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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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haben, von Zeit zu Zeit als feuriger Drache zum Schornstein herein. Man
setzt ihm dann auf dem Oberboden eine Schüssel Milchhirse hin, der aber nicht
zu heiß sein darf, weil der Drache sonst Feuer speit und das Haus anzündet.
Bei regelrechter Wärme verzehrt er den Brei und speit dafür Geld in die
Schüssel. Geldstücke dieser Art kommen ^tels wieder, wenn sie ausgegeben
worden sind. Thut sie indes; der Empfänger in ein Glas, welches er mit einem
Deckel verwahrt, auf den er einen Kreis mit Kreide malt und innerhalb dessen
er die Kreide liegen läßt, so müssen sie bleiben. '

Reichen Ertrag an Milch und Butter erzielt man, indem man die Kühe
zu Weihnachten und Fastnachten mit besonderem (dem oben angeführten) Futter
versorgt und zu Fastnacht buttert. Hat eine Kuh gekalbt, so reiche man ihr
eine Arzenei aus Brot mit Kreide und Safran oder süße Mandeln, dann giebt
sie gute Milch. Ziegen erhalten zu demselben Zwecke Rosinen und Mandeln.

Die Fruchtbarkeit des Feldes wird dadurch erhöht, daß man zu Osteui vor
Sonnenaufgang Asche darauf fährt; namentlich gedeiht Klee, wenn dies am
letzten Freitag "im Monde" (Mondmonat) geschieht; doch muß man es Vor¬
mittags vornehmen, thut man es Nachmittags, so wachsen viele Wicken. Eine
reiche Ernte an Brotfrucht wird vorbereitet, wenn man beim Messen des zur
Aussaat bestimmten Getreides gehäuft mißt. Das Säen selbst ist Bormittags
erfolgreicher als nach Tische, desgleichen das Kartoffellegcn. Das Getreide
säe man und die Rüben stecke man bei abnehmendem Mond. Zum Weizen¬
säen empfiehlt der altgläubige Bauer Mittwoch oder Sonnabend, zum Kartoffel¬
legen besonders den Gründonnerstag. Eine seltsame Jdeenverbindung giebt
sich in der bei Geier und Naschau geltenden Regel kund, nach welcher man
beim Erdäpfelstcckcn sich erst ein wenig an den Rand des Ackers setzen soll,
"damit die Kartoffeln mit ausruhen können" und infolge dessen (aus Dankbar¬
keit vermuthlich) reichlicher tragen. Ebenfalls ziemlich wunderlich ist, daß bei
Zöblitz der Hafer besonders gut geräth, wenn man am Weihnachtsabend die
Pferde hat in die Ofenröhre sehen lassen. Dagegen erklärt sich der Glaube,
daß man mit einem Wagen, dessen Deichsel und Gabel von Eschenholz ist,
rascher als Andere fährt, aus der Bedeutung, welche die Esche in der Heiden¬
zeit hatte. (Schluß in nächster Nummer.)




haben, von Zeit zu Zeit als feuriger Drache zum Schornstein herein. Man
setzt ihm dann auf dem Oberboden eine Schüssel Milchhirse hin, der aber nicht
zu heiß sein darf, weil der Drache sonst Feuer speit und das Haus anzündet.
Bei regelrechter Wärme verzehrt er den Brei und speit dafür Geld in die
Schüssel. Geldstücke dieser Art kommen ^tels wieder, wenn sie ausgegeben
worden sind. Thut sie indes; der Empfänger in ein Glas, welches er mit einem
Deckel verwahrt, auf den er einen Kreis mit Kreide malt und innerhalb dessen
er die Kreide liegen läßt, so müssen sie bleiben. '

Reichen Ertrag an Milch und Butter erzielt man, indem man die Kühe
zu Weihnachten und Fastnachten mit besonderem (dem oben angeführten) Futter
versorgt und zu Fastnacht buttert. Hat eine Kuh gekalbt, so reiche man ihr
eine Arzenei aus Brot mit Kreide und Safran oder süße Mandeln, dann giebt
sie gute Milch. Ziegen erhalten zu demselben Zwecke Rosinen und Mandeln.

Die Fruchtbarkeit des Feldes wird dadurch erhöht, daß man zu Osteui vor
Sonnenaufgang Asche darauf fährt; namentlich gedeiht Klee, wenn dies am
letzten Freitag „im Monde" (Mondmonat) geschieht; doch muß man es Vor¬
mittags vornehmen, thut man es Nachmittags, so wachsen viele Wicken. Eine
reiche Ernte an Brotfrucht wird vorbereitet, wenn man beim Messen des zur
Aussaat bestimmten Getreides gehäuft mißt. Das Säen selbst ist Bormittags
erfolgreicher als nach Tische, desgleichen das Kartoffellegcn. Das Getreide
säe man und die Rüben stecke man bei abnehmendem Mond. Zum Weizen¬
säen empfiehlt der altgläubige Bauer Mittwoch oder Sonnabend, zum Kartoffel¬
legen besonders den Gründonnerstag. Eine seltsame Jdeenverbindung giebt
sich in der bei Geier und Naschau geltenden Regel kund, nach welcher man
beim Erdäpfelstcckcn sich erst ein wenig an den Rand des Ackers setzen soll,
„damit die Kartoffeln mit ausruhen können" und infolge dessen (aus Dankbar¬
keit vermuthlich) reichlicher tragen. Ebenfalls ziemlich wunderlich ist, daß bei
Zöblitz der Hafer besonders gut geräth, wenn man am Weihnachtsabend die
Pferde hat in die Ofenröhre sehen lassen. Dagegen erklärt sich der Glaube,
daß man mit einem Wagen, dessen Deichsel und Gabel von Eschenholz ist,
rascher als Andere fährt, aus der Bedeutung, welche die Esche in der Heiden¬
zeit hatte. (Schluß in nächster Nummer.)




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/405>, abgerufen am 28.09.2024.