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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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selben Platz nehmen, und da ihn hier die Sonne belästigte, so stülpte er kurz¬
gefaßt seinen Hut auf und spannte seinen Schirm aus, welche letztere Procedur
sehr wunderbar und lächerlich gefunden wurde und auf Wunsch Sr. Majestät
mehrmals wiederholt werden mußte.

Zu einer Unterhaltung kam es diesmal noch nicht, da Speke die Uganda-
spräche nicht verstand und ändere in Gegenwart des Herrschers nicht zu sprechen
wagten. Nachdem man sich eine Stunde lang gegenseitig bewundert, ließ König
Mtesa den Engländer durch seinen Dolmetscher Manta fragen, ob er ihn jetzt ge¬
sehen habe, und als dies bejaht wurde, nahm jener seinen Speer in die Hand
und den Hund an die Leine und stolzirte mit dem traditionellen Watschelschritt
seiner hohen Würde, welcher den Gang des Löwen nachahmen soll, aber nichts
weniger als majestätisch aussieht, in den vierten Hof ab. Nach einer Weile
wurde Speke mit seinen Leuten hierher beschieden. während die übrige Gesell¬
schaft zurückbleiben mußte. Der König war hier weniger ceremoniös. Er stand,
an die Thürwand einer Hütte gelehnt, das Schnupftucl, in der Hand, in der
Mitte von über hundert von seinen Weibern, die um ihn in zwei Gruppen
auf der Erde hockten, und that sogleich durch den Dolmetscher Manta verschie¬
dene Fragen, worauf dieser, beglückt über die Gnade, zur Majestät sprechen
zu dürfen, nach Landessitte die Arme ausbreitend unzählige Male die Worte
"Nyanzig, Nyanzig, al Nyanzig, Mkama wangi" wiederholte, sich auf den Bauch
warf und wie ein Fisch zappelte; denn der Souverän von Uganda ist bei der¬
artigen Gelegenheiten nicht eher zufrieden, bis seine Unterthanen sich wie die
Würmer vor ihm gekrümmt haben.

Damit endigte die zweite Scene der Audienz. Bei der dritten, die in
einer andern Hütte stattfand, wurden endlich die Geschenke übergeben, die der
König mit der Miene eines Kindes betrachtete und sehr bewunderte. Darüber
wurde es dunkel, und Mtesa sagte nun: "Es ist Zeit aufzubrechen, was für
Lebensmittel wünschest du zu haben?" Speke erwiderte: "Etwas von Allem,
aber nicht Alles von Einem." Der König ließ ihm sofort sechs Kruge Ba¬
nanenwein geben, und am nächsten Morgen trieben ihm ein paar Pagen zwan¬
zig Kühe und zehn Ziegen zu, mit der angenehmen Botschaft, daß er dem Kö¬
nig sehr gefallen habe. Dies war in der That der Fall, namentlich als sich
jetzt Regen einstellte, der bei Hofe als ein gutes Omen angesehen wurde. Der
König ging bei seinen Verwandten umher, zeigte ihnen die schönen Dinge, die
ihm der weiße Mann verehrt, und machte sie aufmerksam, wie dies ein Zeichen,
daß er von den Geistern sehr bevorzugt werde; denn keiner seiner Vorfahren
sei durch solch ein Omen als rechtmäßiger Nachfolger in Uganda anerkannt
worden.

Besonders gefielen dem König die Präcisionswaffen, die Speke ihm mit¬
gebracht, vorzüglich als letzterer bei einer zweiten Audienz mit dem Revolver


selben Platz nehmen, und da ihn hier die Sonne belästigte, so stülpte er kurz¬
gefaßt seinen Hut auf und spannte seinen Schirm aus, welche letztere Procedur
sehr wunderbar und lächerlich gefunden wurde und auf Wunsch Sr. Majestät
mehrmals wiederholt werden mußte.

Zu einer Unterhaltung kam es diesmal noch nicht, da Speke die Uganda-
spräche nicht verstand und ändere in Gegenwart des Herrschers nicht zu sprechen
wagten. Nachdem man sich eine Stunde lang gegenseitig bewundert, ließ König
Mtesa den Engländer durch seinen Dolmetscher Manta fragen, ob er ihn jetzt ge¬
sehen habe, und als dies bejaht wurde, nahm jener seinen Speer in die Hand
und den Hund an die Leine und stolzirte mit dem traditionellen Watschelschritt
seiner hohen Würde, welcher den Gang des Löwen nachahmen soll, aber nichts
weniger als majestätisch aussieht, in den vierten Hof ab. Nach einer Weile
wurde Speke mit seinen Leuten hierher beschieden. während die übrige Gesell¬
schaft zurückbleiben mußte. Der König war hier weniger ceremoniös. Er stand,
an die Thürwand einer Hütte gelehnt, das Schnupftucl, in der Hand, in der
Mitte von über hundert von seinen Weibern, die um ihn in zwei Gruppen
auf der Erde hockten, und that sogleich durch den Dolmetscher Manta verschie¬
dene Fragen, worauf dieser, beglückt über die Gnade, zur Majestät sprechen
zu dürfen, nach Landessitte die Arme ausbreitend unzählige Male die Worte
„Nyanzig, Nyanzig, al Nyanzig, Mkama wangi" wiederholte, sich auf den Bauch
warf und wie ein Fisch zappelte; denn der Souverän von Uganda ist bei der¬
artigen Gelegenheiten nicht eher zufrieden, bis seine Unterthanen sich wie die
Würmer vor ihm gekrümmt haben.

Damit endigte die zweite Scene der Audienz. Bei der dritten, die in
einer andern Hütte stattfand, wurden endlich die Geschenke übergeben, die der
König mit der Miene eines Kindes betrachtete und sehr bewunderte. Darüber
wurde es dunkel, und Mtesa sagte nun: „Es ist Zeit aufzubrechen, was für
Lebensmittel wünschest du zu haben?" Speke erwiderte: „Etwas von Allem,
aber nicht Alles von Einem." Der König ließ ihm sofort sechs Kruge Ba¬
nanenwein geben, und am nächsten Morgen trieben ihm ein paar Pagen zwan¬
zig Kühe und zehn Ziegen zu, mit der angenehmen Botschaft, daß er dem Kö¬
nig sehr gefallen habe. Dies war in der That der Fall, namentlich als sich
jetzt Regen einstellte, der bei Hofe als ein gutes Omen angesehen wurde. Der
König ging bei seinen Verwandten umher, zeigte ihnen die schönen Dinge, die
ihm der weiße Mann verehrt, und machte sie aufmerksam, wie dies ein Zeichen,
daß er von den Geistern sehr bevorzugt werde; denn keiner seiner Vorfahren
sei durch solch ein Omen als rechtmäßiger Nachfolger in Uganda anerkannt
worden.

Besonders gefielen dem König die Präcisionswaffen, die Speke ihm mit¬
gebracht, vorzüglich als letzterer bei einer zweiten Audienz mit dem Revolver


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/383>, abgerufen am 28.09.2024.