Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.besonderen Dienste verwendet wird, also wo er gar nichts zu verrichten hat. Auch in anderer Beziehung werden die Marineoffiziere gegenüber den Die Adjüstirung, welche früher ziemlich militärisch und recht nett war, ist Dagegen haben die Offiziere der Marineinfanterie es nach und nach so Grenzboten III. 1864. 43
besonderen Dienste verwendet wird, also wo er gar nichts zu verrichten hat. Auch in anderer Beziehung werden die Marineoffiziere gegenüber den Die Adjüstirung, welche früher ziemlich militärisch und recht nett war, ist Dagegen haben die Offiziere der Marineinfanterie es nach und nach so Grenzboten III. 1864. 43
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0345" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189440"/> <p xml:id="ID_1423" prev="#ID_1422"> besonderen Dienste verwendet wird, also wo er gar nichts zu verrichten hat.<lb/> Ist dagegen der Offizier, wenn auch nur dem Namen nach eingeschifft, so erhält<lb/> er, so lange das Schiff den Hasen nicht verläßt, das halbe Schiffskostgeld oder<lb/> Panatica, sobald er aber in die See sticht, diese Gebühr vollständig. Wird<lb/> die Fahrt über die Meerenge von Gibraltar hinaus fortgesetzt, so bewilligt man<lb/> gewöhnlich die doppelte Panatica. Dieselbe ist ziemlich beträchtlich und kommt<lb/> im Durchschnitte der Kriegsgage der Landoffiziere gleich. Die bei den Arsenälen,<lb/> Schiffswerften oder in den Magazinen verwendeten Offiziere erhalten dagegen<lb/> unter verschiedenen Titeln mehr oder minder bedeutende Zulagen, abgesehen<lb/> von den mit fast allen diesen Bedicnstungen verbundenen Nebeneinkünften.</p><lb/> <p xml:id="ID_1424"> Auch in anderer Beziehung werden die Marineoffiziere gegenüber den<lb/> Offizieren der Landarmee ausfallend begünstigt. So z. B. rückt der Offizier,<lb/> welcher drei Jahre lang eingeschifft war, sofort in die nächsthöhere Stufe auf.<lb/> Doch hat sich dieser Fall, so viel uns bekannt, nur ein Mal, d. h. nur bei dem<lb/> Personal der „Novara" ereignet, da längere Expeditionen überhaupt zu den<lb/> bei der östreichischen Flotte selten vorkommenden Dingen gehören.</p><lb/> <p xml:id="ID_1425"> Die Adjüstirung, welche früher ziemlich militärisch und recht nett war, ist<lb/> nun ganz nach englischem Muster gemodelt worden, und ebenso trachtet jeder<lb/> Einzelne, in allen Aeußerlichkeiten einer echten englischen Theerjacke zu gleichen.<lb/> Schon früher wurde das Tragen der Schnurrbärte verboten, „da sich solche für<lb/> tüchtige Seeleute nicht schicken", wie sich ein der Adjustirungscommission beigcge-<lb/> bener Schiffscapitän, welcher zufällig die Schnurrbärte nicht leiden konnte, zu<lb/> äußern beliebte. Nunmehr aber wird die Sache bis aus die Spiize des Komischen<lb/> getrieben. Die wiener Bartscheerer und Haarkünstler kennen bereits Marine¬<lb/> backenbärte und Matrosensrisuren. Je nachlässiger und arroganter der Gang<lb/> und das Benehmen, je geckenhafter die Frisur, je unförmlicher und ungewöhn-<lb/> licher der Anzug, desto mehr nähert sich der östreichische Marineoffizier seinem<lb/> Ideale, und desto günstiger soll die Meinung sein, welche man in höheren<lb/> Kreisen von seiner Verwendbarkeit erlangt. Es ist interessant, wenn man die¬<lb/> selben Leute, welche noch vor wenigen Jahren, als die Mode sich noch in der<lb/> Vorschrift „Nettigkeit" und „stramme militärische Haltung" zusammenfaßte, ge¬<lb/> schnürt und steif wie Gardelieutenants einhergingen und in ihrer ganzen Er¬<lb/> scheinung eher etwas Husarenartiges als Seemännisches hatten, nun mit breit<lb/> gespreizten Füßen, als wären sie von Kindesbeinen an nicht vom Bord ge¬<lb/> kommen, mit hin und her baumelnden Armen, mit schlotternden aufgeknöpften<lb/> Kleidern, einem dicken, lose geknüpften Halstuche statt der steifen Cravatte, die<lb/> früher unternehmend tief auf das rechte Auge gedrückte Kappe in das Genick<lb/> hinabgeschoben durch die Straßen mehr stolpern als gehen sieht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1426"> Dagegen haben die Offiziere der Marineinfanterie es nach und nach so<lb/> weit gebracht, daß man sie recht wohl für Gensdarmen halten könnte. ,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1864. 43</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0345]
besonderen Dienste verwendet wird, also wo er gar nichts zu verrichten hat.
Ist dagegen der Offizier, wenn auch nur dem Namen nach eingeschifft, so erhält
er, so lange das Schiff den Hasen nicht verläßt, das halbe Schiffskostgeld oder
Panatica, sobald er aber in die See sticht, diese Gebühr vollständig. Wird
die Fahrt über die Meerenge von Gibraltar hinaus fortgesetzt, so bewilligt man
gewöhnlich die doppelte Panatica. Dieselbe ist ziemlich beträchtlich und kommt
im Durchschnitte der Kriegsgage der Landoffiziere gleich. Die bei den Arsenälen,
Schiffswerften oder in den Magazinen verwendeten Offiziere erhalten dagegen
unter verschiedenen Titeln mehr oder minder bedeutende Zulagen, abgesehen
von den mit fast allen diesen Bedicnstungen verbundenen Nebeneinkünften.
Auch in anderer Beziehung werden die Marineoffiziere gegenüber den
Offizieren der Landarmee ausfallend begünstigt. So z. B. rückt der Offizier,
welcher drei Jahre lang eingeschifft war, sofort in die nächsthöhere Stufe auf.
Doch hat sich dieser Fall, so viel uns bekannt, nur ein Mal, d. h. nur bei dem
Personal der „Novara" ereignet, da längere Expeditionen überhaupt zu den
bei der östreichischen Flotte selten vorkommenden Dingen gehören.
Die Adjüstirung, welche früher ziemlich militärisch und recht nett war, ist
nun ganz nach englischem Muster gemodelt worden, und ebenso trachtet jeder
Einzelne, in allen Aeußerlichkeiten einer echten englischen Theerjacke zu gleichen.
Schon früher wurde das Tragen der Schnurrbärte verboten, „da sich solche für
tüchtige Seeleute nicht schicken", wie sich ein der Adjustirungscommission beigcge-
bener Schiffscapitän, welcher zufällig die Schnurrbärte nicht leiden konnte, zu
äußern beliebte. Nunmehr aber wird die Sache bis aus die Spiize des Komischen
getrieben. Die wiener Bartscheerer und Haarkünstler kennen bereits Marine¬
backenbärte und Matrosensrisuren. Je nachlässiger und arroganter der Gang
und das Benehmen, je geckenhafter die Frisur, je unförmlicher und ungewöhn-
licher der Anzug, desto mehr nähert sich der östreichische Marineoffizier seinem
Ideale, und desto günstiger soll die Meinung sein, welche man in höheren
Kreisen von seiner Verwendbarkeit erlangt. Es ist interessant, wenn man die¬
selben Leute, welche noch vor wenigen Jahren, als die Mode sich noch in der
Vorschrift „Nettigkeit" und „stramme militärische Haltung" zusammenfaßte, ge¬
schnürt und steif wie Gardelieutenants einhergingen und in ihrer ganzen Er¬
scheinung eher etwas Husarenartiges als Seemännisches hatten, nun mit breit
gespreizten Füßen, als wären sie von Kindesbeinen an nicht vom Bord ge¬
kommen, mit hin und her baumelnden Armen, mit schlotternden aufgeknöpften
Kleidern, einem dicken, lose geknüpften Halstuche statt der steifen Cravatte, die
früher unternehmend tief auf das rechte Auge gedrückte Kappe in das Genick
hinabgeschoben durch die Straßen mehr stolpern als gehen sieht.
Dagegen haben die Offiziere der Marineinfanterie es nach und nach so
weit gebracht, daß man sie recht wohl für Gensdarmen halten könnte. ,
Grenzboten III. 1864. 43
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |