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Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band.

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Pickelhauben folgen wollen, welche am 14. Juli die schwarzweiße und die
schwarzgelbe Fahne hier hertrugen.

Bis Frederikshavn. wohin die Preußen von Aalborg in einem Tagemarsch
gelangten, ist das Land theilweise noch wohlbebaut und selbst schön. Einem
kleinen Gebirgslande gleich erhebt sich hier der jütländische Rücken in seiner
Fortsetzung von Süden her. Ein bunter Teppich von Haidekraut und Ginster,
durckwebt mit Grün von Wachholdergebüsch und Eichenkratt, liegt über den
Hügeln. Dazwischen wogen Kornfelder, und im Hintergrund glänzt im Sonnen¬
schein das blaue Meer. Bisweilen blicken wir in ein anmuthiges Thal hinab.
Bauernhäuser, mit Obstgärten und Rosenhecken umgeben, liegen malerisch zwischen
grünen Wiesen und gelben Getreidefeldern. Schattiger Eichen- und Buchenwald
tritt auf. Quellen rieseln, ein Bach murmelt, und große Bäume hängen mit
ihren Wipfeln über das kleine Gewässer hinaus. Wir kommen bei der waldigen
Landzunge von Bangsbv vorüber, sehen die weißschimmernde Kirche von Säby
vor uns. und bald nachher taucht Frederikshavn mit seinem Leuchtthurm und
seiner Citadelle vor uns auf.

Weiter hinauf nimmt die Cultur am Strande mehr und mehr ab. und
schon dritthalb Meilen nördlicher steht man hier fast nichts mehr als Sand und
Dünen, der Baumwuchs hört auf, und eine dürre Wüste beginnt, an die sich
landeinwärts Haide und Moor anschließen, welche nur an den Flußläusen
Dörfern mit Feldern und Wiesen Raum gemacht haben.

Zuerst fahren wir von Frederikshavn aus noch auf einer guten Straße
zwischen Getreidefeldern hin. Dann aber, ein Stück vor dem Dorfe Jerup,
hören rechts und links die Kornfelder aus, Ginster und Haidekraut tritt an die
Stelle von Roggen und Buchweizen, und der weitere Weg besteht nur noch
aus dem natürlichen Sandboden, in welchen vor uns gefahrene Wagen tiefe,
mehrfach sich kreuzende Geleise geschnitten haben, oder, wenn wir vorziehen,
hart an der See hinzugehen, aus der nackten feuchten, von der Brandung
festgeschlagnen Strandböschung, einer mit Sand und kleinen Steinen, Muscheln
und Tang bedeckten Lehmschicht. Eigentliche Dünen sind hier noch nicht zu
sehen. Ein Stück weiter, und die ersten erscheinen, niedrige Hügel von weißem
Sand, der fein wie Mehl und von dem Winde gekräuselt ist, erheben sich
neben uns wie Schneewehen. Einige sind ohne Vegetation, andere mit Strand¬
gewächsen, namentlich mit dem steifen bleichgrünen Sandroggen bedeckt. Noch
einmal ein Dorf, das von Fischern bewohnte Aalbek, dann könnten wir uns,
wenn der kalte Wind, der hier jahraus, jahrein weht, uns nicht an den Nor¬
den erinnerte, an das Gestade einer afrikanischen Wüste versetzt glauben.

Fast drei Meilen haben wir noch bis hinaus nach Skagen. und nirgends
treffen wir bis dahin eine menschliche Wohnung. Die Dünen werden zu hohen
Hügeln und Wällen. Der Strand wimmelt von Möven, wilden Gänsen und


Pickelhauben folgen wollen, welche am 14. Juli die schwarzweiße und die
schwarzgelbe Fahne hier hertrugen.

Bis Frederikshavn. wohin die Preußen von Aalborg in einem Tagemarsch
gelangten, ist das Land theilweise noch wohlbebaut und selbst schön. Einem
kleinen Gebirgslande gleich erhebt sich hier der jütländische Rücken in seiner
Fortsetzung von Süden her. Ein bunter Teppich von Haidekraut und Ginster,
durckwebt mit Grün von Wachholdergebüsch und Eichenkratt, liegt über den
Hügeln. Dazwischen wogen Kornfelder, und im Hintergrund glänzt im Sonnen¬
schein das blaue Meer. Bisweilen blicken wir in ein anmuthiges Thal hinab.
Bauernhäuser, mit Obstgärten und Rosenhecken umgeben, liegen malerisch zwischen
grünen Wiesen und gelben Getreidefeldern. Schattiger Eichen- und Buchenwald
tritt auf. Quellen rieseln, ein Bach murmelt, und große Bäume hängen mit
ihren Wipfeln über das kleine Gewässer hinaus. Wir kommen bei der waldigen
Landzunge von Bangsbv vorüber, sehen die weißschimmernde Kirche von Säby
vor uns. und bald nachher taucht Frederikshavn mit seinem Leuchtthurm und
seiner Citadelle vor uns auf.

Weiter hinauf nimmt die Cultur am Strande mehr und mehr ab. und
schon dritthalb Meilen nördlicher steht man hier fast nichts mehr als Sand und
Dünen, der Baumwuchs hört auf, und eine dürre Wüste beginnt, an die sich
landeinwärts Haide und Moor anschließen, welche nur an den Flußläusen
Dörfern mit Feldern und Wiesen Raum gemacht haben.

Zuerst fahren wir von Frederikshavn aus noch auf einer guten Straße
zwischen Getreidefeldern hin. Dann aber, ein Stück vor dem Dorfe Jerup,
hören rechts und links die Kornfelder aus, Ginster und Haidekraut tritt an die
Stelle von Roggen und Buchweizen, und der weitere Weg besteht nur noch
aus dem natürlichen Sandboden, in welchen vor uns gefahrene Wagen tiefe,
mehrfach sich kreuzende Geleise geschnitten haben, oder, wenn wir vorziehen,
hart an der See hinzugehen, aus der nackten feuchten, von der Brandung
festgeschlagnen Strandböschung, einer mit Sand und kleinen Steinen, Muscheln
und Tang bedeckten Lehmschicht. Eigentliche Dünen sind hier noch nicht zu
sehen. Ein Stück weiter, und die ersten erscheinen, niedrige Hügel von weißem
Sand, der fein wie Mehl und von dem Winde gekräuselt ist, erheben sich
neben uns wie Schneewehen. Einige sind ohne Vegetation, andere mit Strand¬
gewächsen, namentlich mit dem steifen bleichgrünen Sandroggen bedeckt. Noch
einmal ein Dorf, das von Fischern bewohnte Aalbek, dann könnten wir uns,
wenn der kalte Wind, der hier jahraus, jahrein weht, uns nicht an den Nor¬
den erinnerte, an das Gestade einer afrikanischen Wüste versetzt glauben.

Fast drei Meilen haben wir noch bis hinaus nach Skagen. und nirgends
treffen wir bis dahin eine menschliche Wohnung. Die Dünen werden zu hohen
Hügeln und Wällen. Der Strand wimmelt von Möven, wilden Gänsen und


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[0182] Pickelhauben folgen wollen, welche am 14. Juli die schwarzweiße und die schwarzgelbe Fahne hier hertrugen. Bis Frederikshavn. wohin die Preußen von Aalborg in einem Tagemarsch gelangten, ist das Land theilweise noch wohlbebaut und selbst schön. Einem kleinen Gebirgslande gleich erhebt sich hier der jütländische Rücken in seiner Fortsetzung von Süden her. Ein bunter Teppich von Haidekraut und Ginster, durckwebt mit Grün von Wachholdergebüsch und Eichenkratt, liegt über den Hügeln. Dazwischen wogen Kornfelder, und im Hintergrund glänzt im Sonnen¬ schein das blaue Meer. Bisweilen blicken wir in ein anmuthiges Thal hinab. Bauernhäuser, mit Obstgärten und Rosenhecken umgeben, liegen malerisch zwischen grünen Wiesen und gelben Getreidefeldern. Schattiger Eichen- und Buchenwald tritt auf. Quellen rieseln, ein Bach murmelt, und große Bäume hängen mit ihren Wipfeln über das kleine Gewässer hinaus. Wir kommen bei der waldigen Landzunge von Bangsbv vorüber, sehen die weißschimmernde Kirche von Säby vor uns. und bald nachher taucht Frederikshavn mit seinem Leuchtthurm und seiner Citadelle vor uns auf. Weiter hinauf nimmt die Cultur am Strande mehr und mehr ab. und schon dritthalb Meilen nördlicher steht man hier fast nichts mehr als Sand und Dünen, der Baumwuchs hört auf, und eine dürre Wüste beginnt, an die sich landeinwärts Haide und Moor anschließen, welche nur an den Flußläusen Dörfern mit Feldern und Wiesen Raum gemacht haben. Zuerst fahren wir von Frederikshavn aus noch auf einer guten Straße zwischen Getreidefeldern hin. Dann aber, ein Stück vor dem Dorfe Jerup, hören rechts und links die Kornfelder aus, Ginster und Haidekraut tritt an die Stelle von Roggen und Buchweizen, und der weitere Weg besteht nur noch aus dem natürlichen Sandboden, in welchen vor uns gefahrene Wagen tiefe, mehrfach sich kreuzende Geleise geschnitten haben, oder, wenn wir vorziehen, hart an der See hinzugehen, aus der nackten feuchten, von der Brandung festgeschlagnen Strandböschung, einer mit Sand und kleinen Steinen, Muscheln und Tang bedeckten Lehmschicht. Eigentliche Dünen sind hier noch nicht zu sehen. Ein Stück weiter, und die ersten erscheinen, niedrige Hügel von weißem Sand, der fein wie Mehl und von dem Winde gekräuselt ist, erheben sich neben uns wie Schneewehen. Einige sind ohne Vegetation, andere mit Strand¬ gewächsen, namentlich mit dem steifen bleichgrünen Sandroggen bedeckt. Noch einmal ein Dorf, das von Fischern bewohnte Aalbek, dann könnten wir uns, wenn der kalte Wind, der hier jahraus, jahrein weht, uns nicht an den Nor¬ den erinnerte, an das Gestade einer afrikanischen Wüste versetzt glauben. Fast drei Meilen haben wir noch bis hinaus nach Skagen. und nirgends treffen wir bis dahin eine menschliche Wohnung. Die Dünen werden zu hohen Hügeln und Wällen. Der Strand wimmelt von Möven, wilden Gänsen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 23, 1864, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341799_189094/182>, abgerufen am 28.09.2024.