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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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die wegen des nöthigen Nachwuchses für den geistlichen Stand vor allem zu
berücksichtigen waren. Nur die Klanssen in Brixen und die Bcnedictinerinnen
auf sahen, so wie die Brüderschaften wurden in den Besitz ihres Vermögens
gesetzt, die Pensionen der Stiftspriester erhöht, und dem verdienstvollen Fürst,
bischof von Chur das fürstenburgische Urbar sammt Schloß und Zugehör rück¬
gestellt.

Nicht erleuchteter erwiesen sich Hofer und sein Rath in weltlichen Dingen.
Gleich anfangs beantragte die Landesadministration zur Herbeischaffung von
Geldmitteln die neuerliche Einführung des Aufschlags von Wein, Branntwein
und Essig, wie er unter Oestreich bestand. .Hofer, der vorher mit diesen Gegen¬
ständen Handel trieb, somit Mann von Fach war, setzte sie auf ein geringeres
als das vorgeschlagene Ausmaß fest und ermäßigte auch die Zollgebühren der
Saumpferde in Passeier auf die Hälfte. Dem Schützenhauptmann Franz Ram
hatte er unbeschränkte Vollmacht ertheilt, von den Berg- und Zollämtern
das vorräthige Metall und Geld abzuheischen, so wie auch Commissäre ein¬
zusetzen; auf die darüber eingelangten Beschwerden erklärte er jedoch, den Auf¬
trag blos zum Nachsehen in den Werken ertheilt zu haben. Weder die neu
errichteten Ausschlagämter noch der Bergsegen, den die östreichische Intendant¬
schaft hinreichend ausgesogen und verschleudert hatte, gewährten nur annäherungs¬
weise eine Bedeckung der Auslagen, alle öffentlichen Kassen waren erschöpft,
selbst die Steuern wollten nicht einfließen. Schon am 10. September sah sich
Hofer zu der Erklärung genöthigt, daß der Rückstand der Schützenlöhnungen nicht
zur Verweigerung des Dienstes berechtige, ein Aufruf vom 22. zeigt, daß nicht
nur Steuern, Grundzinsen und Zehenten, sondern selbst die Aufschlags- und
anderen Gefälle, Zölle und Weggeldcr nicht entrichtet wurden, der Ober¬
commandant gesteht ganz offen, daß "der gesammte Gefällenbczug in eine gänz¬
liche Stockung gerathen s^i". Nach einer zwei Tage später erschienenen Ver¬
ordnung wurde es sogar nöthig, einigen Gerichten die von ihnen zur Bestreitung
des Gerichtsbedarfes beantragte Zurückhaltung der landesfürstlichen Steuern
zu verbieten. Wiederholt klagt der Obercommandant, daß nicht nur die Staats¬
anstalten aus Mangel an Bedeckung gehemmt, sonder" selbst die Seelsorger,
die Exreligiosen und Exnonnen dem drückendsten Elende Preis gegeben seien.
Da ergriff er mit Erlaß vom 23. September im Namen des Kaisers, für den
er allein zu handeln erklärte, seine Zuflucht zu dem von der Jntendantscbaft
ausgeschriebenen, aber noch zu mehr als drei Viertheilen ausständigen forcirten
Darleihen unter der feierlichsten Versicherung, daß "die k. k. östreichische Regie¬
rung für jeden, auch den schlimmsten Fall um Capital und Zinsen Garantin
und Selbstzahlerinn sein werde". Keiner dieser Aufrufe that jedoch die ge¬
wünschte Wirkung, die Bande der Ordnung waren gelöst, und den Leuten in
der Hofburg fehlten Einsicht und Kraft sie wiederherzustellen. Dazu hätten die


die wegen des nöthigen Nachwuchses für den geistlichen Stand vor allem zu
berücksichtigen waren. Nur die Klanssen in Brixen und die Bcnedictinerinnen
auf sahen, so wie die Brüderschaften wurden in den Besitz ihres Vermögens
gesetzt, die Pensionen der Stiftspriester erhöht, und dem verdienstvollen Fürst,
bischof von Chur das fürstenburgische Urbar sammt Schloß und Zugehör rück¬
gestellt.

Nicht erleuchteter erwiesen sich Hofer und sein Rath in weltlichen Dingen.
Gleich anfangs beantragte die Landesadministration zur Herbeischaffung von
Geldmitteln die neuerliche Einführung des Aufschlags von Wein, Branntwein
und Essig, wie er unter Oestreich bestand. .Hofer, der vorher mit diesen Gegen¬
ständen Handel trieb, somit Mann von Fach war, setzte sie auf ein geringeres
als das vorgeschlagene Ausmaß fest und ermäßigte auch die Zollgebühren der
Saumpferde in Passeier auf die Hälfte. Dem Schützenhauptmann Franz Ram
hatte er unbeschränkte Vollmacht ertheilt, von den Berg- und Zollämtern
das vorräthige Metall und Geld abzuheischen, so wie auch Commissäre ein¬
zusetzen; auf die darüber eingelangten Beschwerden erklärte er jedoch, den Auf¬
trag blos zum Nachsehen in den Werken ertheilt zu haben. Weder die neu
errichteten Ausschlagämter noch der Bergsegen, den die östreichische Intendant¬
schaft hinreichend ausgesogen und verschleudert hatte, gewährten nur annäherungs¬
weise eine Bedeckung der Auslagen, alle öffentlichen Kassen waren erschöpft,
selbst die Steuern wollten nicht einfließen. Schon am 10. September sah sich
Hofer zu der Erklärung genöthigt, daß der Rückstand der Schützenlöhnungen nicht
zur Verweigerung des Dienstes berechtige, ein Aufruf vom 22. zeigt, daß nicht
nur Steuern, Grundzinsen und Zehenten, sondern selbst die Aufschlags- und
anderen Gefälle, Zölle und Weggeldcr nicht entrichtet wurden, der Ober¬
commandant gesteht ganz offen, daß „der gesammte Gefällenbczug in eine gänz¬
liche Stockung gerathen s^i". Nach einer zwei Tage später erschienenen Ver¬
ordnung wurde es sogar nöthig, einigen Gerichten die von ihnen zur Bestreitung
des Gerichtsbedarfes beantragte Zurückhaltung der landesfürstlichen Steuern
zu verbieten. Wiederholt klagt der Obercommandant, daß nicht nur die Staats¬
anstalten aus Mangel an Bedeckung gehemmt, sonder» selbst die Seelsorger,
die Exreligiosen und Exnonnen dem drückendsten Elende Preis gegeben seien.
Da ergriff er mit Erlaß vom 23. September im Namen des Kaisers, für den
er allein zu handeln erklärte, seine Zuflucht zu dem von der Jntendantscbaft
ausgeschriebenen, aber noch zu mehr als drei Viertheilen ausständigen forcirten
Darleihen unter der feierlichsten Versicherung, daß „die k. k. östreichische Regie¬
rung für jeden, auch den schlimmsten Fall um Capital und Zinsen Garantin
und Selbstzahlerinn sein werde". Keiner dieser Aufrufe that jedoch die ge¬
wünschte Wirkung, die Bande der Ordnung waren gelöst, und den Leuten in
der Hofburg fehlten Einsicht und Kraft sie wiederherzustellen. Dazu hätten die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/22>, abgerufen am 28.09.2024.