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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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"Tagelang schon hatten ganze Züge von Leuten kleingeschnittenes Brenn¬
holz in die Paläste des Königs, der Königin und des Kamravirona getragen,
und als ich heute den König besuchte, fand ich ihn beschäftigt, diese Bündel Von
Oberst Mkavias Regiment aus einem Hofe in den andern tragen zu lassen, da
dies die Art war, ihre Menge zu erfahren. Ungefähr 1600 Mann waren bei
dieser Arbeit thätig. Auf einem Teppich vor der mittelsten Hütte des ersten
Hoff stehend, mit zwei Speeren in der Hand und seinen weißen Hund an
der Seite, umgeben von seinen Brüdern und einem großen Stäbe von Offizieren,
ertheilte Mensa dann dem Regiment Befehl, in Kolonnen hin- und her zu laufen
damit er sie ordentlich seben könnte, woraus er wieder seinem Stäbe befahl,
an dem Regiment hinzueilen und sich zu erkundigen, was die Leute von ihm
hielten. Dieser komische Befehl brachte sie alle zum Laufen, aber bald kamen
sie zurück und verkündeten, mit ihren Stöcken auf den König zielend, tanzend
und schwatzend, daß die Zahl der Soldaten groß sei, daß er der größte Herrscher
auf Erden und daß ihr Leben und ihr guter Wille ihm ewig zu Diensten stehen
sollten. Das Regiment erhielt nun die Weisung, die Bündel niederzulegen
und folgte dann dem Beispiele der Offiziere im Scheinangriff und Schreien.
Dann übergab Mkavia fünf Usoga-Ziegen mit dem erforderlichen Nyanzig-Rufen
und Niederwerfungen. Auf meine Frage, ob Mtesa wisse, wie stark seine Armee
sei, erwiderte er: "Wie kann ichs, da die, welche du hier siehst, nur ein Theil
derselben ist, der herbcfohlcn wurde, um Holz zu tragen.

Das Regiment wurde nun entlassen, die Offiziere aber eingeladen, dem
König in den andern Hof zu folgen, wo er ihnen Lobsprüche ertheilte, daß sie
so viele Leute zusammengebracht hätten. Statt dies ruhig hinzunehmen, ant¬
worteten sie einfältigerwcisc, es thue ihnen leid, daß sie nicht zahlreicher
wären. Einige Leute aber lebten so weit entfernt von hier und entzögen sich
dem königlichen Befehle. Manta, der stets voran war, wo es ein Unheil an¬
zurichten gab, setzte der Sache die Krone auf, indem er sagte, wenn er nur die
Waganda dazu bringen könnte, seinen Befehlen zu gehorchen, so würde es nie
an Leuten fehlen. Daraus antwortete der König: "Wenn sie dir nicht gehorchen,
dann sind sie mir ungehorsam; denn ich habe dich zu meinem Adjutanten er¬
nannt, und daher vertrittst du die Befehle des Königs." Kaum hatte Mtesa
diese Worte gesprochen, so sprang Manta auf, schütterte seinen Stab, zappelte,
schrie "Nyanzig, nyanzig!" und geberdete sich, als ob ihm eine ganz besondere
Belohnung zu Theil geworden wäre. Ich erwartete ein grausames Urtheil hier¬
von ; indeß der König stand plötzlich in seiner gewöhnlichen launenhaften Manier
auf und ging, von einigen Auserwählten begleitet, in den dritten Hof weg."
'

Hauptgeschäftdes Beherrschers von Uganda ist immer die Füllung seines
Schatzes und Harems, sowie die Überwachung des Hofceremoniels, wozu bei
Mtesa noch die Leidenschaft kam, die von Speke erhaltenen Schießgewehre auf


„Tagelang schon hatten ganze Züge von Leuten kleingeschnittenes Brenn¬
holz in die Paläste des Königs, der Königin und des Kamravirona getragen,
und als ich heute den König besuchte, fand ich ihn beschäftigt, diese Bündel Von
Oberst Mkavias Regiment aus einem Hofe in den andern tragen zu lassen, da
dies die Art war, ihre Menge zu erfahren. Ungefähr 1600 Mann waren bei
dieser Arbeit thätig. Auf einem Teppich vor der mittelsten Hütte des ersten
Hoff stehend, mit zwei Speeren in der Hand und seinen weißen Hund an
der Seite, umgeben von seinen Brüdern und einem großen Stäbe von Offizieren,
ertheilte Mensa dann dem Regiment Befehl, in Kolonnen hin- und her zu laufen
damit er sie ordentlich seben könnte, woraus er wieder seinem Stäbe befahl,
an dem Regiment hinzueilen und sich zu erkundigen, was die Leute von ihm
hielten. Dieser komische Befehl brachte sie alle zum Laufen, aber bald kamen
sie zurück und verkündeten, mit ihren Stöcken auf den König zielend, tanzend
und schwatzend, daß die Zahl der Soldaten groß sei, daß er der größte Herrscher
auf Erden und daß ihr Leben und ihr guter Wille ihm ewig zu Diensten stehen
sollten. Das Regiment erhielt nun die Weisung, die Bündel niederzulegen
und folgte dann dem Beispiele der Offiziere im Scheinangriff und Schreien.
Dann übergab Mkavia fünf Usoga-Ziegen mit dem erforderlichen Nyanzig-Rufen
und Niederwerfungen. Auf meine Frage, ob Mtesa wisse, wie stark seine Armee
sei, erwiderte er: „Wie kann ichs, da die, welche du hier siehst, nur ein Theil
derselben ist, der herbcfohlcn wurde, um Holz zu tragen.

Das Regiment wurde nun entlassen, die Offiziere aber eingeladen, dem
König in den andern Hof zu folgen, wo er ihnen Lobsprüche ertheilte, daß sie
so viele Leute zusammengebracht hätten. Statt dies ruhig hinzunehmen, ant¬
worteten sie einfältigerwcisc, es thue ihnen leid, daß sie nicht zahlreicher
wären. Einige Leute aber lebten so weit entfernt von hier und entzögen sich
dem königlichen Befehle. Manta, der stets voran war, wo es ein Unheil an¬
zurichten gab, setzte der Sache die Krone auf, indem er sagte, wenn er nur die
Waganda dazu bringen könnte, seinen Befehlen zu gehorchen, so würde es nie
an Leuten fehlen. Daraus antwortete der König: „Wenn sie dir nicht gehorchen,
dann sind sie mir ungehorsam; denn ich habe dich zu meinem Adjutanten er¬
nannt, und daher vertrittst du die Befehle des Königs." Kaum hatte Mtesa
diese Worte gesprochen, so sprang Manta auf, schütterte seinen Stab, zappelte,
schrie „Nyanzig, nyanzig!" und geberdete sich, als ob ihm eine ganz besondere
Belohnung zu Theil geworden wäre. Ich erwartete ein grausames Urtheil hier¬
von ; indeß der König stand plötzlich in seiner gewöhnlichen launenhaften Manier
auf und ging, von einigen Auserwählten begleitet, in den dritten Hof weg."
'

Hauptgeschäftdes Beherrschers von Uganda ist immer die Füllung seines
Schatzes und Harems, sowie die Überwachung des Hofceremoniels, wozu bei
Mtesa noch die Leidenschaft kam, die von Speke erhaltenen Schießgewehre auf


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[0392] „Tagelang schon hatten ganze Züge von Leuten kleingeschnittenes Brenn¬ holz in die Paläste des Königs, der Königin und des Kamravirona getragen, und als ich heute den König besuchte, fand ich ihn beschäftigt, diese Bündel Von Oberst Mkavias Regiment aus einem Hofe in den andern tragen zu lassen, da dies die Art war, ihre Menge zu erfahren. Ungefähr 1600 Mann waren bei dieser Arbeit thätig. Auf einem Teppich vor der mittelsten Hütte des ersten Hoff stehend, mit zwei Speeren in der Hand und seinen weißen Hund an der Seite, umgeben von seinen Brüdern und einem großen Stäbe von Offizieren, ertheilte Mensa dann dem Regiment Befehl, in Kolonnen hin- und her zu laufen damit er sie ordentlich seben könnte, woraus er wieder seinem Stäbe befahl, an dem Regiment hinzueilen und sich zu erkundigen, was die Leute von ihm hielten. Dieser komische Befehl brachte sie alle zum Laufen, aber bald kamen sie zurück und verkündeten, mit ihren Stöcken auf den König zielend, tanzend und schwatzend, daß die Zahl der Soldaten groß sei, daß er der größte Herrscher auf Erden und daß ihr Leben und ihr guter Wille ihm ewig zu Diensten stehen sollten. Das Regiment erhielt nun die Weisung, die Bündel niederzulegen und folgte dann dem Beispiele der Offiziere im Scheinangriff und Schreien. Dann übergab Mkavia fünf Usoga-Ziegen mit dem erforderlichen Nyanzig-Rufen und Niederwerfungen. Auf meine Frage, ob Mtesa wisse, wie stark seine Armee sei, erwiderte er: „Wie kann ichs, da die, welche du hier siehst, nur ein Theil derselben ist, der herbcfohlcn wurde, um Holz zu tragen. Das Regiment wurde nun entlassen, die Offiziere aber eingeladen, dem König in den andern Hof zu folgen, wo er ihnen Lobsprüche ertheilte, daß sie so viele Leute zusammengebracht hätten. Statt dies ruhig hinzunehmen, ant¬ worteten sie einfältigerwcisc, es thue ihnen leid, daß sie nicht zahlreicher wären. Einige Leute aber lebten so weit entfernt von hier und entzögen sich dem königlichen Befehle. Manta, der stets voran war, wo es ein Unheil an¬ zurichten gab, setzte der Sache die Krone auf, indem er sagte, wenn er nur die Waganda dazu bringen könnte, seinen Befehlen zu gehorchen, so würde es nie an Leuten fehlen. Daraus antwortete der König: „Wenn sie dir nicht gehorchen, dann sind sie mir ungehorsam; denn ich habe dich zu meinem Adjutanten er¬ nannt, und daher vertrittst du die Befehle des Königs." Kaum hatte Mtesa diese Worte gesprochen, so sprang Manta auf, schütterte seinen Stab, zappelte, schrie „Nyanzig, nyanzig!" und geberdete sich, als ob ihm eine ganz besondere Belohnung zu Theil geworden wäre. Ich erwartete ein grausames Urtheil hier¬ von ; indeß der König stand plötzlich in seiner gewöhnlichen launenhaften Manier auf und ging, von einigen Auserwählten begleitet, in den dritten Hof weg." ' Hauptgeschäftdes Beherrschers von Uganda ist immer die Füllung seines Schatzes und Harems, sowie die Überwachung des Hofceremoniels, wozu bei Mtesa noch die Leidenschaft kam, die von Speke erhaltenen Schießgewehre auf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/392>, abgerufen am 28.09.2024.