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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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hätten Theil nehmen sollen, kam nicht ein Bataillon, und von der preußischen
Gardcdivision blos eine Abtheilung des Regiments "Königin" ins Feuer,
Wären die Dispositionen besser entworfen oder, was auch möglich ist, genauer
befolgt worden, so hätte derselbe Erfolg in kürzerer Zeit und mit weit geringeren
Opfern erreicht werden können.

Gleichwohl bietet das Gefecht bei Oberselk weniger Veranlassung zum
Tadel, als mehre spätere Actionen des östreichischen Armeecorps.

Es ist schwer zu sagen, was die Oestreicher gethan hätten, wenn das
Dannewerk von den Dänen ernstlich vertheidigt worden wäre. Aber der Ueber¬
gang der Preußen über die Schlei machte jedes fernere Verweilen der Dänen
zur Unmöglichkeit, und dieselben zogen sich daher nach Flensburg zurück. Man
hatte eine hartnäckige Vertheidigung der dänischen Stellung erwartet, und es
war in Wien schon ziemlich laut von dem unsterblichen Ruhme die Rede ge¬
wesen, welchen sich die östreichischen Truppen bei diesem Sturme unfehlbar
erwerben würden. Diese schönen Hoffnungen gingen nun nicht in Erfüllung.
Doch wußte man sich hierüber zu trösten, und einige officiöse Journale be¬
saßen Stirn genug, zu behaupten, daß die unerwartete Räumung des Danne-
werks im Grunde doch nur den Oestreichern, deren furchtbarer Angriff über
alle Beschreibung demoralisircnd auf die Dänen eingewirkt - habe, beizu¬
messen sei.

Wenn auch das mittlerweile eingetretene heftige Schneewetter den Alliirten
den Rückzug der Dänen nicht sogleich bemerken ließ und letzteren somit einen
Vorsprung verschaffte, so steigerte anderseits das wirklich entsetzliche Unwetter
die mit jedem Rückzug verbundenen Beschwerden, sowie die Verwirrung und
Entmuthigung der dänischen Truppen beträchtlich, und nur den von den Oestreichern
begangenen Fehlern ist es beizumessen, wenn der bei Oeversee noch einmal ent¬
brennende Kampf eine solche Dauer und Heftigkeit erlangen konnte.

Der Räumung des Dannewerks war am 5. Februar der Einmarsch der
Oestreicher in Schleswig gefolgt. Die Dänen, welche in dieser Stadt, sowie in
dem Dannewerk große Vorräthe an Proviant, Montur und Munition zurücklassen
mußten, zogen sich zwar eilig, aber in guter Ordnung zurück.

Am 6. Morgens brachen die Oestreicher von Schleswig nach Flensburg
auf. Dieses Mal bildete die aus den deutschöstreichischen Regimentern Hessen
und Belgien und dem 9. Jägerbataillon bestehende Brigade Nosiiz die Avant¬
garde. Das aus Kroaten und Raiczen bestehende Regiment Coronini wurde
zur Besatzung für Schleswig bestimmt. Nach dem Plane des Feldmarschalls
Wrangel hätte vor Oeversee Halt gemacht und die Ankunft der Preußen unter
dem Prinzen Friedrich Karl abgewartet werden sollen. Aber die Eile, mit der
Feldmarschalllieutenent Gablenz den Dänen nachjagte, bewirkte, daß abermals
nur eine Brigade in das Gefecht kam. Bei dem Treffen bei Oberselk hatte


Grenzboten III. 1864. 27

hätten Theil nehmen sollen, kam nicht ein Bataillon, und von der preußischen
Gardcdivision blos eine Abtheilung des Regiments „Königin" ins Feuer,
Wären die Dispositionen besser entworfen oder, was auch möglich ist, genauer
befolgt worden, so hätte derselbe Erfolg in kürzerer Zeit und mit weit geringeren
Opfern erreicht werden können.

Gleichwohl bietet das Gefecht bei Oberselk weniger Veranlassung zum
Tadel, als mehre spätere Actionen des östreichischen Armeecorps.

Es ist schwer zu sagen, was die Oestreicher gethan hätten, wenn das
Dannewerk von den Dänen ernstlich vertheidigt worden wäre. Aber der Ueber¬
gang der Preußen über die Schlei machte jedes fernere Verweilen der Dänen
zur Unmöglichkeit, und dieselben zogen sich daher nach Flensburg zurück. Man
hatte eine hartnäckige Vertheidigung der dänischen Stellung erwartet, und es
war in Wien schon ziemlich laut von dem unsterblichen Ruhme die Rede ge¬
wesen, welchen sich die östreichischen Truppen bei diesem Sturme unfehlbar
erwerben würden. Diese schönen Hoffnungen gingen nun nicht in Erfüllung.
Doch wußte man sich hierüber zu trösten, und einige officiöse Journale be¬
saßen Stirn genug, zu behaupten, daß die unerwartete Räumung des Danne-
werks im Grunde doch nur den Oestreichern, deren furchtbarer Angriff über
alle Beschreibung demoralisircnd auf die Dänen eingewirkt - habe, beizu¬
messen sei.

Wenn auch das mittlerweile eingetretene heftige Schneewetter den Alliirten
den Rückzug der Dänen nicht sogleich bemerken ließ und letzteren somit einen
Vorsprung verschaffte, so steigerte anderseits das wirklich entsetzliche Unwetter
die mit jedem Rückzug verbundenen Beschwerden, sowie die Verwirrung und
Entmuthigung der dänischen Truppen beträchtlich, und nur den von den Oestreichern
begangenen Fehlern ist es beizumessen, wenn der bei Oeversee noch einmal ent¬
brennende Kampf eine solche Dauer und Heftigkeit erlangen konnte.

Der Räumung des Dannewerks war am 5. Februar der Einmarsch der
Oestreicher in Schleswig gefolgt. Die Dänen, welche in dieser Stadt, sowie in
dem Dannewerk große Vorräthe an Proviant, Montur und Munition zurücklassen
mußten, zogen sich zwar eilig, aber in guter Ordnung zurück.

Am 6. Morgens brachen die Oestreicher von Schleswig nach Flensburg
auf. Dieses Mal bildete die aus den deutschöstreichischen Regimentern Hessen
und Belgien und dem 9. Jägerbataillon bestehende Brigade Nosiiz die Avant¬
garde. Das aus Kroaten und Raiczen bestehende Regiment Coronini wurde
zur Besatzung für Schleswig bestimmt. Nach dem Plane des Feldmarschalls
Wrangel hätte vor Oeversee Halt gemacht und die Ankunft der Preußen unter
dem Prinzen Friedrich Karl abgewartet werden sollen. Aber die Eile, mit der
Feldmarschalllieutenent Gablenz den Dänen nachjagte, bewirkte, daß abermals
nur eine Brigade in das Gefecht kam. Bei dem Treffen bei Oberselk hatte


Grenzboten III. 1864. 27
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[0217] hätten Theil nehmen sollen, kam nicht ein Bataillon, und von der preußischen Gardcdivision blos eine Abtheilung des Regiments „Königin" ins Feuer, Wären die Dispositionen besser entworfen oder, was auch möglich ist, genauer befolgt worden, so hätte derselbe Erfolg in kürzerer Zeit und mit weit geringeren Opfern erreicht werden können. Gleichwohl bietet das Gefecht bei Oberselk weniger Veranlassung zum Tadel, als mehre spätere Actionen des östreichischen Armeecorps. Es ist schwer zu sagen, was die Oestreicher gethan hätten, wenn das Dannewerk von den Dänen ernstlich vertheidigt worden wäre. Aber der Ueber¬ gang der Preußen über die Schlei machte jedes fernere Verweilen der Dänen zur Unmöglichkeit, und dieselben zogen sich daher nach Flensburg zurück. Man hatte eine hartnäckige Vertheidigung der dänischen Stellung erwartet, und es war in Wien schon ziemlich laut von dem unsterblichen Ruhme die Rede ge¬ wesen, welchen sich die östreichischen Truppen bei diesem Sturme unfehlbar erwerben würden. Diese schönen Hoffnungen gingen nun nicht in Erfüllung. Doch wußte man sich hierüber zu trösten, und einige officiöse Journale be¬ saßen Stirn genug, zu behaupten, daß die unerwartete Räumung des Danne- werks im Grunde doch nur den Oestreichern, deren furchtbarer Angriff über alle Beschreibung demoralisircnd auf die Dänen eingewirkt - habe, beizu¬ messen sei. Wenn auch das mittlerweile eingetretene heftige Schneewetter den Alliirten den Rückzug der Dänen nicht sogleich bemerken ließ und letzteren somit einen Vorsprung verschaffte, so steigerte anderseits das wirklich entsetzliche Unwetter die mit jedem Rückzug verbundenen Beschwerden, sowie die Verwirrung und Entmuthigung der dänischen Truppen beträchtlich, und nur den von den Oestreichern begangenen Fehlern ist es beizumessen, wenn der bei Oeversee noch einmal ent¬ brennende Kampf eine solche Dauer und Heftigkeit erlangen konnte. Der Räumung des Dannewerks war am 5. Februar der Einmarsch der Oestreicher in Schleswig gefolgt. Die Dänen, welche in dieser Stadt, sowie in dem Dannewerk große Vorräthe an Proviant, Montur und Munition zurücklassen mußten, zogen sich zwar eilig, aber in guter Ordnung zurück. Am 6. Morgens brachen die Oestreicher von Schleswig nach Flensburg auf. Dieses Mal bildete die aus den deutschöstreichischen Regimentern Hessen und Belgien und dem 9. Jägerbataillon bestehende Brigade Nosiiz die Avant¬ garde. Das aus Kroaten und Raiczen bestehende Regiment Coronini wurde zur Besatzung für Schleswig bestimmt. Nach dem Plane des Feldmarschalls Wrangel hätte vor Oeversee Halt gemacht und die Ankunft der Preußen unter dem Prinzen Friedrich Karl abgewartet werden sollen. Aber die Eile, mit der Feldmarschalllieutenent Gablenz den Dänen nachjagte, bewirkte, daß abermals nur eine Brigade in das Gefecht kam. Bei dem Treffen bei Oberselk hatte Grenzboten III. 1864. 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/217>, abgerufen am 28.09.2024.