Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.anzutreffen, es gab keinen größern Ort. wo nicht zahlreiche Fremde warm. Die Zahl derer, welche Forschungstrieb und Wißbegier in fremde Länder Ferner waren die meisten Künstler und Kunsthandwerker fortwährend auf anzutreffen, es gab keinen größern Ort. wo nicht zahlreiche Fremde warm. Die Zahl derer, welche Forschungstrieb und Wißbegier in fremde Länder Ferner waren die meisten Künstler und Kunsthandwerker fortwährend auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0293" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/189388"/> <p xml:id="ID_1194" prev="#ID_1193"> anzutreffen, es gab keinen größern Ort. wo nicht zahlreiche Fremde warm.<lb/> Besonders weite und häufige Reisen unternahmen selbstverständlich die Kaufleute,<lb/> und bald zogen und fuhren, wie früher Aegypter und Griechen, auch Römer<lb/> in Handelsgeschäften von Alexandrien, dem London der alten Welt, „rüstig bis<lb/> zu den äußersten Indern". Große Karawanen zogen nach Aethiopien und dem<lb/> Troglodytenlande, selbst nach China scheint nach dortigen Chroniken unier „dem<lb/> Kaiser Aar-Tun von Ta-Tsin" (Marcus Antonius) eine kaufmännische Reise¬<lb/> gesellschaft vorgedrungen zu sein, während andrerseits im Norden schon unter<lb/> Nero Römer bis zur Bernsteinküste handelten und bereits zu Marbods Zeit<lb/> unter den Markomannen Kaufleute aus römischen Provinzen angetroffen wurden,<lb/> die „erst die Handelsfreiheit, dann die Begier nach Geldgewinn, endlich das<lb/> Vergessen des Vaterlandes aus den heimathlichen Wohnsitzen auf feindlichen<lb/> Boden geführt hatte".</p><lb/> <p xml:id="ID_1195"> Die Zahl derer, welche Forschungstrieb und Wißbegier in fremde Länder<lb/> führte, war im Alterthum zu allen Zeiten groß, schon weil das Bedürfniß, sich<lb/> durch Anschauung zu belehren, verbreiteter als in neuern Zeiten, dann auch,<lb/> weil die aus Bücherlesen zu gewinnende Kenntniß weniger zusammenhängend,<lb/> spärlicher, unzuverlässiger und schwer zu erlangen war. Nickt blos Fachgelehrte,<lb/> wie Kunst- und Alterthumsforscher, Geographen, Aerzte und Naturkundige, wie<lb/> Diodor. Strabo. Pausanias, Dioskorides und Galenus unternahmen große<lb/> Reisen, das Streben nach umfassender Bildung veranlaßte auch Andere häufig<lb/> zu weiten und gefahrvollen Wanderungen. Am meisten aber geziemte es der<lb/> Jugend, „sich über die Grenzen der Heimath zu erheben", und daß römische<lb/> Jünglinge an entfernten Studiensitzen den Wissenschaften oblagen, daß sie die<lb/> Universitäten in Massilia, in Athen und in Alexandrien bezogen, war ganz<lb/> gewöhnlich. Andrerseits aber führten auch die Professoren aller Fächer, vor¬<lb/> züglich die Rhetoren und Sophisten, ein Wanderleben im eigentlichsten Sinne<lb/> des Worts. Lucians „Traum" zeigt, daß dies als für Lehrer der Beredsamkeit<lb/> geradezu selbstverständlich betrachtet wurde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1196" next="#ID_1197"> Ferner waren die meisten Künstler und Kunsthandwerker fortwährend auf<lb/> der Wanderung begriffen, und noch viel unsteter war natürlich das Leben aller<lb/> Komödianten, musikalischen Virtuosen und Athleten, die besonders in Griechen¬<lb/> land und Kleinasien, wo selbst mancher kleinere Ort seine periodisch wieder-<lb/> kehrenden Schauspiele und Kampffeste hatte, ohne Unterlaß hin und her zogen.<lb/> Die berühmteren Künstler dieser Art machten offenbar regelmäßige Rundreisen<lb/> Wenigstens durch Griechenland. Kleinasien und Italien. Ein Athlet Asklepiades.<lb/> dem Alexandrien. Hermopolis. Athen, Puteoli. Neapel. Elis und viele andere<lb/> Städte das Bürgerrecht verliehen, rühmt sich in jenen drei Ländern ausgetreten<lb/> zu sein, und der Sänger Charinus. Bürger von Philadelphia, Nicomedia und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0293]
anzutreffen, es gab keinen größern Ort. wo nicht zahlreiche Fremde warm.
Besonders weite und häufige Reisen unternahmen selbstverständlich die Kaufleute,
und bald zogen und fuhren, wie früher Aegypter und Griechen, auch Römer
in Handelsgeschäften von Alexandrien, dem London der alten Welt, „rüstig bis
zu den äußersten Indern". Große Karawanen zogen nach Aethiopien und dem
Troglodytenlande, selbst nach China scheint nach dortigen Chroniken unier „dem
Kaiser Aar-Tun von Ta-Tsin" (Marcus Antonius) eine kaufmännische Reise¬
gesellschaft vorgedrungen zu sein, während andrerseits im Norden schon unter
Nero Römer bis zur Bernsteinküste handelten und bereits zu Marbods Zeit
unter den Markomannen Kaufleute aus römischen Provinzen angetroffen wurden,
die „erst die Handelsfreiheit, dann die Begier nach Geldgewinn, endlich das
Vergessen des Vaterlandes aus den heimathlichen Wohnsitzen auf feindlichen
Boden geführt hatte".
Die Zahl derer, welche Forschungstrieb und Wißbegier in fremde Länder
führte, war im Alterthum zu allen Zeiten groß, schon weil das Bedürfniß, sich
durch Anschauung zu belehren, verbreiteter als in neuern Zeiten, dann auch,
weil die aus Bücherlesen zu gewinnende Kenntniß weniger zusammenhängend,
spärlicher, unzuverlässiger und schwer zu erlangen war. Nickt blos Fachgelehrte,
wie Kunst- und Alterthumsforscher, Geographen, Aerzte und Naturkundige, wie
Diodor. Strabo. Pausanias, Dioskorides und Galenus unternahmen große
Reisen, das Streben nach umfassender Bildung veranlaßte auch Andere häufig
zu weiten und gefahrvollen Wanderungen. Am meisten aber geziemte es der
Jugend, „sich über die Grenzen der Heimath zu erheben", und daß römische
Jünglinge an entfernten Studiensitzen den Wissenschaften oblagen, daß sie die
Universitäten in Massilia, in Athen und in Alexandrien bezogen, war ganz
gewöhnlich. Andrerseits aber führten auch die Professoren aller Fächer, vor¬
züglich die Rhetoren und Sophisten, ein Wanderleben im eigentlichsten Sinne
des Worts. Lucians „Traum" zeigt, daß dies als für Lehrer der Beredsamkeit
geradezu selbstverständlich betrachtet wurde.
Ferner waren die meisten Künstler und Kunsthandwerker fortwährend auf
der Wanderung begriffen, und noch viel unsteter war natürlich das Leben aller
Komödianten, musikalischen Virtuosen und Athleten, die besonders in Griechen¬
land und Kleinasien, wo selbst mancher kleinere Ort seine periodisch wieder-
kehrenden Schauspiele und Kampffeste hatte, ohne Unterlaß hin und her zogen.
Die berühmteren Künstler dieser Art machten offenbar regelmäßige Rundreisen
Wenigstens durch Griechenland. Kleinasien und Italien. Ein Athlet Asklepiades.
dem Alexandrien. Hermopolis. Athen, Puteoli. Neapel. Elis und viele andere
Städte das Bürgerrecht verliehen, rühmt sich in jenen drei Ländern ausgetreten
zu sein, und der Sänger Charinus. Bürger von Philadelphia, Nicomedia und
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