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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Hohlkugeln fast gar keinen Gebrauch machten, sondern durchweg mit Vollkugeln
feuerten.

Die Nuhe kann in gleichem Grade stärkend und belebend als schwächend
und zerstörend wirken. Letzteres ist bei dem größten Theile der östreichischen
Kriegsschiffe der Fall, da dieselben Jahr aus, Jahr ein abgetakelt oder höch¬
stens in halber Seebereitschaft unthätig liegen und in den stagnirenden Ge¬
wässern der Lagunen und der Häfen von Pola, Lissa und Trieft vermodern,
während die wenigen guten Schiffe beständig auf hoher See sind und dadurch
vorzeitig zu Grunde gehen. So besteht denn die östreichische Flotte großenteils
aus vor Alter fast seeuntüchtigen, aus neuen, aber altmodisch oder sonst un¬
praktisch gebauten, und aus solchen Fahrzeugen, die wegen ihrer Kleinheit zu
weiten Seefahrten untauglich sind. Die durchweg gute" und für einen ern¬
steren Seekcunpf geeigneten Schiffe bilden die Minderzahl, wie solches sich bei
einer -- wenn auch kurzen Betrachtung der einzelnen Fahrzeuge auf augen¬
fällige Weise herausstellt.

Das größte Fahrzeug der östreichischen Marine ist der "Kaiser", seit der
Zerlegung der von den Franzosen übernommenen alten oder noch unvollendeten
Orlogschiffe das erste und noch gegenwärtig auch einzige östreichische Linienschiff.
Dasselbe wurde 1859 vollendet, mit 91 Geschützen arniirt, unter denen sich
gegenwärtig 11 gezogene befinden, und hat eine Maschine von 300 Pferdekraft.
Im Ganzen ist der "Kaiser" ein so gut gebautes und so wohl ausgerüstetes
Schiff, wie es ein Linienschiff aus jener Uebergangsperiode sein kann. Gegen¬
wärtig befindet sich derselbe, mit etwa 930 Mann bemannt, bei der unter
Wüllerstvrfv Befehl stehenden Nordseeescadre, hat aber auf der Fahrt nicht un¬
beträchtlich gelitten.

Das zweitgrößte Schiff ist der oder "die Schwarzenberg", wie die östrei¬
chischen Rapporte, weil es eine Fregatte ist, zu schreiben pflegen. Es wurde
in diese" Blättern schon bei einem früheren Anlasse über das Mißgeschick be¬
richtet, welches vom Beginne an über diesem durch das Gefecht bei Helgoland
bekannt genug gewordenen Schiffe waltete. Der "Schwarzenberg" wurde 1832
als ein reines Segelschiff vollendet und zählte 60 Kanonen, gehörte also zu
jenen Schiffen, wie man sie früher in England unter dem Namen von Block-
schiffcn kannte und in Nordamerika durch die Rasirung des obern Decks alter
Linienschiffe herstellte. Ein englischer Marineoffizier äußerte sich über den
"Schwarzenberg", derselbe sei ein ganz gutes Fahrzeug von derselben Art, wie
man vor zwanzig Jahre" in England gebaut habe. Östreichische Federn schrie¬
ben diese Worte mit nicht geringer Freude nach, nicht ahnend, welcher bittere
Tadel für die östreichischen Schiffsbaumeister in diesem ganz treffenden Urtheile
lag. Durch Einsetzung einer Maschine wurde der Schwarzenberg später in ei¬
nen Propeller umgewandelt, wodurch das Schiff etwas an Schnelligkeit gewann,


Hohlkugeln fast gar keinen Gebrauch machten, sondern durchweg mit Vollkugeln
feuerten.

Die Nuhe kann in gleichem Grade stärkend und belebend als schwächend
und zerstörend wirken. Letzteres ist bei dem größten Theile der östreichischen
Kriegsschiffe der Fall, da dieselben Jahr aus, Jahr ein abgetakelt oder höch¬
stens in halber Seebereitschaft unthätig liegen und in den stagnirenden Ge¬
wässern der Lagunen und der Häfen von Pola, Lissa und Trieft vermodern,
während die wenigen guten Schiffe beständig auf hoher See sind und dadurch
vorzeitig zu Grunde gehen. So besteht denn die östreichische Flotte großenteils
aus vor Alter fast seeuntüchtigen, aus neuen, aber altmodisch oder sonst un¬
praktisch gebauten, und aus solchen Fahrzeugen, die wegen ihrer Kleinheit zu
weiten Seefahrten untauglich sind. Die durchweg gute» und für einen ern¬
steren Seekcunpf geeigneten Schiffe bilden die Minderzahl, wie solches sich bei
einer — wenn auch kurzen Betrachtung der einzelnen Fahrzeuge auf augen¬
fällige Weise herausstellt.

Das größte Fahrzeug der östreichischen Marine ist der „Kaiser", seit der
Zerlegung der von den Franzosen übernommenen alten oder noch unvollendeten
Orlogschiffe das erste und noch gegenwärtig auch einzige östreichische Linienschiff.
Dasselbe wurde 1859 vollendet, mit 91 Geschützen arniirt, unter denen sich
gegenwärtig 11 gezogene befinden, und hat eine Maschine von 300 Pferdekraft.
Im Ganzen ist der „Kaiser" ein so gut gebautes und so wohl ausgerüstetes
Schiff, wie es ein Linienschiff aus jener Uebergangsperiode sein kann. Gegen¬
wärtig befindet sich derselbe, mit etwa 930 Mann bemannt, bei der unter
Wüllerstvrfv Befehl stehenden Nordseeescadre, hat aber auf der Fahrt nicht un¬
beträchtlich gelitten.

Das zweitgrößte Schiff ist der oder „die Schwarzenberg", wie die östrei¬
chischen Rapporte, weil es eine Fregatte ist, zu schreiben pflegen. Es wurde
in diese» Blättern schon bei einem früheren Anlasse über das Mißgeschick be¬
richtet, welches vom Beginne an über diesem durch das Gefecht bei Helgoland
bekannt genug gewordenen Schiffe waltete. Der „Schwarzenberg" wurde 1832
als ein reines Segelschiff vollendet und zählte 60 Kanonen, gehörte also zu
jenen Schiffen, wie man sie früher in England unter dem Namen von Block-
schiffcn kannte und in Nordamerika durch die Rasirung des obern Decks alter
Linienschiffe herstellte. Ein englischer Marineoffizier äußerte sich über den
„Schwarzenberg", derselbe sei ein ganz gutes Fahrzeug von derselben Art, wie
man vor zwanzig Jahre» in England gebaut habe. Östreichische Federn schrie¬
ben diese Worte mit nicht geringer Freude nach, nicht ahnend, welcher bittere
Tadel für die östreichischen Schiffsbaumeister in diesem ganz treffenden Urtheile
lag. Durch Einsetzung einer Maschine wurde der Schwarzenberg später in ei¬
nen Propeller umgewandelt, wodurch das Schiff etwas an Schnelligkeit gewann,


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[0334] Hohlkugeln fast gar keinen Gebrauch machten, sondern durchweg mit Vollkugeln feuerten. Die Nuhe kann in gleichem Grade stärkend und belebend als schwächend und zerstörend wirken. Letzteres ist bei dem größten Theile der östreichischen Kriegsschiffe der Fall, da dieselben Jahr aus, Jahr ein abgetakelt oder höch¬ stens in halber Seebereitschaft unthätig liegen und in den stagnirenden Ge¬ wässern der Lagunen und der Häfen von Pola, Lissa und Trieft vermodern, während die wenigen guten Schiffe beständig auf hoher See sind und dadurch vorzeitig zu Grunde gehen. So besteht denn die östreichische Flotte großenteils aus vor Alter fast seeuntüchtigen, aus neuen, aber altmodisch oder sonst un¬ praktisch gebauten, und aus solchen Fahrzeugen, die wegen ihrer Kleinheit zu weiten Seefahrten untauglich sind. Die durchweg gute» und für einen ern¬ steren Seekcunpf geeigneten Schiffe bilden die Minderzahl, wie solches sich bei einer — wenn auch kurzen Betrachtung der einzelnen Fahrzeuge auf augen¬ fällige Weise herausstellt. Das größte Fahrzeug der östreichischen Marine ist der „Kaiser", seit der Zerlegung der von den Franzosen übernommenen alten oder noch unvollendeten Orlogschiffe das erste und noch gegenwärtig auch einzige östreichische Linienschiff. Dasselbe wurde 1859 vollendet, mit 91 Geschützen arniirt, unter denen sich gegenwärtig 11 gezogene befinden, und hat eine Maschine von 300 Pferdekraft. Im Ganzen ist der „Kaiser" ein so gut gebautes und so wohl ausgerüstetes Schiff, wie es ein Linienschiff aus jener Uebergangsperiode sein kann. Gegen¬ wärtig befindet sich derselbe, mit etwa 930 Mann bemannt, bei der unter Wüllerstvrfv Befehl stehenden Nordseeescadre, hat aber auf der Fahrt nicht un¬ beträchtlich gelitten. Das zweitgrößte Schiff ist der oder „die Schwarzenberg", wie die östrei¬ chischen Rapporte, weil es eine Fregatte ist, zu schreiben pflegen. Es wurde in diese» Blättern schon bei einem früheren Anlasse über das Mißgeschick be¬ richtet, welches vom Beginne an über diesem durch das Gefecht bei Helgoland bekannt genug gewordenen Schiffe waltete. Der „Schwarzenberg" wurde 1832 als ein reines Segelschiff vollendet und zählte 60 Kanonen, gehörte also zu jenen Schiffen, wie man sie früher in England unter dem Namen von Block- schiffcn kannte und in Nordamerika durch die Rasirung des obern Decks alter Linienschiffe herstellte. Ein englischer Marineoffizier äußerte sich über den „Schwarzenberg", derselbe sei ein ganz gutes Fahrzeug von derselben Art, wie man vor zwanzig Jahre» in England gebaut habe. Östreichische Federn schrie¬ ben diese Worte mit nicht geringer Freude nach, nicht ahnend, welcher bittere Tadel für die östreichischen Schiffsbaumeister in diesem ganz treffenden Urtheile lag. Durch Einsetzung einer Maschine wurde der Schwarzenberg später in ei¬ nen Propeller umgewandelt, wodurch das Schiff etwas an Schnelligkeit gewann,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/334>, abgerufen am 28.09.2024.