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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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günstigsten Falle den Unternehmern nichts gewährte als eine gegenüber dem
Risiko, welches sie liefen, durchaus unzureichende Entschädigung, während bei einem
ungünstigen Ergebniß der ganze Nachtheil auf ihnen haften blieb, wie es leider
eingetreten ist. Wie die Sachen liegen, und da der Staat inzwischen -den
Weiterbau nach Freiberg ausgeführt hat, wird nichts übrig bleiben, als daß
derselbe sich in Besitz der Albertsbahn setze, und wir-können nur wünschen, daß
dies geschehe, ohne daß die Actionäre derselben Leidensbrüder anderer werden.

Wenn Vorstehendes einige nicht ganz tadellose Verfahrungsweisen des Staates
gegenüber den Privatgesellschaften bezeichnet, so möge nur kurz noch berührt
werden, daß derselbe auch bei den aus eigener Entschließung in Angriff
genommenen Eisenbahnanlagen nicht immer eine glückliche Hand bewährt.
Nehmen wir z. B. die kleine Bahn von Niederschlema nach Schneeberg, so
stoßen wir auf ein so unglückliches Geschäft, wie verhältnißmäßig nur wenige
existiren. Wir mißgönnen sicherlich den achtbaren und gewerbfleißigen Bewohnern
Schneebergs das Vergnügen nicht, bis an den Fuß ihres stattlichen Bergrückens
mit Dampfeskraft gelangen zu können, aber offenbar ist dieses doch das Opfer
nicht werth, welches der Staat dafür zu bringen hat, und es war dies klar
genug vorauszusehen, da Schnceverg bekanntlich keine Productenmasscn hat,
oder bezieht, die eine Eisenbahn lohnend machen können, während der Personen¬
verkehr dies ebenso wenig vermag. Was aber soll man sagen, wenn man
aus der ersten besten Karte die Linie verfolgt, welche der jetzt in Ausführung
begriffenen Eisenbahnverbindung von Herlaßgrün nach Eger gegeben worden ist.
Vergleicht man damit diejenige, welche von Plauen über Oelsnitz direct nach
Eger eingeschlagen werden konnte und naturgemäß sollte, so ist man allerdings
an dem Punkte angekommen, wo das Unbegreifliche beginnt. Unzweifelhaft
wird die Linie von Plauen nach Oelsnitz früher oder später doch noch gebaut
werden müssen, und wäre es daher besser gewesen, wenn man die Städte Treuen,
Auerbach und Falkenstein mit der bayerschen Bahn in Verbindung bringen
wollte und mußte, -- dies durch eine nur bis zu letzterem Orte reichende Bahn
zu erzielen und, wenn es noch Zeit wäre, dies noch jetzt zu thun, statt den
sämmtlichen Verkehr nöthigen zu wollen die Schlangenwindungen und außer¬
ordentlichen Steigungen der ganzen Strecke von Herlaßgrün bis Oelsnitz zu
durchlaufen. Wenn wir recht unterrichtet sind, trägt indeß die Regierung selbst
bei dieser traurigen Wahl nur die Schuld zu großer Nachgiebigkeit.

Nachdem wir durch das Vorstehende hinreichend gezeigt zu haben glauben,
daß die Anwendung des bisher befolgten Systems eine glückliche wenigstens
nicht war, wenden wir uns zu demjenigen, was in Zukunft geschehen soll, und
hier finden wir, daß das Decret dies ziemlich in der Schwebe läßt, indem es
Gründe pro und eovtra anführt, jedoch zu dem Schlüsse gelangt, daß es in
der Absicht der Regierung und der Stände nicht liegen könne, während der


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günstigsten Falle den Unternehmern nichts gewährte als eine gegenüber dem
Risiko, welches sie liefen, durchaus unzureichende Entschädigung, während bei einem
ungünstigen Ergebniß der ganze Nachtheil auf ihnen haften blieb, wie es leider
eingetreten ist. Wie die Sachen liegen, und da der Staat inzwischen -den
Weiterbau nach Freiberg ausgeführt hat, wird nichts übrig bleiben, als daß
derselbe sich in Besitz der Albertsbahn setze, und wir-können nur wünschen, daß
dies geschehe, ohne daß die Actionäre derselben Leidensbrüder anderer werden.

Wenn Vorstehendes einige nicht ganz tadellose Verfahrungsweisen des Staates
gegenüber den Privatgesellschaften bezeichnet, so möge nur kurz noch berührt
werden, daß derselbe auch bei den aus eigener Entschließung in Angriff
genommenen Eisenbahnanlagen nicht immer eine glückliche Hand bewährt.
Nehmen wir z. B. die kleine Bahn von Niederschlema nach Schneeberg, so
stoßen wir auf ein so unglückliches Geschäft, wie verhältnißmäßig nur wenige
existiren. Wir mißgönnen sicherlich den achtbaren und gewerbfleißigen Bewohnern
Schneebergs das Vergnügen nicht, bis an den Fuß ihres stattlichen Bergrückens
mit Dampfeskraft gelangen zu können, aber offenbar ist dieses doch das Opfer
nicht werth, welches der Staat dafür zu bringen hat, und es war dies klar
genug vorauszusehen, da Schnceverg bekanntlich keine Productenmasscn hat,
oder bezieht, die eine Eisenbahn lohnend machen können, während der Personen¬
verkehr dies ebenso wenig vermag. Was aber soll man sagen, wenn man
aus der ersten besten Karte die Linie verfolgt, welche der jetzt in Ausführung
begriffenen Eisenbahnverbindung von Herlaßgrün nach Eger gegeben worden ist.
Vergleicht man damit diejenige, welche von Plauen über Oelsnitz direct nach
Eger eingeschlagen werden konnte und naturgemäß sollte, so ist man allerdings
an dem Punkte angekommen, wo das Unbegreifliche beginnt. Unzweifelhaft
wird die Linie von Plauen nach Oelsnitz früher oder später doch noch gebaut
werden müssen, und wäre es daher besser gewesen, wenn man die Städte Treuen,
Auerbach und Falkenstein mit der bayerschen Bahn in Verbindung bringen
wollte und mußte, — dies durch eine nur bis zu letzterem Orte reichende Bahn
zu erzielen und, wenn es noch Zeit wäre, dies noch jetzt zu thun, statt den
sämmtlichen Verkehr nöthigen zu wollen die Schlangenwindungen und außer¬
ordentlichen Steigungen der ganzen Strecke von Herlaßgrün bis Oelsnitz zu
durchlaufen. Wenn wir recht unterrichtet sind, trägt indeß die Regierung selbst
bei dieser traurigen Wahl nur die Schuld zu großer Nachgiebigkeit.

Nachdem wir durch das Vorstehende hinreichend gezeigt zu haben glauben,
daß die Anwendung des bisher befolgten Systems eine glückliche wenigstens
nicht war, wenden wir uns zu demjenigen, was in Zukunft geschehen soll, und
hier finden wir, daß das Decret dies ziemlich in der Schwebe läßt, indem es
Gründe pro und eovtra anführt, jedoch zu dem Schlüsse gelangt, daß es in
der Absicht der Regierung und der Stände nicht liegen könne, während der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/51>, abgerufen am 28.09.2024.