction, sechs Meilen von Was¬
hington, mit der entschiedenen Absicht, von letzterem Orte Besitz zu nehmen;
Maryland un Rücken der Hauptstadt gelegen und von den Nordstaaten ab¬
schließend, erklärte sich sehr entschieden für den Süden und konnte nur durch
eine Truppcnbesetzung niedergehalten werde»; Westvirginia, !>en zur Union
haltend, wurde deshalb vo» der südlich gesinnten Staaisregierung angegriffen
und verlangte Truppen zur Vertheidigung, und im Staate Mssonn schlug der
Bürgerkrieg in hellen Flammen aus.

Am 3. Mai schon sah sich der Präsident genöthigt, eine stärkere Truppen¬
macht aufzubieten und dieser eine festere Form zu geben, als den bis dahin
eingekommenen Freiwilligen. Er verfügte 1) die Neuformation der Regularen
in einer Stärke von acht Regimentern, Infanterie drei Bataillon 1000
Köpfe, ein Regiment CavaUerie zu 600 Pferden und em Regiment Artillerie
zu 12 Batterien, 2) die Berufung von 39 Regimentern Infanterie und 1 Re¬
giment Cavallerie Freiwillige, im Ganzen 42.000 Mann, auf drei Jahre, und
3) die Einstellung von 18,000 Mann auf 1—3 Jahre in die Flotte. Die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/396>, abgerufen am 22.07.2024.