Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.obgleich es S. KM. Dahl. ihm einigemal verboten hatte, ließ er es doch Der Kurfürst operirte nun auf eigne Rechnung und Gefahr weiter. Zu¬ Es ist anmuthig, die Schilderungen zu verfolgen, die uns von der Art Einträgliche Streifzüge amusirten das Hauptquartier. So erbeutete Oberst¬ 47'
obgleich es S. KM. Dahl. ihm einigemal verboten hatte, ließ er es doch Der Kurfürst operirte nun auf eigne Rechnung und Gefahr weiter. Zu¬ Es ist anmuthig, die Schilderungen zu verfolgen, die uns von der Art Einträgliche Streifzüge amusirten das Hauptquartier. So erbeutete Oberst¬ 47'
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189999"/> <p xml:id="ID_1311" prev="#ID_1310"> obgleich es S. KM. Dahl. ihm einigemal verboten hatte, ließ er es doch<lb/> nicht."</p><lb/> <p xml:id="ID_1312"> Der Kurfürst operirte nun auf eigne Rechnung und Gefahr weiter. Zu¬<lb/> nächst beschloß er die Burg Wasselheim zu nehmen, welche die Franzosen besetzt<lb/> hatten. General Goltz warf eine Batterie davor auf und arbeitete rüstig an<lb/> den Approchen, die vom Hauptquartier aus fleißig besucht wurden. Besonders<lb/> vorwitzig trieb sich der Kurprinz in der Nähe herum, mit jugendlicher Verachtung<lb/> aller Gefahr. Leider sollte sich Buchs Prophezeihung nicht bestätigen, der nach<lb/> seinen damaligen Wahrnehmungen den Glauben aussprach, der Kurprinz werde<lb/> bald der tüchtigste Feldherr in der Christenheit sui. Einige Tage später setzte<lb/> er sich mit Buch dergestalt dem Feinde aus, daß er nur dank der unerklärlichen<lb/> Unthätigkeit der Franzosen davon kommt, die dem Berichterstatter die Wahrheit<lb/> des Satzes lehrt, daß große Herrn auch große Fehler machen; ein Axiom, wel¬<lb/> ches die Genossen ebenso gut auch aus sich selber anwenden konnten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1313"> Es ist anmuthig, die Schilderungen zu verfolgen, die uns von der Art<lb/> und Weise gemacht werden, wie Goltz die Arbeiten förderte. Immer war er<lb/> selber zur Hand. So entreißt er einmal einem Soldaten die Hacke, um ihm<lb/> zu zeigen, wie er zu manipuliren habe. Zu einer Attake gegen den Graben<lb/> wollte Goltz die Nacht erwarten, um die Leute zu sparen. „Wer den Schweins¬<lb/> kopf essen will, darf die Köpfe der Hunde nicht schonen," meint der Kurfürst<lb/> dagegen. Goltz läßt sich das nicht zweimal sagen; „S. Durchl. sollen bald<lb/> etwas Vergnügliches sehen," entgegnet er, holt sich eine Handvoll Infanterie,<lb/> führt sie selbst, den Degen in der Faust, vor an die Stelle, die sie durch Gc-<lb/> wehrsalven behaupten müssen, und macht in Begleitung eines Musketiers die<lb/> Runde bei allen Posten. AIs er bei dieser Gelegenheit einen Franzosen aus<lb/> der Burg auf sich anlegen sieht, ergreift er seinen Stock, hebt ihn an die<lb/> Backe und zielt jenem entgegen, so daß der Feind sich hinter die Mauer duckt.<lb/> Bei der ersten Unterhandlung mit den Belagerte», die Buch übernimmt, wird<lb/> in Cavalierweise die Gesundheit des Kurfürsten von den Franzosen, die Lud¬<lb/> wigs des Vierzehnten vom Brandenburger getrunken. Am 14. October ergab sich<lb/> das Schloß; die Besatzung zog mit Bagage ab.</p><lb/> <p xml:id="ID_1314" next="#ID_1315"> Einträgliche Streifzüge amusirten das Hauptquartier. So erbeutete Oberst¬<lb/> lieutenant Henniges das ganze Silberzeug des Malschalls Crcqui, fünf<lb/> Maulesel voll; wenig fehlte, so hätte er den Eigenthümer dazu erwischt. Den<lb/> Marquis von Brüssol, der in denselben Tagen todt eingebracht ward, schickte<lb/> der Kurfürst einbalsamirt ins französische Lager zurück. Großes und Entschei¬<lb/> dendes war aber kaum zu unternehmen. Der Winter stand vor der Thür; man<lb/> hatte bereits die Position bei Blashcim wieder gewählt. Krankheit herrschte,<lb/> besonders unter den Kaiserlichen ziemlich stark. Am 5. November war jedoch<lb/> noch beschlossen worden, Feldmarschall Derfflinger sollte mit 10,000 Mann das</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 47'</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
obgleich es S. KM. Dahl. ihm einigemal verboten hatte, ließ er es doch
nicht."
Der Kurfürst operirte nun auf eigne Rechnung und Gefahr weiter. Zu¬
nächst beschloß er die Burg Wasselheim zu nehmen, welche die Franzosen besetzt
hatten. General Goltz warf eine Batterie davor auf und arbeitete rüstig an
den Approchen, die vom Hauptquartier aus fleißig besucht wurden. Besonders
vorwitzig trieb sich der Kurprinz in der Nähe herum, mit jugendlicher Verachtung
aller Gefahr. Leider sollte sich Buchs Prophezeihung nicht bestätigen, der nach
seinen damaligen Wahrnehmungen den Glauben aussprach, der Kurprinz werde
bald der tüchtigste Feldherr in der Christenheit sui. Einige Tage später setzte
er sich mit Buch dergestalt dem Feinde aus, daß er nur dank der unerklärlichen
Unthätigkeit der Franzosen davon kommt, die dem Berichterstatter die Wahrheit
des Satzes lehrt, daß große Herrn auch große Fehler machen; ein Axiom, wel¬
ches die Genossen ebenso gut auch aus sich selber anwenden konnten.
Es ist anmuthig, die Schilderungen zu verfolgen, die uns von der Art
und Weise gemacht werden, wie Goltz die Arbeiten förderte. Immer war er
selber zur Hand. So entreißt er einmal einem Soldaten die Hacke, um ihm
zu zeigen, wie er zu manipuliren habe. Zu einer Attake gegen den Graben
wollte Goltz die Nacht erwarten, um die Leute zu sparen. „Wer den Schweins¬
kopf essen will, darf die Köpfe der Hunde nicht schonen," meint der Kurfürst
dagegen. Goltz läßt sich das nicht zweimal sagen; „S. Durchl. sollen bald
etwas Vergnügliches sehen," entgegnet er, holt sich eine Handvoll Infanterie,
führt sie selbst, den Degen in der Faust, vor an die Stelle, die sie durch Gc-
wehrsalven behaupten müssen, und macht in Begleitung eines Musketiers die
Runde bei allen Posten. AIs er bei dieser Gelegenheit einen Franzosen aus
der Burg auf sich anlegen sieht, ergreift er seinen Stock, hebt ihn an die
Backe und zielt jenem entgegen, so daß der Feind sich hinter die Mauer duckt.
Bei der ersten Unterhandlung mit den Belagerte», die Buch übernimmt, wird
in Cavalierweise die Gesundheit des Kurfürsten von den Franzosen, die Lud¬
wigs des Vierzehnten vom Brandenburger getrunken. Am 14. October ergab sich
das Schloß; die Besatzung zog mit Bagage ab.
Einträgliche Streifzüge amusirten das Hauptquartier. So erbeutete Oberst¬
lieutenant Henniges das ganze Silberzeug des Malschalls Crcqui, fünf
Maulesel voll; wenig fehlte, so hätte er den Eigenthümer dazu erwischt. Den
Marquis von Brüssol, der in denselben Tagen todt eingebracht ward, schickte
der Kurfürst einbalsamirt ins französische Lager zurück. Großes und Entschei¬
dendes war aber kaum zu unternehmen. Der Winter stand vor der Thür; man
hatte bereits die Position bei Blashcim wieder gewählt. Krankheit herrschte,
besonders unter den Kaiserlichen ziemlich stark. Am 5. November war jedoch
noch beschlossen worden, Feldmarschall Derfflinger sollte mit 10,000 Mann das
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