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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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obgleich nur eine ganz geringe Minderzahl der Bevölkerung einnehmend, (circa
300,000 Seelen) in folgendem Verhältniß seit Gründung der Republik 1789 sich
an Besetzung der ersten Stellen des Landes betheiligt. Von 16 Präsidenten waren
11, von 28 Oberbundcsrichtcrn 17, von 77 Präsidenten des Senats 61. von 33
Sprechern des Hauses 21 und von 134 amerikanischen Gesandten im Auslande
80 Sklavenhalter. -- Und noch lange und mit jedem Jahre, wo sich das Land
mehr entwickelt und das Regieren schwieriger geworden wäre, hätten die aristo¬
kratischen Elemente des Südens das Heft fester in die Hand bekommen, wenn
sie nicht ihr persönliches Interesse über das des Staates gesetzt und die Aus¬
breitung der Sklaverei zu einer Aufgabe ihrer Regierung gemacht hätten. Bei
der Constituirung der nordamcnkanischen Freistaaten zählten die Negersklaven
des Landes 698,000 Seelen und waren über das ganze Land verbreitet. Seit
jener Zeit ist ihre Zahl in jedem Decennium um etwa 28 Procent gewachsen,
so daß sie 1860 3,952,000 Seelen ausmachten, und die ganze Skiavenvevöl-
kerung hat sich im Süden concentrirt. Die Vermehrung hat stattgehabt theils
durch Einfuhr, theils durch Erwerbung von Sklavenstaaten wie Florida und
Louisiana und endlich durch Züchtung von Sklaven in den angrenzenden nörd¬
lichern Staaten, wo die Plantagenarbeit sie nicht consumirte. Bis in das erste
Decennium dieses Jahrhunderts folgte die Union dem in Europa rege gewordenen
Sterben, die Sklaverei zu beschränken; die nördlichen Staaten unterdrückten sie
bei sich ganz und 1807 verbot der Congreß allen überseeischen Sklavenhandel.
Seitdem aber wurde die Sklaverei, je mehr sie in den europäischen Colonien
unterlag, um so vortheilhafter und gewinnreicher für die Lande, welche sie
behielten.

Der Baumwollenbau, der sich um das Jahr 1820 in jenen Staaten aus¬
bildete, erhöhte einerseits den Gewinn der Sklavenarbeit und vermehrte andrer¬
seits den Einfluß der Sklavenhalter. Der Gewinn stieg derart, daß ein männ¬
licher Sklave, bei einem Kostenpreis von durchschnittlich 1000 Dollars, dem Be¬
sitzer durch Verleihen allein einen jährlichen Reingewinn von 250 Dollars ab¬
warf und der Leider dabei mindestens ebensoviel in der Plantage verdiente.
Der Eurfluß des Baumwollenbaues aber wuchs mit der Ausdehnung dieser Cul¬
tur. Im Jahre 1820 betrug die Ausfuhr der Baumwolle 300,000 Ballen und
stieg bis zum Jahre 1860 auf 6 Millionen Ballen in einem Werthe von 200
Millionen Dollars. Die nordamerikanischen Sklavenhalter producirten V" des
Baumwollenbedarss der ganzen Welt und überließen den Vertrieb desselben ganz
ihren nordstaatlichen Brüdern, den Handelsherren. Dadurch wurden diese mit
dem Sklaveninteresse des Südens verbunden. Grund und Boden war hinrei¬
chend vorhanden, um die Cultur auszudehnen, es bedürfte nur der Arbeitskräfte,
es bedürfte also der immer größern Ausdehnung und Consolidation der Sklaverei.
Diesem Ziele wandten die Sklavenhalter die ganze in ihren Händen befindliche


obgleich nur eine ganz geringe Minderzahl der Bevölkerung einnehmend, (circa
300,000 Seelen) in folgendem Verhältniß seit Gründung der Republik 1789 sich
an Besetzung der ersten Stellen des Landes betheiligt. Von 16 Präsidenten waren
11, von 28 Oberbundcsrichtcrn 17, von 77 Präsidenten des Senats 61. von 33
Sprechern des Hauses 21 und von 134 amerikanischen Gesandten im Auslande
80 Sklavenhalter. — Und noch lange und mit jedem Jahre, wo sich das Land
mehr entwickelt und das Regieren schwieriger geworden wäre, hätten die aristo¬
kratischen Elemente des Südens das Heft fester in die Hand bekommen, wenn
sie nicht ihr persönliches Interesse über das des Staates gesetzt und die Aus¬
breitung der Sklaverei zu einer Aufgabe ihrer Regierung gemacht hätten. Bei
der Constituirung der nordamcnkanischen Freistaaten zählten die Negersklaven
des Landes 698,000 Seelen und waren über das ganze Land verbreitet. Seit
jener Zeit ist ihre Zahl in jedem Decennium um etwa 28 Procent gewachsen,
so daß sie 1860 3,952,000 Seelen ausmachten, und die ganze Skiavenvevöl-
kerung hat sich im Süden concentrirt. Die Vermehrung hat stattgehabt theils
durch Einfuhr, theils durch Erwerbung von Sklavenstaaten wie Florida und
Louisiana und endlich durch Züchtung von Sklaven in den angrenzenden nörd¬
lichern Staaten, wo die Plantagenarbeit sie nicht consumirte. Bis in das erste
Decennium dieses Jahrhunderts folgte die Union dem in Europa rege gewordenen
Sterben, die Sklaverei zu beschränken; die nördlichen Staaten unterdrückten sie
bei sich ganz und 1807 verbot der Congreß allen überseeischen Sklavenhandel.
Seitdem aber wurde die Sklaverei, je mehr sie in den europäischen Colonien
unterlag, um so vortheilhafter und gewinnreicher für die Lande, welche sie
behielten.

Der Baumwollenbau, der sich um das Jahr 1820 in jenen Staaten aus¬
bildete, erhöhte einerseits den Gewinn der Sklavenarbeit und vermehrte andrer¬
seits den Einfluß der Sklavenhalter. Der Gewinn stieg derart, daß ein männ¬
licher Sklave, bei einem Kostenpreis von durchschnittlich 1000 Dollars, dem Be¬
sitzer durch Verleihen allein einen jährlichen Reingewinn von 250 Dollars ab¬
warf und der Leider dabei mindestens ebensoviel in der Plantage verdiente.
Der Eurfluß des Baumwollenbaues aber wuchs mit der Ausdehnung dieser Cul¬
tur. Im Jahre 1820 betrug die Ausfuhr der Baumwolle 300,000 Ballen und
stieg bis zum Jahre 1860 auf 6 Millionen Ballen in einem Werthe von 200
Millionen Dollars. Die nordamerikanischen Sklavenhalter producirten V« des
Baumwollenbedarss der ganzen Welt und überließen den Vertrieb desselben ganz
ihren nordstaatlichen Brüdern, den Handelsherren. Dadurch wurden diese mit
dem Sklaveninteresse des Südens verbunden. Grund und Boden war hinrei¬
chend vorhanden, um die Cultur auszudehnen, es bedürfte nur der Arbeitskräfte,
es bedürfte also der immer größern Ausdehnung und Consolidation der Sklaverei.
Diesem Ziele wandten die Sklavenhalter die ganze in ihren Händen befindliche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/290>, abgerufen am 25.08.2024.