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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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sie nicht von Prinzen und Privilegirten, die im Schlafe zu Generalen vorrücken,
geführt würden," würde namentlich nach den Erfahrungen des gegenwärtigen
Krieges richtiger lauten: "Die Oestreicher würden zu den besten Soldaten der
Welt gehören', sobald sie nicht nur tüchtige, d. h. nicht blos muthige Anführer
erhalten, sondern auch von den Fesseln der Pedanterie und der Bureaukratie
befreit, nach einem besseren Systeme ausgebildet und organisirt und vor allem
der Intelligenz zugänglicher gemacht würden -- kurz sobald sie aufhören würden,
O -- D. -- estreicher in der heutigen Bedeutung des Worts zu sein.




Militärischer Brief.

Ein den Frieden sicherstellender Waffenstillstand hat den Krieg in Schleswig be¬
endigt und ein für Deutschland vortheilhaftes Resultat herbeigeführt. Man darf
dies sagen, obgleich die endliche Feststellung der Verhältnisse von Schleswig-Holstein
noch nicht erfolgt ist und auch noch nicht übersehen werden kann. Die sich daran
knüpfenden Betrachtungen wollen wir den Politikern überlassen und uns nur auf
das Militärische beschränken, worin bei diesem Feldzuge die Politik mehr als sonst
zu Tage getreten ist. Schon in einem früheren Briefe ist der Einfluß der Politik
auf den Krieg näher besprochen und auch darauf verwiesen, wie das schärfere Inter¬
esse, mit welchem Preußen sich an den Ereignissen betheiligte, sich darin ausdrückte,
daß stets die preußische" Truppen die entscheidenden Schritte thaten, während die
Oestreicher sich darauf beschränkten, da wo sie durch die Verhältnisse zum Gefecht
kamen, ihre soldatische Tüchtigkeit zu zeigen. In dem letzten Abschnitt überließen die
Oestreicher die Handlung den Preußen ganz. So sehr auch die militärischen Rück¬
sichten geboten, nach dem den östreichischen Truppen gegenüberliegenden Fünen min¬
destens gleichzeitig wie nach Alsen überzugehen, verzichteten sie aus diesen, den Krieg
sofort entscheidenden Schritt. So nothwendig und natürlich es erschien, daß das
unter östreichischen Befehl stehende Nordsccgeschwader die Dänen aufsuchte und diesen
den Nimbus der Seeherrschaft benahm, der allein noch die Kopenhagner unklar über ihre
Lage macht, so wurde doch dieser Schritt vermieden, und die im Verhältniß großen
Streikt'raste begnügten sich mit dem Kampf gegen die Küstenfahrzeuge des Capitän
Hammer. Dieses Aufstellen großer Streitkräfte ohne damit zu handeln ist nicht nur
politisch und militärisch, sondern auch finanziell unrichtig. Doch dieser Vorwurf ist
nicht nur diesem einzelnen Fall, sondern dem ganzen Kriege zu machen. Politisch
und militärisch unrichtig war es, weil vollendete Thatsachen und rasches Handeln
den Geist der Diplomaten und der Soldaten am besten zum Entschluß und zur
Thatkraft führen. Die ökonomische Seite der Sache scheint nicht so bedeutend und
bedarf näherer Beleuchtung. Ein Krieg ist, wie jedermann gern zugeben wird, ein
großes finanzielles Unternehmen; schon Friedrich der Große sprach aus: derjenige
bleibt zuletzt Sieger, welcher den letzten Thaler in der Tasche behält. Jeder Privat¬
mann wird, wenn er sein Capital in ein Unternehmen steckt, daraus sehen, daß es
unausgesetzt arbeitet und so lange arbeitet, als Chancen zum Gewinn vorhanden
sind. Im letzten Kriege ist das nicht geschehen, das Capital hat überall mehr still


sie nicht von Prinzen und Privilegirten, die im Schlafe zu Generalen vorrücken,
geführt würden," würde namentlich nach den Erfahrungen des gegenwärtigen
Krieges richtiger lauten: „Die Oestreicher würden zu den besten Soldaten der
Welt gehören', sobald sie nicht nur tüchtige, d. h. nicht blos muthige Anführer
erhalten, sondern auch von den Fesseln der Pedanterie und der Bureaukratie
befreit, nach einem besseren Systeme ausgebildet und organisirt und vor allem
der Intelligenz zugänglicher gemacht würden — kurz sobald sie aufhören würden,
O — D. — estreicher in der heutigen Bedeutung des Worts zu sein.




Militärischer Brief.

Ein den Frieden sicherstellender Waffenstillstand hat den Krieg in Schleswig be¬
endigt und ein für Deutschland vortheilhaftes Resultat herbeigeführt. Man darf
dies sagen, obgleich die endliche Feststellung der Verhältnisse von Schleswig-Holstein
noch nicht erfolgt ist und auch noch nicht übersehen werden kann. Die sich daran
knüpfenden Betrachtungen wollen wir den Politikern überlassen und uns nur auf
das Militärische beschränken, worin bei diesem Feldzuge die Politik mehr als sonst
zu Tage getreten ist. Schon in einem früheren Briefe ist der Einfluß der Politik
auf den Krieg näher besprochen und auch darauf verwiesen, wie das schärfere Inter¬
esse, mit welchem Preußen sich an den Ereignissen betheiligte, sich darin ausdrückte,
daß stets die preußische» Truppen die entscheidenden Schritte thaten, während die
Oestreicher sich darauf beschränkten, da wo sie durch die Verhältnisse zum Gefecht
kamen, ihre soldatische Tüchtigkeit zu zeigen. In dem letzten Abschnitt überließen die
Oestreicher die Handlung den Preußen ganz. So sehr auch die militärischen Rück¬
sichten geboten, nach dem den östreichischen Truppen gegenüberliegenden Fünen min¬
destens gleichzeitig wie nach Alsen überzugehen, verzichteten sie aus diesen, den Krieg
sofort entscheidenden Schritt. So nothwendig und natürlich es erschien, daß das
unter östreichischen Befehl stehende Nordsccgeschwader die Dänen aufsuchte und diesen
den Nimbus der Seeherrschaft benahm, der allein noch die Kopenhagner unklar über ihre
Lage macht, so wurde doch dieser Schritt vermieden, und die im Verhältniß großen
Streikt'raste begnügten sich mit dem Kampf gegen die Küstenfahrzeuge des Capitän
Hammer. Dieses Aufstellen großer Streitkräfte ohne damit zu handeln ist nicht nur
politisch und militärisch, sondern auch finanziell unrichtig. Doch dieser Vorwurf ist
nicht nur diesem einzelnen Fall, sondern dem ganzen Kriege zu machen. Politisch
und militärisch unrichtig war es, weil vollendete Thatsachen und rasches Handeln
den Geist der Diplomaten und der Soldaten am besten zum Entschluß und zur
Thatkraft führen. Die ökonomische Seite der Sache scheint nicht so bedeutend und
bedarf näherer Beleuchtung. Ein Krieg ist, wie jedermann gern zugeben wird, ein
großes finanzielles Unternehmen; schon Friedrich der Große sprach aus: derjenige
bleibt zuletzt Sieger, welcher den letzten Thaler in der Tasche behält. Jeder Privat¬
mann wird, wenn er sein Capital in ein Unternehmen steckt, daraus sehen, daß es
unausgesetzt arbeitet und so lange arbeitet, als Chancen zum Gewinn vorhanden
sind. Im letzten Kriege ist das nicht geschehen, das Capital hat überall mehr still


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/284>, abgerufen am 28.09.2024.