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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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des neuen Orangeriegebäudes bei Sanssouci oder sonst in der Nähe ihre Be¬
stimmung sehr wohl erfüllen. Von demselben Künstler erwähne ich noch ein
paar ganz vortreffliche Büsten. Wenn ich zu den Genannten noch Müller. Ton-
deur, Genutat. Büchting, Bayerhaus, Pohle hinzufüge, kann ich meinen Be¬
richt über die plastischen Werke der diesmaligen Ausstellung füglich schließen.




Das englische Selfgovernment.
2.

Das siebzehnte Jahrhundert schloß für England mit der gewaltigsten Ver¬
änderung ab. die einen monarchischen Staat betreffen kann, einem gewaltsamen
Thron- und Dynastiewechsel. Daß man dem Wechsel ein möglichst legitimes
Gepräge aufzudrücken suchte, ist ein Beweis für die politische Bildung der eng¬
lischen Nation, änderte aber in der Sache nichts. Die Erschütterung, welche
der rasche Umschwung mit sich führte, pflanzte sich in weiten Kreisen durch die
ganze Nation fort. Denn die vertriebene Königsfamilie hatte im Lande zahl¬
reiche ergebene und für die Principien der Legitimität leidenschaftlich begeisterte
Anhänger. Und doch ließ der Wechsel die breiten und festen Grundlagen der
Staatsverwaltung unerschüttert. Keine sociale Frage, die Stand gegen Stand,
Classe gegen Classe in den Kampf getrieben hätte, tauchte auf. Die Beamten
der Grafschaften verrichteten ihre Obliegenheiten nach wie vor. Alle Ver¬
änderungen, die in dem Gefüge des Staates eintraten, erfolgten so ruhig, daß
sie in gar keinem Zusammenhange mit der großen Hauptaction zu stehen
schienen.

In den höchsten Kreisen des Staatslebens tritt allerdings eine thatsächliche,
aber keineswegs eine staatsrechtliche Veränderung ein, die darin besteht, daß
der Schwerpunkt der Staatsregierung (da die beiden großen Parteien, die sich
gebildet hatten, die Whigs und Tones, sich zu schroff gegenüberstanden, um
in gemeinschaftlichem Wirken mit einander den Staat zu regieren) aus dem
Staatsrath in das Cabinet gelegt wird. Es war dies nicht eigentlich eine
Neuerung, da schon die Stuarts durch das Cabinet, nicht durch den Staats-
rath regiert hatten; der große Unterschied liegt aber dann, daß das Cabinet


des neuen Orangeriegebäudes bei Sanssouci oder sonst in der Nähe ihre Be¬
stimmung sehr wohl erfüllen. Von demselben Künstler erwähne ich noch ein
paar ganz vortreffliche Büsten. Wenn ich zu den Genannten noch Müller. Ton-
deur, Genutat. Büchting, Bayerhaus, Pohle hinzufüge, kann ich meinen Be¬
richt über die plastischen Werke der diesmaligen Ausstellung füglich schließen.




Das englische Selfgovernment.
2.

Das siebzehnte Jahrhundert schloß für England mit der gewaltigsten Ver¬
änderung ab. die einen monarchischen Staat betreffen kann, einem gewaltsamen
Thron- und Dynastiewechsel. Daß man dem Wechsel ein möglichst legitimes
Gepräge aufzudrücken suchte, ist ein Beweis für die politische Bildung der eng¬
lischen Nation, änderte aber in der Sache nichts. Die Erschütterung, welche
der rasche Umschwung mit sich führte, pflanzte sich in weiten Kreisen durch die
ganze Nation fort. Denn die vertriebene Königsfamilie hatte im Lande zahl¬
reiche ergebene und für die Principien der Legitimität leidenschaftlich begeisterte
Anhänger. Und doch ließ der Wechsel die breiten und festen Grundlagen der
Staatsverwaltung unerschüttert. Keine sociale Frage, die Stand gegen Stand,
Classe gegen Classe in den Kampf getrieben hätte, tauchte auf. Die Beamten
der Grafschaften verrichteten ihre Obliegenheiten nach wie vor. Alle Ver¬
änderungen, die in dem Gefüge des Staates eintraten, erfolgten so ruhig, daß
sie in gar keinem Zusammenhange mit der großen Hauptaction zu stehen
schienen.

In den höchsten Kreisen des Staatslebens tritt allerdings eine thatsächliche,
aber keineswegs eine staatsrechtliche Veränderung ein, die darin besteht, daß
der Schwerpunkt der Staatsregierung (da die beiden großen Parteien, die sich
gebildet hatten, die Whigs und Tones, sich zu schroff gegenüberstanden, um
in gemeinschaftlichem Wirken mit einander den Staat zu regieren) aus dem
Staatsrath in das Cabinet gelegt wird. Es war dies nicht eigentlich eine
Neuerung, da schon die Stuarts durch das Cabinet, nicht durch den Staats-
rath regiert hatten; der große Unterschied liegt aber dann, daß das Cabinet


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[0176] des neuen Orangeriegebäudes bei Sanssouci oder sonst in der Nähe ihre Be¬ stimmung sehr wohl erfüllen. Von demselben Künstler erwähne ich noch ein paar ganz vortreffliche Büsten. Wenn ich zu den Genannten noch Müller. Ton- deur, Genutat. Büchting, Bayerhaus, Pohle hinzufüge, kann ich meinen Be¬ richt über die plastischen Werke der diesmaligen Ausstellung füglich schließen. Das englische Selfgovernment. 2. Das siebzehnte Jahrhundert schloß für England mit der gewaltigsten Ver¬ änderung ab. die einen monarchischen Staat betreffen kann, einem gewaltsamen Thron- und Dynastiewechsel. Daß man dem Wechsel ein möglichst legitimes Gepräge aufzudrücken suchte, ist ein Beweis für die politische Bildung der eng¬ lischen Nation, änderte aber in der Sache nichts. Die Erschütterung, welche der rasche Umschwung mit sich führte, pflanzte sich in weiten Kreisen durch die ganze Nation fort. Denn die vertriebene Königsfamilie hatte im Lande zahl¬ reiche ergebene und für die Principien der Legitimität leidenschaftlich begeisterte Anhänger. Und doch ließ der Wechsel die breiten und festen Grundlagen der Staatsverwaltung unerschüttert. Keine sociale Frage, die Stand gegen Stand, Classe gegen Classe in den Kampf getrieben hätte, tauchte auf. Die Beamten der Grafschaften verrichteten ihre Obliegenheiten nach wie vor. Alle Ver¬ änderungen, die in dem Gefüge des Staates eintraten, erfolgten so ruhig, daß sie in gar keinem Zusammenhange mit der großen Hauptaction zu stehen schienen. In den höchsten Kreisen des Staatslebens tritt allerdings eine thatsächliche, aber keineswegs eine staatsrechtliche Veränderung ein, die darin besteht, daß der Schwerpunkt der Staatsregierung (da die beiden großen Parteien, die sich gebildet hatten, die Whigs und Tones, sich zu schroff gegenüberstanden, um in gemeinschaftlichem Wirken mit einander den Staat zu regieren) aus dem Staatsrath in das Cabinet gelegt wird. Es war dies nicht eigentlich eine Neuerung, da schon die Stuarts durch das Cabinet, nicht durch den Staats- rath regiert hatten; der große Unterschied liegt aber dann, daß das Cabinet

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/176>, abgerufen am 03.07.2024.