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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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der zu der Armenpflege und den städtischen Steuern beiträgt und zu dem Ge-
schworneiidicnste und der Uebernahme von Cvmmunalämtern verpflichtet ist
("col iruälot,)*), Die so constituirte Bürgerschaft wählt nur aus den höher
Besteuerten (der Census, nacb der Größe der Städte verschieden, ist mäßig)
die Cvuncillors, etwa unsern Stadtverordneten vergleichbar, nach der Größe
der Städte zwölf bis achtundvierzig, von denen jährlich ein Drittel ausscheiden,
aber wieder wählbar sind. Die Stadtverordneten wählen auf sechs Jahre die
^Itermeir, deren Zahl aus ein Drittel der Stadtverordneten bemessen ist. Die¬
selben sind im Wesentlichen nur ein Ausschuß aus den Stadtverordneten, kein
eigentliches Magistratscollegium. Die Spitze der Verwaltung ist der Mayor.
der von dem Gemeinderath jährlich gewählt wird. Dieser ist Borsitzender des
Gemeinderaths, w'ährcnd seines Amtsjahrs und des folgenden Jahres Friedens¬
richter und wahllcitender Beamter, hat also mehr eine ehrenvolle als einflu߬
reiche Stellung. Der eigentliche Sitz der städtischen Verwaltung liegt im Ge-
meinderath sowie in den Berwaltungsausscbüssen, deren Beschlüsse indessen
der Bestätigung des Gemeinderathes unterworfen sind. Die technische Ver¬
waltung (und dies ist eine sehr bedenkliche Abweichung von den Principien des
Selfgovernments) liegt meist in den Händen besoldeter Beamter, besonders
des sehr einflußreichen Stadtschreibers und des Schatzmeisters.

Die Polizei- und Gerichtsverwaltung ist auch in den Lecideen, die in die¬
ser Beziehung von dem Grafschaftsverbande exinurt sind, ein Ausfluß der
königlichen Gewalt. Mit Ausnahme des Mayors, der wie sein unmittelbarer
Amtsvorgänger von Amtswegen zu den Friedensrichtern gehört, ernennt der
König die Friedensrichter aus den städtischen Notabeln; desgleichen wird, wo
eine Stadt ihre eigene Gerichtsbarkeit hat, also von den Grasschaftequcntal-
assiscn eximirt ist, der Stadtrichter (reeoi-avr) vom König ernannt. Somit fällt
ein großer Theil der Obliegenheiten, die bei uns dem gewählten Magistrate
zukommen, vom Könige ernannten Beamten zu, wie denn auch Gneist scharf¬
sinnig die Analogie der städtischen Friedcnscvmmissionen mit unsern Magistraten
hervorhebt").

Das hier in aller Kürze und nur in den allgemeinsten Zügen skizzirte Bild
des Städtewesens wird sich vervollständigen, wenn wir die gegenwärtige Ge¬
staltung der Grafschaft und ihre Unterabtheilungen ins Auge fassen. Die
städtische Verwaltung ist der der Grafschaftsverwaltung theils untergeordnet,




") Die Vorbehalte, die zu Gunsten einiger nach ")en frühern Verhältnisse" Berechtigte"
gemacht sind, müssen wir, da es uns nur auf Angabe der allgemeinste" Züge ankommt, An'
berücksichtigt lassen.
") Was die sehr merkwürdige Verfassung der Stadt London betrifft, so müssen wir uns
hier damit begnüge", auf das Wert selbst zu verweisen.

der zu der Armenpflege und den städtischen Steuern beiträgt und zu dem Ge-
schworneiidicnste und der Uebernahme von Cvmmunalämtern verpflichtet ist
(»col iruälot,)*), Die so constituirte Bürgerschaft wählt nur aus den höher
Besteuerten (der Census, nacb der Größe der Städte verschieden, ist mäßig)
die Cvuncillors, etwa unsern Stadtverordneten vergleichbar, nach der Größe
der Städte zwölf bis achtundvierzig, von denen jährlich ein Drittel ausscheiden,
aber wieder wählbar sind. Die Stadtverordneten wählen auf sechs Jahre die
^Itermeir, deren Zahl aus ein Drittel der Stadtverordneten bemessen ist. Die¬
selben sind im Wesentlichen nur ein Ausschuß aus den Stadtverordneten, kein
eigentliches Magistratscollegium. Die Spitze der Verwaltung ist der Mayor.
der von dem Gemeinderath jährlich gewählt wird. Dieser ist Borsitzender des
Gemeinderaths, w'ährcnd seines Amtsjahrs und des folgenden Jahres Friedens¬
richter und wahllcitender Beamter, hat also mehr eine ehrenvolle als einflu߬
reiche Stellung. Der eigentliche Sitz der städtischen Verwaltung liegt im Ge-
meinderath sowie in den Berwaltungsausscbüssen, deren Beschlüsse indessen
der Bestätigung des Gemeinderathes unterworfen sind. Die technische Ver¬
waltung (und dies ist eine sehr bedenkliche Abweichung von den Principien des
Selfgovernments) liegt meist in den Händen besoldeter Beamter, besonders
des sehr einflußreichen Stadtschreibers und des Schatzmeisters.

Die Polizei- und Gerichtsverwaltung ist auch in den Lecideen, die in die¬
ser Beziehung von dem Grafschaftsverbande exinurt sind, ein Ausfluß der
königlichen Gewalt. Mit Ausnahme des Mayors, der wie sein unmittelbarer
Amtsvorgänger von Amtswegen zu den Friedensrichtern gehört, ernennt der
König die Friedensrichter aus den städtischen Notabeln; desgleichen wird, wo
eine Stadt ihre eigene Gerichtsbarkeit hat, also von den Grasschaftequcntal-
assiscn eximirt ist, der Stadtrichter (reeoi-avr) vom König ernannt. Somit fällt
ein großer Theil der Obliegenheiten, die bei uns dem gewählten Magistrate
zukommen, vom Könige ernannten Beamten zu, wie denn auch Gneist scharf¬
sinnig die Analogie der städtischen Friedcnscvmmissionen mit unsern Magistraten
hervorhebt").

Das hier in aller Kürze und nur in den allgemeinsten Zügen skizzirte Bild
des Städtewesens wird sich vervollständigen, wenn wir die gegenwärtige Ge¬
staltung der Grafschaft und ihre Unterabtheilungen ins Auge fassen. Die
städtische Verwaltung ist der der Grafschaftsverwaltung theils untergeordnet,




") Die Vorbehalte, die zu Gunsten einiger nach ")en frühern Verhältnisse» Berechtigte»
gemacht sind, müssen wir, da es uns nur auf Angabe der allgemeinste» Züge ankommt, An'
berücksichtigt lassen.
") Was die sehr merkwürdige Verfassung der Stadt London betrifft, so müssen wir uns
hier damit begnüge», auf das Wert selbst zu verweisen.
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[0182] der zu der Armenpflege und den städtischen Steuern beiträgt und zu dem Ge- schworneiidicnste und der Uebernahme von Cvmmunalämtern verpflichtet ist (»col iruälot,)*), Die so constituirte Bürgerschaft wählt nur aus den höher Besteuerten (der Census, nacb der Größe der Städte verschieden, ist mäßig) die Cvuncillors, etwa unsern Stadtverordneten vergleichbar, nach der Größe der Städte zwölf bis achtundvierzig, von denen jährlich ein Drittel ausscheiden, aber wieder wählbar sind. Die Stadtverordneten wählen auf sechs Jahre die ^Itermeir, deren Zahl aus ein Drittel der Stadtverordneten bemessen ist. Die¬ selben sind im Wesentlichen nur ein Ausschuß aus den Stadtverordneten, kein eigentliches Magistratscollegium. Die Spitze der Verwaltung ist der Mayor. der von dem Gemeinderath jährlich gewählt wird. Dieser ist Borsitzender des Gemeinderaths, w'ährcnd seines Amtsjahrs und des folgenden Jahres Friedens¬ richter und wahllcitender Beamter, hat also mehr eine ehrenvolle als einflu߬ reiche Stellung. Der eigentliche Sitz der städtischen Verwaltung liegt im Ge- meinderath sowie in den Berwaltungsausscbüssen, deren Beschlüsse indessen der Bestätigung des Gemeinderathes unterworfen sind. Die technische Ver¬ waltung (und dies ist eine sehr bedenkliche Abweichung von den Principien des Selfgovernments) liegt meist in den Händen besoldeter Beamter, besonders des sehr einflußreichen Stadtschreibers und des Schatzmeisters. Die Polizei- und Gerichtsverwaltung ist auch in den Lecideen, die in die¬ ser Beziehung von dem Grafschaftsverbande exinurt sind, ein Ausfluß der königlichen Gewalt. Mit Ausnahme des Mayors, der wie sein unmittelbarer Amtsvorgänger von Amtswegen zu den Friedensrichtern gehört, ernennt der König die Friedensrichter aus den städtischen Notabeln; desgleichen wird, wo eine Stadt ihre eigene Gerichtsbarkeit hat, also von den Grasschaftequcntal- assiscn eximirt ist, der Stadtrichter (reeoi-avr) vom König ernannt. Somit fällt ein großer Theil der Obliegenheiten, die bei uns dem gewählten Magistrate zukommen, vom Könige ernannten Beamten zu, wie denn auch Gneist scharf¬ sinnig die Analogie der städtischen Friedcnscvmmissionen mit unsern Magistraten hervorhebt"). Das hier in aller Kürze und nur in den allgemeinsten Zügen skizzirte Bild des Städtewesens wird sich vervollständigen, wenn wir die gegenwärtige Ge¬ staltung der Grafschaft und ihre Unterabtheilungen ins Auge fassen. Die städtische Verwaltung ist der der Grafschaftsverwaltung theils untergeordnet, ") Die Vorbehalte, die zu Gunsten einiger nach ")en frühern Verhältnisse» Berechtigte» gemacht sind, müssen wir, da es uns nur auf Angabe der allgemeinste» Züge ankommt, An' berücksichtigt lassen. ") Was die sehr merkwürdige Verfassung der Stadt London betrifft, so müssen wir uns hier damit begnüge», auf das Wert selbst zu verweisen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/182>, abgerufen am 01.10.2024.