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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band.

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überhaupt möglich wurde, einzeln durch die enge Ausgangsthüre des Thor¬
wärterhäuschens in die Vorstadt einzudringen.

Als dies nun einzelnen Leuten gelungen, das große Eingangsthor geöffnet
und sowohl der übrige Theil des königsberger Landwebrbataillons wie ferner
ein Bataillon des dritten ostpreußischen Infanterieregiments in das Innere
eingedrungen war begann ein verzweifelter Kampf, indem nicht allein die
feindlichen Truppen, welche aus dem Johanniskirchhofe im Versteck gelegen
hatten, auf die Preußen einstürmten, sondern auch andere feindliche Abtheilungen
mit Cavallerie vereint auf der breiten grimmaischen Straße entgegenrückten.
Außerdem hatten die preußischen Truppen auch noch das Feuer zweier feind¬
lichen Geschütze auszuhalten.

In diesem kritischen Moment waren aber zwei Compagnien des oben er¬
wähnten schwedischen Bataillons mit ihren beiden Geschützen innerhalb des
Thores erschienen und boten dem feindlichen Geschützfeuer Paroli.

Trotzdem drang der Feind aufs Neue vor.

Dieser Choc brachte die beiden schwedischen Compagnien trotz der Gegen¬
wart ihres Generalstabschefs Adlerkrcutz, welcher sich bemühte, diese Truppen
gegen den Feind zu führen, dergestalt außer Fassung, daß sie zurückwichen und
ihre tapfer ausharrenden Geschütze, bei denen der Offizier erschossen wurde,
ihrem Schicksal überließen").

Da drangen die Tircnllcurs des pommerschen Grenadierbataillons wie¬
der aus der Querstraße hervor, sielen dem anstürmenden Feinde in die linke
Flanke und befreiten in Gemeinschaft mit den auch in der Front vorrückenden
preußischen Bataillonen der Brigade Hessen-Homburg die aufgegebenen Geschütze,
wogegen die schwedische Infanterie in ihrer retrograden Bewegung verharrte.

Im weiteren Verfolg des Sturmgefcchts erreichten die nunmehr vereinigten
Truppen der beiden Brigaden Borstell und Hessen-Homburg, welch erstere durch
das Hinterthor und über die Quergasse bis aus die grimmaische Straße
vorgedrungen waren, den südlich vor der inneren Stadt gelegenen Noßplatz,
woselbst sie das zum schrecklichen Durcheinander der wildesten Flucht sich stei¬
gernde Zurückweichen des Feindes übersehen konnten.

Die Brigade Borstest, welche ihren Angriff rechts (nördlich) vom grimmai¬
schen Thore gegen die Stadt unternommen, hatte sich, nachdem kleinere Abthei¬
lungen derselben bereits durch verschiedene Gartenpforten in das Innere der
Vorstadt eingedrungen waren, mit der Mehrzahl ihres Truppenbcstandcs bis
an das Hinterthor und das vor demselben belegene Milchinselvorwerk gewendet.

An diesem Vorwerk stießen die Truppen auf den heftigsten Widerstand.



') Nach den schwedischen Berichte" sollen sechs Bataillone Schweden zur Unterstützung
der preußischen Truppe" durch das griinmnische Thor eingedrungen sein.

überhaupt möglich wurde, einzeln durch die enge Ausgangsthüre des Thor¬
wärterhäuschens in die Vorstadt einzudringen.

Als dies nun einzelnen Leuten gelungen, das große Eingangsthor geöffnet
und sowohl der übrige Theil des königsberger Landwebrbataillons wie ferner
ein Bataillon des dritten ostpreußischen Infanterieregiments in das Innere
eingedrungen war begann ein verzweifelter Kampf, indem nicht allein die
feindlichen Truppen, welche aus dem Johanniskirchhofe im Versteck gelegen
hatten, auf die Preußen einstürmten, sondern auch andere feindliche Abtheilungen
mit Cavallerie vereint auf der breiten grimmaischen Straße entgegenrückten.
Außerdem hatten die preußischen Truppen auch noch das Feuer zweier feind¬
lichen Geschütze auszuhalten.

In diesem kritischen Moment waren aber zwei Compagnien des oben er¬
wähnten schwedischen Bataillons mit ihren beiden Geschützen innerhalb des
Thores erschienen und boten dem feindlichen Geschützfeuer Paroli.

Trotzdem drang der Feind aufs Neue vor.

Dieser Choc brachte die beiden schwedischen Compagnien trotz der Gegen¬
wart ihres Generalstabschefs Adlerkrcutz, welcher sich bemühte, diese Truppen
gegen den Feind zu führen, dergestalt außer Fassung, daß sie zurückwichen und
ihre tapfer ausharrenden Geschütze, bei denen der Offizier erschossen wurde,
ihrem Schicksal überließen").

Da drangen die Tircnllcurs des pommerschen Grenadierbataillons wie¬
der aus der Querstraße hervor, sielen dem anstürmenden Feinde in die linke
Flanke und befreiten in Gemeinschaft mit den auch in der Front vorrückenden
preußischen Bataillonen der Brigade Hessen-Homburg die aufgegebenen Geschütze,
wogegen die schwedische Infanterie in ihrer retrograden Bewegung verharrte.

Im weiteren Verfolg des Sturmgefcchts erreichten die nunmehr vereinigten
Truppen der beiden Brigaden Borstell und Hessen-Homburg, welch erstere durch
das Hinterthor und über die Quergasse bis aus die grimmaische Straße
vorgedrungen waren, den südlich vor der inneren Stadt gelegenen Noßplatz,
woselbst sie das zum schrecklichen Durcheinander der wildesten Flucht sich stei¬
gernde Zurückweichen des Feindes übersehen konnten.

Die Brigade Borstest, welche ihren Angriff rechts (nördlich) vom grimmai¬
schen Thore gegen die Stadt unternommen, hatte sich, nachdem kleinere Abthei¬
lungen derselben bereits durch verschiedene Gartenpforten in das Innere der
Vorstadt eingedrungen waren, mit der Mehrzahl ihres Truppenbcstandcs bis
an das Hinterthor und das vor demselben belegene Milchinselvorwerk gewendet.

An diesem Vorwerk stießen die Truppen auf den heftigsten Widerstand.



') Nach den schwedischen Berichte» sollen sechs Bataillone Schweden zur Unterstützung
der preußischen Truppe» durch das griinmnische Thor eingedrungen sein.
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[0114] überhaupt möglich wurde, einzeln durch die enge Ausgangsthüre des Thor¬ wärterhäuschens in die Vorstadt einzudringen. Als dies nun einzelnen Leuten gelungen, das große Eingangsthor geöffnet und sowohl der übrige Theil des königsberger Landwebrbataillons wie ferner ein Bataillon des dritten ostpreußischen Infanterieregiments in das Innere eingedrungen war begann ein verzweifelter Kampf, indem nicht allein die feindlichen Truppen, welche aus dem Johanniskirchhofe im Versteck gelegen hatten, auf die Preußen einstürmten, sondern auch andere feindliche Abtheilungen mit Cavallerie vereint auf der breiten grimmaischen Straße entgegenrückten. Außerdem hatten die preußischen Truppen auch noch das Feuer zweier feind¬ lichen Geschütze auszuhalten. In diesem kritischen Moment waren aber zwei Compagnien des oben er¬ wähnten schwedischen Bataillons mit ihren beiden Geschützen innerhalb des Thores erschienen und boten dem feindlichen Geschützfeuer Paroli. Trotzdem drang der Feind aufs Neue vor. Dieser Choc brachte die beiden schwedischen Compagnien trotz der Gegen¬ wart ihres Generalstabschefs Adlerkrcutz, welcher sich bemühte, diese Truppen gegen den Feind zu führen, dergestalt außer Fassung, daß sie zurückwichen und ihre tapfer ausharrenden Geschütze, bei denen der Offizier erschossen wurde, ihrem Schicksal überließen"). Da drangen die Tircnllcurs des pommerschen Grenadierbataillons wie¬ der aus der Querstraße hervor, sielen dem anstürmenden Feinde in die linke Flanke und befreiten in Gemeinschaft mit den auch in der Front vorrückenden preußischen Bataillonen der Brigade Hessen-Homburg die aufgegebenen Geschütze, wogegen die schwedische Infanterie in ihrer retrograden Bewegung verharrte. Im weiteren Verfolg des Sturmgefcchts erreichten die nunmehr vereinigten Truppen der beiden Brigaden Borstell und Hessen-Homburg, welch erstere durch das Hinterthor und über die Quergasse bis aus die grimmaische Straße vorgedrungen waren, den südlich vor der inneren Stadt gelegenen Noßplatz, woselbst sie das zum schrecklichen Durcheinander der wildesten Flucht sich stei¬ gernde Zurückweichen des Feindes übersehen konnten. Die Brigade Borstest, welche ihren Angriff rechts (nördlich) vom grimmai¬ schen Thore gegen die Stadt unternommen, hatte sich, nachdem kleinere Abthei¬ lungen derselben bereits durch verschiedene Gartenpforten in das Innere der Vorstadt eingedrungen waren, mit der Mehrzahl ihres Truppenbcstandcs bis an das Hinterthor und das vor demselben belegene Milchinselvorwerk gewendet. An diesem Vorwerk stießen die Truppen auf den heftigsten Widerstand. ') Nach den schwedischen Berichte» sollen sechs Bataillone Schweden zur Unterstützung der preußischen Truppe» durch das griinmnische Thor eingedrungen sein.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_360480/114>, abgerufen am 01.10.2024.