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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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zwar wird dasselbe jedesmal in den ersten Tagen des October nach zwei Rocken
vorher ergangner Bekanntmachung gehalten, nicht mehr auf jenen Hügeln, son¬
dern in der Gerichtsstube der Landvogtei, In diesem großen öffentlichen Gericht
hat der Landvogt indes; feine Stimme, sondern nur die Befugnis; und Pflicht, das
Protokoll zu führen. An die Stelle der "gebotnen," d. h. der zur Erledigung
besonders dringlicher Angelegenheiten angesagten außerordentlichen Thinge ist
jetzt ein Gericht getreten, das aus dem Landvogt und zwei Rathmännern besteht
und nach nordstrander Recht entscheidet, "damit der durchlauchtige und hoch-
geborne Fürst und Herr Johannes der Aeltere von Gottes Gnaden Erbe zu
Norwegen. Herzog zu Schleswig-Holstein u. s. w. seine Unterthanen, die fünf
Hardesräthc, Bunde und Einwohner desselbigen seines Landes begnadet und
begäbet hat Anno 1572".

Die Communal- und Landschaftssachen werden durch neun Landesbevoll¬
mächtigte verhandelt und verwaltet, die sich jährlich einige Male zu Kennen in
dem Gebäude zwischen der Post und Groots Wirthshaus und in dem langen
Zimmer versammeln, wo die Keitumer im Winter ihren Svnntagstanz halten.
Das Institut der Landesbevollmächtigen ist bei allem Nutzen, den die innere
Oekonomie der Insel davon hat, nicht besonders populär auf Sylt, und zwar
lediglich deshalb, weil es eine Schöpfung der dänischen Regierung ist. Man
haßt eben auch hier alles, was von Kopenhagen kommt, selbst das Gute.
Man will auch hier an der obersten Nordwestecke des von der deutschen
Nation bewohnten Gebiets mit Deutschland, nicht mit Dänemark verbunden
sein. Man nimmt sonst hier nicht viel Antheil an politischen Dingen, als aber
1848 der Ruf der Deutschen nach einer allgemeinen Volksvertretung, nach
einem deutschen Parlament hierher gedrungen war und endlich die Wahlen zu
demselben ausgeschrieben wurden, da versammelten sich auch die Männer von
Sylt zur Erwählung eines Vertreters, und nicht weniger als vierhundert
Stimmen bezeugten, das; die ganze Insel, soweit sie in der Sache zu reden be¬
rufen war, den Gedanken eines einigen Deutschlands willkommen hieß. Sorgen
wir dafür, so viel an uns ist, daß Sylt und alle seine friesischen Nachbarinseln
nun endlich für Deutschland gewonnen werden und unwiderruflich gewonnen.




zwar wird dasselbe jedesmal in den ersten Tagen des October nach zwei Rocken
vorher ergangner Bekanntmachung gehalten, nicht mehr auf jenen Hügeln, son¬
dern in der Gerichtsstube der Landvogtei, In diesem großen öffentlichen Gericht
hat der Landvogt indes; feine Stimme, sondern nur die Befugnis; und Pflicht, das
Protokoll zu führen. An die Stelle der „gebotnen," d. h. der zur Erledigung
besonders dringlicher Angelegenheiten angesagten außerordentlichen Thinge ist
jetzt ein Gericht getreten, das aus dem Landvogt und zwei Rathmännern besteht
und nach nordstrander Recht entscheidet, „damit der durchlauchtige und hoch-
geborne Fürst und Herr Johannes der Aeltere von Gottes Gnaden Erbe zu
Norwegen. Herzog zu Schleswig-Holstein u. s. w. seine Unterthanen, die fünf
Hardesräthc, Bunde und Einwohner desselbigen seines Landes begnadet und
begäbet hat Anno 1572".

Die Communal- und Landschaftssachen werden durch neun Landesbevoll¬
mächtigte verhandelt und verwaltet, die sich jährlich einige Male zu Kennen in
dem Gebäude zwischen der Post und Groots Wirthshaus und in dem langen
Zimmer versammeln, wo die Keitumer im Winter ihren Svnntagstanz halten.
Das Institut der Landesbevollmächtigen ist bei allem Nutzen, den die innere
Oekonomie der Insel davon hat, nicht besonders populär auf Sylt, und zwar
lediglich deshalb, weil es eine Schöpfung der dänischen Regierung ist. Man
haßt eben auch hier alles, was von Kopenhagen kommt, selbst das Gute.
Man will auch hier an der obersten Nordwestecke des von der deutschen
Nation bewohnten Gebiets mit Deutschland, nicht mit Dänemark verbunden
sein. Man nimmt sonst hier nicht viel Antheil an politischen Dingen, als aber
1848 der Ruf der Deutschen nach einer allgemeinen Volksvertretung, nach
einem deutschen Parlament hierher gedrungen war und endlich die Wahlen zu
demselben ausgeschrieben wurden, da versammelten sich auch die Männer von
Sylt zur Erwählung eines Vertreters, und nicht weniger als vierhundert
Stimmen bezeugten, das; die ganze Insel, soweit sie in der Sache zu reden be¬
rufen war, den Gedanken eines einigen Deutschlands willkommen hieß. Sorgen
wir dafür, so viel an uns ist, daß Sylt und alle seine friesischen Nachbarinseln
nun endlich für Deutschland gewonnen werden und unwiderruflich gewonnen.




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[0043] zwar wird dasselbe jedesmal in den ersten Tagen des October nach zwei Rocken vorher ergangner Bekanntmachung gehalten, nicht mehr auf jenen Hügeln, son¬ dern in der Gerichtsstube der Landvogtei, In diesem großen öffentlichen Gericht hat der Landvogt indes; feine Stimme, sondern nur die Befugnis; und Pflicht, das Protokoll zu führen. An die Stelle der „gebotnen," d. h. der zur Erledigung besonders dringlicher Angelegenheiten angesagten außerordentlichen Thinge ist jetzt ein Gericht getreten, das aus dem Landvogt und zwei Rathmännern besteht und nach nordstrander Recht entscheidet, „damit der durchlauchtige und hoch- geborne Fürst und Herr Johannes der Aeltere von Gottes Gnaden Erbe zu Norwegen. Herzog zu Schleswig-Holstein u. s. w. seine Unterthanen, die fünf Hardesräthc, Bunde und Einwohner desselbigen seines Landes begnadet und begäbet hat Anno 1572". Die Communal- und Landschaftssachen werden durch neun Landesbevoll¬ mächtigte verhandelt und verwaltet, die sich jährlich einige Male zu Kennen in dem Gebäude zwischen der Post und Groots Wirthshaus und in dem langen Zimmer versammeln, wo die Keitumer im Winter ihren Svnntagstanz halten. Das Institut der Landesbevollmächtigen ist bei allem Nutzen, den die innere Oekonomie der Insel davon hat, nicht besonders populär auf Sylt, und zwar lediglich deshalb, weil es eine Schöpfung der dänischen Regierung ist. Man haßt eben auch hier alles, was von Kopenhagen kommt, selbst das Gute. Man will auch hier an der obersten Nordwestecke des von der deutschen Nation bewohnten Gebiets mit Deutschland, nicht mit Dänemark verbunden sein. Man nimmt sonst hier nicht viel Antheil an politischen Dingen, als aber 1848 der Ruf der Deutschen nach einer allgemeinen Volksvertretung, nach einem deutschen Parlament hierher gedrungen war und endlich die Wahlen zu demselben ausgeschrieben wurden, da versammelten sich auch die Männer von Sylt zur Erwählung eines Vertreters, und nicht weniger als vierhundert Stimmen bezeugten, das; die ganze Insel, soweit sie in der Sache zu reden be¬ rufen war, den Gedanken eines einigen Deutschlands willkommen hieß. Sorgen wir dafür, so viel an uns ist, daß Sylt und alle seine friesischen Nachbarinseln nun endlich für Deutschland gewonnen werden und unwiderruflich gewonnen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/43>, abgerufen am 28.09.2024.