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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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regiment zusammengebracht. Auch dieses Mai waren es die deutschen Provinzen,
diese zu aller Zeit ausgebeuteten Fundgruben zur Ergänzung des Heeres und
zur Füllung der Kasse", welchen das bedeutendste Contingent entnommen wurde.
Khevcnhüllcr, Belgien und Hessen, drei Regimenter, welche 1859 den dritten
Theil ihrer Mannschaft und fast alle Stabsoffiziere auf dem Platze gelassen hatten,
waren nebst den Jägern, der Artillerie, den Pionieren und Geniesoldaten, so¬
wie dem Dragvnerregimcnte Windischgrätz Oestreichs, Steirer und Böhmen,
während die übrigen Truppentheile aus allen Nationalitäten des Reiches zu¬
sammengesetzt waren.. Absichtlich, vielleicht auch weil man nicht anders konnte,
hatte man allerdings zugleich eine italienische Truppe, das Regiment Holstein
(Inhaber desselben ist der hinsichtlich seiner militärischen Fähigkeiten in der
Armee nicht eben besonders vorteilhaft bekannte Prinz von Holstein-Glncksburg,
ein Bruder des Protokollprinzcn) ausgewählt; man gebrauchte jedoch die Vor¬
sicht, dasselbe fast immer bei der Reserve zu lassen, und erst vor Fridericia
bekamen diese Italiener Gelegenheit, einige Schüsse in die Luft abzufeuern.

Da der Truppentransport nur auf den durch preußisches Gebiet führenden
Bahnen stattfinden konnte, mußte der ganze bereits ausgearbeitete Marschplan
umgestoßen und die in Böhmen und Oberöstreich befindlichen Truppen, welche
ihre Ergänzungen soeben aus den entlegensten Provinzen herangezogen hatten,
wieder zurück dirigirt werden.

Buckle man nach den Führern, welche diese Brigaden befehligen sollten,
so konnte man sich auch nicht gerade übergroßen Hoffnungen überlassen. Die
Generale Thomas, Dvrmus, Dvbrzensky und Nostiz hatten sich bisher weder
im Kriege noch im Frieden einen glänzenden Namen erworben. Graf Gvndrccourt.
seiner Herkunft nach französischer Emigrant, seiner Gesinnung nach Aristokrat
vom reinsten Wasser, hatte sich, als Adjutant des Grafen Clam-Gallas, aller¬
dings bekannt genug gemacht, aber weniger durch Kriegsthaten. als durch die
Härte und Strenge, mit welcher er die Besatzung von ganz Böhmen in steter
Scheu vor sich erhielt.

Der erst später auf den Kriegsschauplatz abgesendete Feldmarschalllieutenant
Graf Neipperg gehört zu jenen nur durch ihre Geburt zu ihrer Stellung ge¬
langten Männern, die in Oestreich trotz aller Versicherungen, daß nunmehr nur
das Verdienst berücksichtigt werde, noch immer die Regel bilden").

Feldmarschalllieutenant Baron,Gablcnz hatte allerdings günstigere Anteceden-
tien, indem er sich schon 1848 in Italien als Hauptmann ausgezeichnet und in



") Graf Ncipperg ist ein Sohn des bei'annee" östreichischen Generals gleiches Namens,
des zweiten Gemahls der Erzherzogin Maria Louise, aus der ersten Ehe dessewen. Der in
Rede stehende Neipperg kann also gewissermaßen als zur kaiserlichen Familie gehörig betrachtet
werden.
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regiment zusammengebracht. Auch dieses Mai waren es die deutschen Provinzen,
diese zu aller Zeit ausgebeuteten Fundgruben zur Ergänzung des Heeres und
zur Füllung der Kasse», welchen das bedeutendste Contingent entnommen wurde.
Khevcnhüllcr, Belgien und Hessen, drei Regimenter, welche 1859 den dritten
Theil ihrer Mannschaft und fast alle Stabsoffiziere auf dem Platze gelassen hatten,
waren nebst den Jägern, der Artillerie, den Pionieren und Geniesoldaten, so¬
wie dem Dragvnerregimcnte Windischgrätz Oestreichs, Steirer und Böhmen,
während die übrigen Truppentheile aus allen Nationalitäten des Reiches zu¬
sammengesetzt waren.. Absichtlich, vielleicht auch weil man nicht anders konnte,
hatte man allerdings zugleich eine italienische Truppe, das Regiment Holstein
(Inhaber desselben ist der hinsichtlich seiner militärischen Fähigkeiten in der
Armee nicht eben besonders vorteilhaft bekannte Prinz von Holstein-Glncksburg,
ein Bruder des Protokollprinzcn) ausgewählt; man gebrauchte jedoch die Vor¬
sicht, dasselbe fast immer bei der Reserve zu lassen, und erst vor Fridericia
bekamen diese Italiener Gelegenheit, einige Schüsse in die Luft abzufeuern.

Da der Truppentransport nur auf den durch preußisches Gebiet führenden
Bahnen stattfinden konnte, mußte der ganze bereits ausgearbeitete Marschplan
umgestoßen und die in Böhmen und Oberöstreich befindlichen Truppen, welche
ihre Ergänzungen soeben aus den entlegensten Provinzen herangezogen hatten,
wieder zurück dirigirt werden.

Buckle man nach den Führern, welche diese Brigaden befehligen sollten,
so konnte man sich auch nicht gerade übergroßen Hoffnungen überlassen. Die
Generale Thomas, Dvrmus, Dvbrzensky und Nostiz hatten sich bisher weder
im Kriege noch im Frieden einen glänzenden Namen erworben. Graf Gvndrccourt.
seiner Herkunft nach französischer Emigrant, seiner Gesinnung nach Aristokrat
vom reinsten Wasser, hatte sich, als Adjutant des Grafen Clam-Gallas, aller¬
dings bekannt genug gemacht, aber weniger durch Kriegsthaten. als durch die
Härte und Strenge, mit welcher er die Besatzung von ganz Böhmen in steter
Scheu vor sich erhielt.

Der erst später auf den Kriegsschauplatz abgesendete Feldmarschalllieutenant
Graf Neipperg gehört zu jenen nur durch ihre Geburt zu ihrer Stellung ge¬
langten Männern, die in Oestreich trotz aller Versicherungen, daß nunmehr nur
das Verdienst berücksichtigt werde, noch immer die Regel bilden").

Feldmarschalllieutenant Baron,Gablcnz hatte allerdings günstigere Anteceden-
tien, indem er sich schon 1848 in Italien als Hauptmann ausgezeichnet und in



") Graf Ncipperg ist ein Sohn des bei'annee» östreichischen Generals gleiches Namens,
des zweiten Gemahls der Erzherzogin Maria Louise, aus der ersten Ehe dessewen. Der in
Rede stehende Neipperg kann also gewissermaßen als zur kaiserlichen Familie gehörig betrachtet
werden.
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[0211] regiment zusammengebracht. Auch dieses Mai waren es die deutschen Provinzen, diese zu aller Zeit ausgebeuteten Fundgruben zur Ergänzung des Heeres und zur Füllung der Kasse», welchen das bedeutendste Contingent entnommen wurde. Khevcnhüllcr, Belgien und Hessen, drei Regimenter, welche 1859 den dritten Theil ihrer Mannschaft und fast alle Stabsoffiziere auf dem Platze gelassen hatten, waren nebst den Jägern, der Artillerie, den Pionieren und Geniesoldaten, so¬ wie dem Dragvnerregimcnte Windischgrätz Oestreichs, Steirer und Böhmen, während die übrigen Truppentheile aus allen Nationalitäten des Reiches zu¬ sammengesetzt waren.. Absichtlich, vielleicht auch weil man nicht anders konnte, hatte man allerdings zugleich eine italienische Truppe, das Regiment Holstein (Inhaber desselben ist der hinsichtlich seiner militärischen Fähigkeiten in der Armee nicht eben besonders vorteilhaft bekannte Prinz von Holstein-Glncksburg, ein Bruder des Protokollprinzcn) ausgewählt; man gebrauchte jedoch die Vor¬ sicht, dasselbe fast immer bei der Reserve zu lassen, und erst vor Fridericia bekamen diese Italiener Gelegenheit, einige Schüsse in die Luft abzufeuern. Da der Truppentransport nur auf den durch preußisches Gebiet führenden Bahnen stattfinden konnte, mußte der ganze bereits ausgearbeitete Marschplan umgestoßen und die in Böhmen und Oberöstreich befindlichen Truppen, welche ihre Ergänzungen soeben aus den entlegensten Provinzen herangezogen hatten, wieder zurück dirigirt werden. Buckle man nach den Führern, welche diese Brigaden befehligen sollten, so konnte man sich auch nicht gerade übergroßen Hoffnungen überlassen. Die Generale Thomas, Dvrmus, Dvbrzensky und Nostiz hatten sich bisher weder im Kriege noch im Frieden einen glänzenden Namen erworben. Graf Gvndrccourt. seiner Herkunft nach französischer Emigrant, seiner Gesinnung nach Aristokrat vom reinsten Wasser, hatte sich, als Adjutant des Grafen Clam-Gallas, aller¬ dings bekannt genug gemacht, aber weniger durch Kriegsthaten. als durch die Härte und Strenge, mit welcher er die Besatzung von ganz Böhmen in steter Scheu vor sich erhielt. Der erst später auf den Kriegsschauplatz abgesendete Feldmarschalllieutenant Graf Neipperg gehört zu jenen nur durch ihre Geburt zu ihrer Stellung ge¬ langten Männern, die in Oestreich trotz aller Versicherungen, daß nunmehr nur das Verdienst berücksichtigt werde, noch immer die Regel bilden"). Feldmarschalllieutenant Baron,Gablcnz hatte allerdings günstigere Anteceden- tien, indem er sich schon 1848 in Italien als Hauptmann ausgezeichnet und in ") Graf Ncipperg ist ein Sohn des bei'annee» östreichischen Generals gleiches Namens, des zweiten Gemahls der Erzherzogin Maria Louise, aus der ersten Ehe dessewen. Der in Rede stehende Neipperg kann also gewissermaßen als zur kaiserlichen Familie gehörig betrachtet werden. 26"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/211>, abgerufen am 28.09.2024.