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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Harfen mit Begleitung von Harmoniken spielten, sich auf die Erde niederzusetzen.
Ueber den Thoren hingen Glocken, welche während des Durchpassirens der Pro¬
cession geläutet wurden. In dem Hofe sah man die Weiber des Königs vor
den Thüren ihrer Hütten stehen. Pagen mit Schnnrenturbanen eilten hin und
her. Allerlei Vieh, Ochsen, Ziegen und Hunde wurden an Stricken herum¬
geführt, Hühner auf den Armen umhergetragen.

Die Zumuthung, sich auf die Erde zu setzen, verdroß Speke, der als Prinz
empfangen sein wollte, und er hatte die Kühnheit, als man sich nicht zu größerer
Höflichkeit anschickte, die Geschenke auf den Boden legen zu lassen und sich nach
Hause zu begeben. Dieses Manöver imponirte, man eilte ihm nach und ge¬
stattete ihm, sich seinen eignen Stuhl mitzubringen, wobei man ihm bemerkte,
daß es sonst in Uganda niemand außer dem König erlaubt sei, einen künstlichen
Sitz einzunehmen. Beruhigt kehrte der stolze Gast zurück in den zweiten Hos,
wo er jetzt nur noch einige Minuten auf Audienz zu warten hatte. Es erschien
ein Zug Musikanten, die auf dem Rücken langhaarige Ziegenfelle trugen, wie
Bären auf dem Jahrmarkt tanzten und auf Rohrinstrumcnten spielten, welche
mit Perlenarbeit in verschiedenen Mustern überzogen waren, und von denen
Leopardenkatzenfelle herabhingen. Dann wurde gemeldet, der König sitze aus
seinem Throne in der Staatshütte des dritten Hofes. Den Hut in der Hand,
den Regenschirm unter dem Arm, hinter sich seine rothe Ehrengarde, trat Speke
ein. Der König saß auf einer überdachten viereckigen Platform von Königs¬
gras, die mit einem rothen Tuch bedeckt und mit Tigergras eingefaßt war. Er
war ein gutaussehendcr, schlank gewachsener Mann von etwa fünfundzwanzig
Jahren. Seine Bekleidung bestand in einem hübschen Gewände, welches die
Arme bloß ließ. Das Kopfhaar trug er mit Ausnahme eines Streifens von
der Mitte der Stirn bis über den Scheitel, welcher Streifen wie ein Hahnen¬
kamm emporstand, kurzgeschnitten. Um den Hals hatte er einen großen Ring
von kleinen Perlen, die mit ihren verschiedenen Farben hübsche Muster bildeten,
an dem einen Arm einen ähnlichen Schmuck, an dem andern ein hölzernes
Amulet, welches mit einem Strick von Schlangenhaut befestigt war. Finger
und Zehen waren mit Ringen von Messing und Kupfer besteckt, seine Beine
bedeckten von den Knöcheln bis zur halben Wade Halbstrümpfe, die mit Perlen
gestickt waren. Als Taschentuch hielt er ein Stück Baststoff und ein Stück gold¬
gestickter Seide in der Hand, mit denen er sich seinen großen Mund zuhielt,
wenn er lachte. Ein weißer Hund, ein Speer, ein Schild und eine Frau, die
Uganda-Zeichen, befanden sich neben ihm. Auf der einen Seite standen mehre
hohe Offiziere, auf der andern war eine Gruppe von Wichwezi oder Zauber-
frauen. Im Viereck kauerten vor ihm allerlei Vornehme, die alle in Felle,
meist in Kuhfelle gekleidet waren, einige vo,n ihnen trugen Leopardenkatzenselle
UM die Hüften, ein Zeichen königlichen Blutes. Speke sollte in der Mitte der-


Harfen mit Begleitung von Harmoniken spielten, sich auf die Erde niederzusetzen.
Ueber den Thoren hingen Glocken, welche während des Durchpassirens der Pro¬
cession geläutet wurden. In dem Hofe sah man die Weiber des Königs vor
den Thüren ihrer Hütten stehen. Pagen mit Schnnrenturbanen eilten hin und
her. Allerlei Vieh, Ochsen, Ziegen und Hunde wurden an Stricken herum¬
geführt, Hühner auf den Armen umhergetragen.

Die Zumuthung, sich auf die Erde zu setzen, verdroß Speke, der als Prinz
empfangen sein wollte, und er hatte die Kühnheit, als man sich nicht zu größerer
Höflichkeit anschickte, die Geschenke auf den Boden legen zu lassen und sich nach
Hause zu begeben. Dieses Manöver imponirte, man eilte ihm nach und ge¬
stattete ihm, sich seinen eignen Stuhl mitzubringen, wobei man ihm bemerkte,
daß es sonst in Uganda niemand außer dem König erlaubt sei, einen künstlichen
Sitz einzunehmen. Beruhigt kehrte der stolze Gast zurück in den zweiten Hos,
wo er jetzt nur noch einige Minuten auf Audienz zu warten hatte. Es erschien
ein Zug Musikanten, die auf dem Rücken langhaarige Ziegenfelle trugen, wie
Bären auf dem Jahrmarkt tanzten und auf Rohrinstrumcnten spielten, welche
mit Perlenarbeit in verschiedenen Mustern überzogen waren, und von denen
Leopardenkatzenfelle herabhingen. Dann wurde gemeldet, der König sitze aus
seinem Throne in der Staatshütte des dritten Hofes. Den Hut in der Hand,
den Regenschirm unter dem Arm, hinter sich seine rothe Ehrengarde, trat Speke
ein. Der König saß auf einer überdachten viereckigen Platform von Königs¬
gras, die mit einem rothen Tuch bedeckt und mit Tigergras eingefaßt war. Er
war ein gutaussehendcr, schlank gewachsener Mann von etwa fünfundzwanzig
Jahren. Seine Bekleidung bestand in einem hübschen Gewände, welches die
Arme bloß ließ. Das Kopfhaar trug er mit Ausnahme eines Streifens von
der Mitte der Stirn bis über den Scheitel, welcher Streifen wie ein Hahnen¬
kamm emporstand, kurzgeschnitten. Um den Hals hatte er einen großen Ring
von kleinen Perlen, die mit ihren verschiedenen Farben hübsche Muster bildeten,
an dem einen Arm einen ähnlichen Schmuck, an dem andern ein hölzernes
Amulet, welches mit einem Strick von Schlangenhaut befestigt war. Finger
und Zehen waren mit Ringen von Messing und Kupfer besteckt, seine Beine
bedeckten von den Knöcheln bis zur halben Wade Halbstrümpfe, die mit Perlen
gestickt waren. Als Taschentuch hielt er ein Stück Baststoff und ein Stück gold¬
gestickter Seide in der Hand, mit denen er sich seinen großen Mund zuhielt,
wenn er lachte. Ein weißer Hund, ein Speer, ein Schild und eine Frau, die
Uganda-Zeichen, befanden sich neben ihm. Auf der einen Seite standen mehre
hohe Offiziere, auf der andern war eine Gruppe von Wichwezi oder Zauber-
frauen. Im Viereck kauerten vor ihm allerlei Vornehme, die alle in Felle,
meist in Kuhfelle gekleidet waren, einige vo,n ihnen trugen Leopardenkatzenselle
UM die Hüften, ein Zeichen königlichen Blutes. Speke sollte in der Mitte der-


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[0382] Harfen mit Begleitung von Harmoniken spielten, sich auf die Erde niederzusetzen. Ueber den Thoren hingen Glocken, welche während des Durchpassirens der Pro¬ cession geläutet wurden. In dem Hofe sah man die Weiber des Königs vor den Thüren ihrer Hütten stehen. Pagen mit Schnnrenturbanen eilten hin und her. Allerlei Vieh, Ochsen, Ziegen und Hunde wurden an Stricken herum¬ geführt, Hühner auf den Armen umhergetragen. Die Zumuthung, sich auf die Erde zu setzen, verdroß Speke, der als Prinz empfangen sein wollte, und er hatte die Kühnheit, als man sich nicht zu größerer Höflichkeit anschickte, die Geschenke auf den Boden legen zu lassen und sich nach Hause zu begeben. Dieses Manöver imponirte, man eilte ihm nach und ge¬ stattete ihm, sich seinen eignen Stuhl mitzubringen, wobei man ihm bemerkte, daß es sonst in Uganda niemand außer dem König erlaubt sei, einen künstlichen Sitz einzunehmen. Beruhigt kehrte der stolze Gast zurück in den zweiten Hos, wo er jetzt nur noch einige Minuten auf Audienz zu warten hatte. Es erschien ein Zug Musikanten, die auf dem Rücken langhaarige Ziegenfelle trugen, wie Bären auf dem Jahrmarkt tanzten und auf Rohrinstrumcnten spielten, welche mit Perlenarbeit in verschiedenen Mustern überzogen waren, und von denen Leopardenkatzenfelle herabhingen. Dann wurde gemeldet, der König sitze aus seinem Throne in der Staatshütte des dritten Hofes. Den Hut in der Hand, den Regenschirm unter dem Arm, hinter sich seine rothe Ehrengarde, trat Speke ein. Der König saß auf einer überdachten viereckigen Platform von Königs¬ gras, die mit einem rothen Tuch bedeckt und mit Tigergras eingefaßt war. Er war ein gutaussehendcr, schlank gewachsener Mann von etwa fünfundzwanzig Jahren. Seine Bekleidung bestand in einem hübschen Gewände, welches die Arme bloß ließ. Das Kopfhaar trug er mit Ausnahme eines Streifens von der Mitte der Stirn bis über den Scheitel, welcher Streifen wie ein Hahnen¬ kamm emporstand, kurzgeschnitten. Um den Hals hatte er einen großen Ring von kleinen Perlen, die mit ihren verschiedenen Farben hübsche Muster bildeten, an dem einen Arm einen ähnlichen Schmuck, an dem andern ein hölzernes Amulet, welches mit einem Strick von Schlangenhaut befestigt war. Finger und Zehen waren mit Ringen von Messing und Kupfer besteckt, seine Beine bedeckten von den Knöcheln bis zur halben Wade Halbstrümpfe, die mit Perlen gestickt waren. Als Taschentuch hielt er ein Stück Baststoff und ein Stück gold¬ gestickter Seide in der Hand, mit denen er sich seinen großen Mund zuhielt, wenn er lachte. Ein weißer Hund, ein Speer, ein Schild und eine Frau, die Uganda-Zeichen, befanden sich neben ihm. Auf der einen Seite standen mehre hohe Offiziere, auf der andern war eine Gruppe von Wichwezi oder Zauber- frauen. Im Viereck kauerten vor ihm allerlei Vornehme, die alle in Felle, meist in Kuhfelle gekleidet waren, einige vo,n ihnen trugen Leopardenkatzenselle UM die Hüften, ein Zeichen königlichen Blutes. Speke sollte in der Mitte der-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/382>, abgerufen am 28.09.2024.