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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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recht zusammen, die höhere Leitung war mangelhaft oder existirte gar nicht, und
mehrfache Mängel der Organisation und Taktik verdoppelten den Verlust, der
auch unter günstigeren Verhältnissen hätte beträchtlich sein müssen.

Gras Gondrecvurt vergaß, wie einige Blätter ihm nachrühmen, "über dem
persönlichen Heldenmuth, der ihn vorwärts trieb, fast den Commandirenden"
-- in der That, es dürfte einem General kaum ein schlechteres Compliment
gemacht werden können. Er warf sich mit dem nächstbesten Bataillon auf die
Dänen und verlor dabei alles Andere aus den Augen. Oberst Adele von Mar>
lini-Jnfanterie wirkte auf weit ersprießlichere Weise. Er führte seine Bataillone
mit Muth und Besonnenheit dreimal gegen den Feind und vertrieb denselben
aus Wedelspang, wenn es ihm auch nicht gelang, die hinter dem Königsberg
befindliche dänische Schanze zu nehmen.

Die Jäger und das eine Bataillon Preußen stürmten dagegen Obersclk
und den Königsberg und behaupteten auch beide Punkte nach einem dreimaligen,
freilich von enormen Verlusten begleiteten Angriff. Bei dieser Gelegenheit
eroberten die Oestreicher eine gezogene Kanone und zwei Danebrogs, die ein¬
zigen bedeutenden Siegeszeichen dieses Gefechtes, welches des beträchtlichen Ver¬
lustes und der großen Erschöpfung der Truppen wegen nach der Besetzung des
Königsbergs abgebrochen wurde.

Im Allgemeinen war auch hier den Mannschaften nichts Anderes übrig
geblieben, als auf den Feind mit Kolben und Bajonnet loszugehen, da das
Terrain vor den östreichischen Truppen zwar uneben und von Sümpfen durch¬
schnitten, aber nicht cvupirt war, die Wirkung der feindlichen, sehr gut planirten und
dem Kaliber nach überlegenen Artillerie also äußerst kräftig sein mußte, während
die Erfolge der östreichischen Artillerie, von welcher zu Ende des Gefechtes zwei
Batterien mitwirkten, trotz der Aufopferung ihrer Bedienung höchst ungenügend
waren. Es geschah der östreichischen Artillerie, welche ihre neuen Geschütze nur
bei Wien unter den günstigsten, selbst gewählten Verhältnissen erprobt hatte, daß
sich schon nach wenigen Schüssen die Schrauben der Richtvorrichtungen dergestalt
verbogen, daß mehre Geschütze ihr Feuer augenblicklich einstellen mußten. Auch
zersprangen verschiedene Geschosse vor der Zeit oder gar schon im Röhre, andere
fielen weit vor dem Ziele nieder, und die wenigen Treffer blieben wegen der
Kleinheit des Kalibers ohne große Wirkung.

Die Unzulänglichkeit der östreichischen Artillerie zeigte sich auffällig, als
die verhältnißmäßig leichten Kaufes gewonnene wichtige Position auf dem Königs-
berge armirt und von da aus die Artillerie der gegenüber liegenden feindliche"
Schanzen zum Schweigen gebracht werden sollte und Gablenz, weil es seiner
Reserve an den hierzu entsprechenden Geschützen gebrach, die Preußen auf das
dringendste um die Überlassung einiger Kanonen bitten mußte.

Von den beiden andern östreichischen Brigaden, welche an dein Gefecht


recht zusammen, die höhere Leitung war mangelhaft oder existirte gar nicht, und
mehrfache Mängel der Organisation und Taktik verdoppelten den Verlust, der
auch unter günstigeren Verhältnissen hätte beträchtlich sein müssen.

Gras Gondrecvurt vergaß, wie einige Blätter ihm nachrühmen, „über dem
persönlichen Heldenmuth, der ihn vorwärts trieb, fast den Commandirenden"
— in der That, es dürfte einem General kaum ein schlechteres Compliment
gemacht werden können. Er warf sich mit dem nächstbesten Bataillon auf die
Dänen und verlor dabei alles Andere aus den Augen. Oberst Adele von Mar>
lini-Jnfanterie wirkte auf weit ersprießlichere Weise. Er führte seine Bataillone
mit Muth und Besonnenheit dreimal gegen den Feind und vertrieb denselben
aus Wedelspang, wenn es ihm auch nicht gelang, die hinter dem Königsberg
befindliche dänische Schanze zu nehmen.

Die Jäger und das eine Bataillon Preußen stürmten dagegen Obersclk
und den Königsberg und behaupteten auch beide Punkte nach einem dreimaligen,
freilich von enormen Verlusten begleiteten Angriff. Bei dieser Gelegenheit
eroberten die Oestreicher eine gezogene Kanone und zwei Danebrogs, die ein¬
zigen bedeutenden Siegeszeichen dieses Gefechtes, welches des beträchtlichen Ver¬
lustes und der großen Erschöpfung der Truppen wegen nach der Besetzung des
Königsbergs abgebrochen wurde.

Im Allgemeinen war auch hier den Mannschaften nichts Anderes übrig
geblieben, als auf den Feind mit Kolben und Bajonnet loszugehen, da das
Terrain vor den östreichischen Truppen zwar uneben und von Sümpfen durch¬
schnitten, aber nicht cvupirt war, die Wirkung der feindlichen, sehr gut planirten und
dem Kaliber nach überlegenen Artillerie also äußerst kräftig sein mußte, während
die Erfolge der östreichischen Artillerie, von welcher zu Ende des Gefechtes zwei
Batterien mitwirkten, trotz der Aufopferung ihrer Bedienung höchst ungenügend
waren. Es geschah der östreichischen Artillerie, welche ihre neuen Geschütze nur
bei Wien unter den günstigsten, selbst gewählten Verhältnissen erprobt hatte, daß
sich schon nach wenigen Schüssen die Schrauben der Richtvorrichtungen dergestalt
verbogen, daß mehre Geschütze ihr Feuer augenblicklich einstellen mußten. Auch
zersprangen verschiedene Geschosse vor der Zeit oder gar schon im Röhre, andere
fielen weit vor dem Ziele nieder, und die wenigen Treffer blieben wegen der
Kleinheit des Kalibers ohne große Wirkung.

Die Unzulänglichkeit der östreichischen Artillerie zeigte sich auffällig, als
die verhältnißmäßig leichten Kaufes gewonnene wichtige Position auf dem Königs-
berge armirt und von da aus die Artillerie der gegenüber liegenden feindliche»
Schanzen zum Schweigen gebracht werden sollte und Gablenz, weil es seiner
Reserve an den hierzu entsprechenden Geschützen gebrach, die Preußen auf das
dringendste um die Überlassung einiger Kanonen bitten mußte.

Von den beiden andern östreichischen Brigaden, welche an dein Gefecht


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[0216] recht zusammen, die höhere Leitung war mangelhaft oder existirte gar nicht, und mehrfache Mängel der Organisation und Taktik verdoppelten den Verlust, der auch unter günstigeren Verhältnissen hätte beträchtlich sein müssen. Gras Gondrecvurt vergaß, wie einige Blätter ihm nachrühmen, „über dem persönlichen Heldenmuth, der ihn vorwärts trieb, fast den Commandirenden" — in der That, es dürfte einem General kaum ein schlechteres Compliment gemacht werden können. Er warf sich mit dem nächstbesten Bataillon auf die Dänen und verlor dabei alles Andere aus den Augen. Oberst Adele von Mar> lini-Jnfanterie wirkte auf weit ersprießlichere Weise. Er führte seine Bataillone mit Muth und Besonnenheit dreimal gegen den Feind und vertrieb denselben aus Wedelspang, wenn es ihm auch nicht gelang, die hinter dem Königsberg befindliche dänische Schanze zu nehmen. Die Jäger und das eine Bataillon Preußen stürmten dagegen Obersclk und den Königsberg und behaupteten auch beide Punkte nach einem dreimaligen, freilich von enormen Verlusten begleiteten Angriff. Bei dieser Gelegenheit eroberten die Oestreicher eine gezogene Kanone und zwei Danebrogs, die ein¬ zigen bedeutenden Siegeszeichen dieses Gefechtes, welches des beträchtlichen Ver¬ lustes und der großen Erschöpfung der Truppen wegen nach der Besetzung des Königsbergs abgebrochen wurde. Im Allgemeinen war auch hier den Mannschaften nichts Anderes übrig geblieben, als auf den Feind mit Kolben und Bajonnet loszugehen, da das Terrain vor den östreichischen Truppen zwar uneben und von Sümpfen durch¬ schnitten, aber nicht cvupirt war, die Wirkung der feindlichen, sehr gut planirten und dem Kaliber nach überlegenen Artillerie also äußerst kräftig sein mußte, während die Erfolge der östreichischen Artillerie, von welcher zu Ende des Gefechtes zwei Batterien mitwirkten, trotz der Aufopferung ihrer Bedienung höchst ungenügend waren. Es geschah der östreichischen Artillerie, welche ihre neuen Geschütze nur bei Wien unter den günstigsten, selbst gewählten Verhältnissen erprobt hatte, daß sich schon nach wenigen Schüssen die Schrauben der Richtvorrichtungen dergestalt verbogen, daß mehre Geschütze ihr Feuer augenblicklich einstellen mußten. Auch zersprangen verschiedene Geschosse vor der Zeit oder gar schon im Röhre, andere fielen weit vor dem Ziele nieder, und die wenigen Treffer blieben wegen der Kleinheit des Kalibers ohne große Wirkung. Die Unzulänglichkeit der östreichischen Artillerie zeigte sich auffällig, als die verhältnißmäßig leichten Kaufes gewonnene wichtige Position auf dem Königs- berge armirt und von da aus die Artillerie der gegenüber liegenden feindliche» Schanzen zum Schweigen gebracht werden sollte und Gablenz, weil es seiner Reserve an den hierzu entsprechenden Geschützen gebrach, die Preußen auf das dringendste um die Überlassung einiger Kanonen bitten mußte. Von den beiden andern östreichischen Brigaden, welche an dein Gefecht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/216>, abgerufen am 28.09.2024.