Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.stimmt, das Untergeordnete zu besorgen; das Wichtige gehört dem Einzelnen. So hat denn die Armeeverwaltung der Union nach jeder Richtung hin viel Gleich mangelhaft wie die Armecverwaltung ist der Generalstab in stimmt, das Untergeordnete zu besorgen; das Wichtige gehört dem Einzelnen. So hat denn die Armeeverwaltung der Union nach jeder Richtung hin viel Gleich mangelhaft wie die Armecverwaltung ist der Generalstab in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0336" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189960"/> <p xml:id="ID_1157" prev="#ID_1156"> stimmt, das Untergeordnete zu besorgen; das Wichtige gehört dem Einzelnen.<lb/> So hoch die Welt aber eine Stelle achtet, so hoch stellt der, welcher sie einnimmt,<lb/> die Ehre seines Postens. Die Beamten der Republik erachten ihren Posten nur<lb/> so viel werth, als er ihnen auf Nebenwegen abwirft. Das war und ist die<lb/> Gesinnung, mit welcher sämmtliche Beamte der Militärverwaltung in der Union<lb/> «n das Wert einer Organisation unter den denkbar schwierigsten Verhältnissen<lb/> gingen. Vom Kriegsminister abwärts bis zum geringsten Schreiber, vom Ge¬<lb/> neral bis zum Feldwebel hatten alle bei ihren Leistungen nicht das Bestreben,<lb/> das Beste zu besorgen, sondern möglichst viel für sich zu verdienen. Waffen<lb/> z. B., die von einer Truppe als ganz untauglich und als altes Eisen verkauft<lb/> waren, wurden von derselben Truppe und denselben Personen, welche den Ver¬<lb/> kauf besorgt hatten, zu einem enormen Preis wieder angekauft; Pferde wurden<lb/> gekauft und wieder ausrangirt ohne je in Wirklichkeit vorhanden gewesen zu sein<lb/> u. s. w. Von den Untersucbungscomites sind über dergleichen Vorkommnisse Fo¬<lb/> lianten angefüllt, aber diese Vergehen gelten als so naturgemäß, daß sie in<lb/> der Union für straflos angesehen werden und höchstens den Verlust des Amts,<lb/> nie den der äußern Ehre zur Folge haben. Der Pfiffigste ist der Beste; der<lb/> Staat ist eben keine moralische Person und wird demgemäß behandelt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1158"> So hat denn die Armeeverwaltung der Union nach jeder Richtung hin viel<lb/> Geld ausgegeben uno nur außerordentlich wenig geleistet. Die Bewaffnung<lb/> der Armee besteht heute noch zum größten Theil aus alten Waffen europäischer<lb/> Armeen, nur in der Artillerie und zwar vor allen Dingen in den Schiffskanonen<lb/> ist in der letzten Zeit etwas Neues geschaffen und den Fortschritten der Industrie<lb/> Genüge gethan. — In der Bekleidung und zumal in der Ernährung hat erst<lb/> eine Art von Lynchjustiz, weiche die Soldaten an den Lieferanten ausübten,<lb/> Besserung geschaffen. Das Schlimmste war und ist heute noch, daß der Train,<lb/> welcher den auf das Minimum beschränkten Comfort der häuslichen Existenz<lb/> der Armee repräsentirt, keine feste und gute Organisation fand, wodurch eine<lb/> rasche Einrichtung der Armee in allen Lagen verhindert wird. -— So hängt<lb/> denn bis auf den heutigen Tag die mangelhafte Militärverwaltungsbranche<lb/> gleich einem Bleigewichte am Gange der Operationen und giebt ihnen einen<lb/> Mangel an Bewegung und Erfolg, wie man ihn bei der Energie der Schlachten<lb/> und Kämpfe kaum für möglich hält. Nur in den Lazarethangelegenheiten hat<lb/> die Privathilfe Angemessenes und selbst Außerordentliches geschaffen wie ein<lb/> Aufsatz in diesen Blättern vor kurzem mittheilte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1159" next="#ID_1160"> Gleich mangelhaft wie die Armecverwaltung ist der Generalstab in<lb/> der Unionsarmee. Der Krieg galt im Lande als 'so unmöglich, daß für die<lb/> Ausbildung eines Generalstabes nie etwas gethan worden war. Ja man hatte<lb/> so wenig Begriff von seiner Wichtigkeit, daß man z. B. dem General Mac<lb/> Dowell, als man ihm das Commando der dritten Armee von Washington</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0336]
stimmt, das Untergeordnete zu besorgen; das Wichtige gehört dem Einzelnen.
So hoch die Welt aber eine Stelle achtet, so hoch stellt der, welcher sie einnimmt,
die Ehre seines Postens. Die Beamten der Republik erachten ihren Posten nur
so viel werth, als er ihnen auf Nebenwegen abwirft. Das war und ist die
Gesinnung, mit welcher sämmtliche Beamte der Militärverwaltung in der Union
«n das Wert einer Organisation unter den denkbar schwierigsten Verhältnissen
gingen. Vom Kriegsminister abwärts bis zum geringsten Schreiber, vom Ge¬
neral bis zum Feldwebel hatten alle bei ihren Leistungen nicht das Bestreben,
das Beste zu besorgen, sondern möglichst viel für sich zu verdienen. Waffen
z. B., die von einer Truppe als ganz untauglich und als altes Eisen verkauft
waren, wurden von derselben Truppe und denselben Personen, welche den Ver¬
kauf besorgt hatten, zu einem enormen Preis wieder angekauft; Pferde wurden
gekauft und wieder ausrangirt ohne je in Wirklichkeit vorhanden gewesen zu sein
u. s. w. Von den Untersucbungscomites sind über dergleichen Vorkommnisse Fo¬
lianten angefüllt, aber diese Vergehen gelten als so naturgemäß, daß sie in
der Union für straflos angesehen werden und höchstens den Verlust des Amts,
nie den der äußern Ehre zur Folge haben. Der Pfiffigste ist der Beste; der
Staat ist eben keine moralische Person und wird demgemäß behandelt.
So hat denn die Armeeverwaltung der Union nach jeder Richtung hin viel
Geld ausgegeben uno nur außerordentlich wenig geleistet. Die Bewaffnung
der Armee besteht heute noch zum größten Theil aus alten Waffen europäischer
Armeen, nur in der Artillerie und zwar vor allen Dingen in den Schiffskanonen
ist in der letzten Zeit etwas Neues geschaffen und den Fortschritten der Industrie
Genüge gethan. — In der Bekleidung und zumal in der Ernährung hat erst
eine Art von Lynchjustiz, weiche die Soldaten an den Lieferanten ausübten,
Besserung geschaffen. Das Schlimmste war und ist heute noch, daß der Train,
welcher den auf das Minimum beschränkten Comfort der häuslichen Existenz
der Armee repräsentirt, keine feste und gute Organisation fand, wodurch eine
rasche Einrichtung der Armee in allen Lagen verhindert wird. -— So hängt
denn bis auf den heutigen Tag die mangelhafte Militärverwaltungsbranche
gleich einem Bleigewichte am Gange der Operationen und giebt ihnen einen
Mangel an Bewegung und Erfolg, wie man ihn bei der Energie der Schlachten
und Kämpfe kaum für möglich hält. Nur in den Lazarethangelegenheiten hat
die Privathilfe Angemessenes und selbst Außerordentliches geschaffen wie ein
Aufsatz in diesen Blättern vor kurzem mittheilte.
Gleich mangelhaft wie die Armecverwaltung ist der Generalstab in
der Unionsarmee. Der Krieg galt im Lande als 'so unmöglich, daß für die
Ausbildung eines Generalstabes nie etwas gethan worden war. Ja man hatte
so wenig Begriff von seiner Wichtigkeit, daß man z. B. dem General Mac
Dowell, als man ihm das Commando der dritten Armee von Washington
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