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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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gebiet geben, nämlich über Oehring und Jdstedt an die Nordbeste. Von hier
wollte man sodann die Trave bei Oldesloe erreichen und diesen Fluß bis hinter
Lübeck, so lauge er seinen nördlichen Lauf fortsetzt, zum .Kanal vertiefen und
umgestalten. Von der Stelle an, wo die Trave nach Osten umbiegt, sollte der
Kanal baun in den hemmelsdvrfer See geführt und dieser letztere durch einen
kleinen Durchstich bei Niendorf mit der Ostsee verbunden werden.

Nähere technische Untersuchungen über die ganze in Vorschlag gebrachte
Linie, die eine Länge von etwa 16 Meilen haben würde, liegen nicht vor, und
so muß es dahingestellt bleiben, ob die Erwartung derer, die sie befürworten,
daß sich hier ein Kanal mit nur zwei Abzugsschleußen schaffen läßt, sich bestätigt.
Wenn man in dieser Beziehung daran erinnert, daß zwischen den Gebieten der
Stör und Trave in dem 1525 angelegten Alsterkanal schon einmal eine Wasser¬
verbindung existirt habe, so bezweifelt unsre Schrift, ob jener Kanal jemals
befahren worden. Jedenfalls ist die zu überwindende Erhebung des Landes
eine sehr bedeutende. Außerdem haften dieser Linie andere erhebliche Mängel
an. Erstens wird der Bau derselben schon wegen ihrer Länge -- sie ist gerade
dreimal so lang als die zwischen Husum und Eckernförde -- sehr große Kosten,
nach Sturtz wenigstens 70 Millionen Thaler, verursachen. Dann aber erweckt
der hcmmelsdorfer See Bedenken. Derselbe hat allerdings eine Oberfläche von
etwa 2000 Morgen und theilweisx eine beträchtliche Tiefe, die auf einem Raume
von 350 Morgen über 30 Fuß beträgt. Allein dieses schone Wasserbassin kann
mit seinem Süßwasser höchstens als ein guter Binnenhafen betrachtet werden,
zumal es eine schlechte Rhede vor sich hat und von dieser aus nur durch den
schmalen künstlichen Durchstich erreicht werden kann. Es würde sich hier nur
das Verhältniß bei Eckernförde und zwar noch ungünstiger wiederholen, da das
windebyer Nver gleich geräumig, aber von gleichmäßigerer Tiefe als der hemmels-
dorfer See ist, als serner die eckernförder Bucht eine besser geschützte Rhede dar¬
bietet wie der neustädter Busen, und als jene einen guten, diese aber einen so
schlechten Ankergrund hat, daß die Schiffe vor Anker treiben. Es würden hier
also zu den Kanalkostcn noch die unzweifelhaft sehr hohen Ausgaben für einen
Außenhafen kommen, und bei alledem würde man weder in nautischer noch in
militärischer Hinsicht ein so günstiges Ergebniß für den östlichen Hasen des
Kanals erzielen als bei Kiel mit verhältnißmäßig geringen Kosten.

"Wir würden." so schließt der Verfasser unsrer Schrift seine Beurtheilung
der zwölf Kanalprojecte, "da wir auf die politische Bedeutung der Kanalanlagc
eine ebenso großes Gewicht wie auf die commerzielle legen, geneigt sein, die
vier Linien, die uns der Aufmerksamkeit vorzüglich werth zu sein scheinen, so
zu ordnen, daß wir dem Project Kiel-Brunsbüttel, wenn es technisch durch¬
führbar ist, den Vorzug einräumten und erst, wenn sich hier unüberwindliche
Schwierigkeiten zeigen sollten, auf die Linien Büttel-Eckernförde, allenfalls Husum-


Grenzboten NI. 1864. 8

gebiet geben, nämlich über Oehring und Jdstedt an die Nordbeste. Von hier
wollte man sodann die Trave bei Oldesloe erreichen und diesen Fluß bis hinter
Lübeck, so lauge er seinen nördlichen Lauf fortsetzt, zum .Kanal vertiefen und
umgestalten. Von der Stelle an, wo die Trave nach Osten umbiegt, sollte der
Kanal baun in den hemmelsdvrfer See geführt und dieser letztere durch einen
kleinen Durchstich bei Niendorf mit der Ostsee verbunden werden.

Nähere technische Untersuchungen über die ganze in Vorschlag gebrachte
Linie, die eine Länge von etwa 16 Meilen haben würde, liegen nicht vor, und
so muß es dahingestellt bleiben, ob die Erwartung derer, die sie befürworten,
daß sich hier ein Kanal mit nur zwei Abzugsschleußen schaffen läßt, sich bestätigt.
Wenn man in dieser Beziehung daran erinnert, daß zwischen den Gebieten der
Stör und Trave in dem 1525 angelegten Alsterkanal schon einmal eine Wasser¬
verbindung existirt habe, so bezweifelt unsre Schrift, ob jener Kanal jemals
befahren worden. Jedenfalls ist die zu überwindende Erhebung des Landes
eine sehr bedeutende. Außerdem haften dieser Linie andere erhebliche Mängel
an. Erstens wird der Bau derselben schon wegen ihrer Länge — sie ist gerade
dreimal so lang als die zwischen Husum und Eckernförde — sehr große Kosten,
nach Sturtz wenigstens 70 Millionen Thaler, verursachen. Dann aber erweckt
der hcmmelsdorfer See Bedenken. Derselbe hat allerdings eine Oberfläche von
etwa 2000 Morgen und theilweisx eine beträchtliche Tiefe, die auf einem Raume
von 350 Morgen über 30 Fuß beträgt. Allein dieses schone Wasserbassin kann
mit seinem Süßwasser höchstens als ein guter Binnenhafen betrachtet werden,
zumal es eine schlechte Rhede vor sich hat und von dieser aus nur durch den
schmalen künstlichen Durchstich erreicht werden kann. Es würde sich hier nur
das Verhältniß bei Eckernförde und zwar noch ungünstiger wiederholen, da das
windebyer Nver gleich geräumig, aber von gleichmäßigerer Tiefe als der hemmels-
dorfer See ist, als serner die eckernförder Bucht eine besser geschützte Rhede dar¬
bietet wie der neustädter Busen, und als jene einen guten, diese aber einen so
schlechten Ankergrund hat, daß die Schiffe vor Anker treiben. Es würden hier
also zu den Kanalkostcn noch die unzweifelhaft sehr hohen Ausgaben für einen
Außenhafen kommen, und bei alledem würde man weder in nautischer noch in
militärischer Hinsicht ein so günstiges Ergebniß für den östlichen Hasen des
Kanals erzielen als bei Kiel mit verhältnißmäßig geringen Kosten.

„Wir würden." so schließt der Verfasser unsrer Schrift seine Beurtheilung
der zwölf Kanalprojecte, „da wir auf die politische Bedeutung der Kanalanlagc
eine ebenso großes Gewicht wie auf die commerzielle legen, geneigt sein, die
vier Linien, die uns der Aufmerksamkeit vorzüglich werth zu sein scheinen, so
zu ordnen, daß wir dem Project Kiel-Brunsbüttel, wenn es technisch durch¬
führbar ist, den Vorzug einräumten und erst, wenn sich hier unüberwindliche
Schwierigkeiten zeigen sollten, auf die Linien Büttel-Eckernförde, allenfalls Husum-


Grenzboten NI. 1864. 8
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/65>, abgerufen am 28.09.2024.