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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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am See, von Beider Sprung aus dem Schiffe und von des Gemahles baldiger
Rückkehr berichtet.

Während Cieofa und Melchthal nun dem Ufer zueilen, um den kommen¬
den Gemahl aufzusuchen, ist auch dem Geßler die Landung gelungen, er hat
die nächste Felswand erklettert und schreit von der Höhe herab, daß man ihm
den Teil einhole. Dieser aber erscheint auf dem entgegengesetzten Felsen und
schießt den Landvogt nieder. Das Volk empfängt den Schützen als Sieger
und Eroberer der Freiheit, die Zwingburgen lodern in diesem gleichen Augen¬
blicke empor, alles ruft Sieg oder Tod! Teil jedoch ist mit diesem Schlag¬
wort nicht befriedigt; er mahnt das Volk vielmehr zur Beharrlichkeit, mit ihr
allein sei selbst einem Kaiser Trotz zu bieten. Dies faßt er zusammen in da^<
epigrammatische Schlußwort:




Soldatenleben im sechzehnten Jahrhundert.

Leonard Frvnsperger erzählt uns mit großer Andacht wundersame Geschich¬
ten von den Kriegsmetzen, die ehemals den deutschen Heeren folgten. Frauw Hoctz
war ihr berühmtester "Hauptmann". Wir können diese unsere Landsmännin
nicht besser beschreiben, als wenn wir die eigenen Worte unseres Gewährmannes
wiedergeben. "Sie brennten", raubten, namen, Ställen, erschröckten, erstachen,
jagten, verwüsten Land und Leut." Wann Frauw Hoctz und ihre liebenswür¬
digen Gefährtinnen gelebt, können wir nicht sagen. Fronsperger hat sie nicht
mehr selbst gekannt. Zu seiner Zeit, d. l). im sechzehnten Jahrhundert, war
das alte Kriegswesen im Uebergange zu der neuen Ordnung der Dinge be¬
griffen. Das Condotticritreiben hatte sich überlebt. Fronsperg war ebenso¬
wenig ein Condottiere wie Prospero Colonna oder Virginio Orsino. Sie waren
Generale, die im Dienste ihrer Herrn Söldlinge warben und in die Schlacht
führten. Die Schweizer hatten am meisten den alten Charakter bewahrt. Aber
auch für sie waren die Zeiten von Castruccio Castracani vorüber. Von der
andern Seite waren jedoch moderne Armeen noch unbekannt. Selbst die viel
besprochene Niliee ä'in-clomriineö und die Schotten von Louis dem Elster waren


Grcnziwte" III. 18"4. 30

am See, von Beider Sprung aus dem Schiffe und von des Gemahles baldiger
Rückkehr berichtet.

Während Cieofa und Melchthal nun dem Ufer zueilen, um den kommen¬
den Gemahl aufzusuchen, ist auch dem Geßler die Landung gelungen, er hat
die nächste Felswand erklettert und schreit von der Höhe herab, daß man ihm
den Teil einhole. Dieser aber erscheint auf dem entgegengesetzten Felsen und
schießt den Landvogt nieder. Das Volk empfängt den Schützen als Sieger
und Eroberer der Freiheit, die Zwingburgen lodern in diesem gleichen Augen¬
blicke empor, alles ruft Sieg oder Tod! Teil jedoch ist mit diesem Schlag¬
wort nicht befriedigt; er mahnt das Volk vielmehr zur Beharrlichkeit, mit ihr
allein sei selbst einem Kaiser Trotz zu bieten. Dies faßt er zusammen in da^<
epigrammatische Schlußwort:




Soldatenleben im sechzehnten Jahrhundert.

Leonard Frvnsperger erzählt uns mit großer Andacht wundersame Geschich¬
ten von den Kriegsmetzen, die ehemals den deutschen Heeren folgten. Frauw Hoctz
war ihr berühmtester „Hauptmann". Wir können diese unsere Landsmännin
nicht besser beschreiben, als wenn wir die eigenen Worte unseres Gewährmannes
wiedergeben. „Sie brennten», raubten, namen, Ställen, erschröckten, erstachen,
jagten, verwüsten Land und Leut." Wann Frauw Hoctz und ihre liebenswür¬
digen Gefährtinnen gelebt, können wir nicht sagen. Fronsperger hat sie nicht
mehr selbst gekannt. Zu seiner Zeit, d. l). im sechzehnten Jahrhundert, war
das alte Kriegswesen im Uebergange zu der neuen Ordnung der Dinge be¬
griffen. Das Condotticritreiben hatte sich überlebt. Fronsperg war ebenso¬
wenig ein Condottiere wie Prospero Colonna oder Virginio Orsino. Sie waren
Generale, die im Dienste ihrer Herrn Söldlinge warben und in die Schlacht
führten. Die Schweizer hatten am meisten den alten Charakter bewahrt. Aber
auch für sie waren die Zeiten von Castruccio Castracani vorüber. Von der
andern Seite waren jedoch moderne Armeen noch unbekannt. Selbst die viel
besprochene Niliee ä'in-clomriineö und die Schotten von Louis dem Elster waren


Grcnziwte» III. 18»4. 30
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[0241] am See, von Beider Sprung aus dem Schiffe und von des Gemahles baldiger Rückkehr berichtet. Während Cieofa und Melchthal nun dem Ufer zueilen, um den kommen¬ den Gemahl aufzusuchen, ist auch dem Geßler die Landung gelungen, er hat die nächste Felswand erklettert und schreit von der Höhe herab, daß man ihm den Teil einhole. Dieser aber erscheint auf dem entgegengesetzten Felsen und schießt den Landvogt nieder. Das Volk empfängt den Schützen als Sieger und Eroberer der Freiheit, die Zwingburgen lodern in diesem gleichen Augen¬ blicke empor, alles ruft Sieg oder Tod! Teil jedoch ist mit diesem Schlag¬ wort nicht befriedigt; er mahnt das Volk vielmehr zur Beharrlichkeit, mit ihr allein sei selbst einem Kaiser Trotz zu bieten. Dies faßt er zusammen in da^< epigrammatische Schlußwort: Soldatenleben im sechzehnten Jahrhundert. Leonard Frvnsperger erzählt uns mit großer Andacht wundersame Geschich¬ ten von den Kriegsmetzen, die ehemals den deutschen Heeren folgten. Frauw Hoctz war ihr berühmtester „Hauptmann". Wir können diese unsere Landsmännin nicht besser beschreiben, als wenn wir die eigenen Worte unseres Gewährmannes wiedergeben. „Sie brennten», raubten, namen, Ställen, erschröckten, erstachen, jagten, verwüsten Land und Leut." Wann Frauw Hoctz und ihre liebenswür¬ digen Gefährtinnen gelebt, können wir nicht sagen. Fronsperger hat sie nicht mehr selbst gekannt. Zu seiner Zeit, d. l). im sechzehnten Jahrhundert, war das alte Kriegswesen im Uebergange zu der neuen Ordnung der Dinge be¬ griffen. Das Condotticritreiben hatte sich überlebt. Fronsperg war ebenso¬ wenig ein Condottiere wie Prospero Colonna oder Virginio Orsino. Sie waren Generale, die im Dienste ihrer Herrn Söldlinge warben und in die Schlacht führten. Die Schweizer hatten am meisten den alten Charakter bewahrt. Aber auch für sie waren die Zeiten von Castruccio Castracani vorüber. Von der andern Seite waren jedoch moderne Armeen noch unbekannt. Selbst die viel besprochene Niliee ä'in-clomriineö und die Schotten von Louis dem Elster waren Grcnziwte» III. 18»4. 30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/241>, abgerufen am 28.09.2024.